Es scheint der Sommer des Mobile Payments in Deutschland zu sein: Innerhalb weniger Wochen starteten hierzulande Google Pay, die Sparkassen sowie die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Lösungen für mobiles Bezahlen. In Kürze will zudem Apple Pay in Deutschland starten – und unser nächster Mobilisten-Talk am 6. September in Berlin dreht sich ebenfalls um Mobile Payment. Doch bei all der Euphorie ist Deutschland immer noch ein „Problembär“, wenn es ums Bezahlen geht – und an Mobile Payment ist in vielen Geschäften noch gar nicht zu denken. Hier sind sieben Dinge, die mich beim Bezahlen nerven.
1. Schlangen an den Kassen
Wer kennt es nicht? Sie haben es eilig, doch im Supermarkt oder im Kaufhaus ist eine lange Schlange an der Kasse. Mal liegt es an zu wenig Kassenpersonal, mal an der Frage des Kassierers „haben Sie es zufällig passend?“, mal an dem Kunden, der unbedingt passend zahlen will und mal an Problemen bei der Kartenzahlung oder – ganz fortschrittlich – beim Mobile Payment. Im Grunde setzen die meisten neuen Zahlverfahren aber nur an der Kasse an – dabei sollte die Kasse eigentlich gleich ganz abgeschafft werden. Denn die Konzepte sind dafür schon da. Doch Self-Checkout ist bislang kaum verbreitet, kassenlose Läden wie Amazon Go gibt’s in Deutschland allenfalls in Pilotprojekten wie Würth24 und mit mobilen Zahlungsgeräten ausgestattete Verkäufer höchstens im Apple Store.
2. Keine Kartenzahlung
Erst gestern ist es mir wieder passiert: Ich wollte beim Bäcker mit Karte bezahlen, doch er akzeptierte keine Kartenzahlung. Und ich schreibe hier nicht von einem kleinen Dorfbäcker, sondern von Steinecke, einem recht großen Bäckerei-Filialisten, der u.a. eine Filiale im Leipziger Karstadt hat, wo ich gestern einen Snack kaufen wollte. Glücklicherweise hatte ich Bargeld dabei und bezahlte meinen 1,25-Euro-Einkauf mit einem 50-Euro-Schein. Dabei würde ich das lieber viel schneller per NFC-Kartenzahlung erledigen, ohne mit Bargeld zu hantieren. Immerhin: einige Bäcker haben das erkannt und bieten Kartenzahlung, oft auch mit NFC, ab dem ersten Cent an. Und: NFC-Kartenterminals sind auch die Voraussetzung dafür, um Mobile Payment zu akzeptieren – sonst wird’s nichts mit dem Brötchenkauf per Handy.
3. Kartenzahlung erst ab X Euro
Wer kennt sie nicht, diese Schilder? „Fortschrittliche“ Händler bieten für ihre Kunden Kartenzahlung an – doch angesichts der Gebühren dafür sehen es manche Händler nicht für Kleinbeträge ein. Auch so wird der Traum vom bargeldlosen Bezahlen zu Nichte gemacht, z.B. neulich bei meinem Fahrradhändler, der Karten erst ab 20 Euro akzeptiert und ich die Luftpumpe für 19,90 Euro somit bar zahlen musste. Auch hier handelte es sich um einen Filialisten, Little John Bikes, von dem ich das weniger erwartet hätte als z.B. vom kleinen, inhabergefühten Laden um die Ecke.
Update vom 24. August: Little John Bikes hat sich bei mir gemeldet – die Kartenzahlung ist eigentlich dort ohne Mindestbetrag möglich. Darauf habe man die entsprechende Filiale hingewiesen und diese habe den Mindestbetrag nun abgeschafft – siehe auch Kommentar unterm Artikel.
4. Kartenzahlung nur mit Girocard
Händler fürchten offenbar die Provisionen für Zahlungsdienstleister wie der Teufel das Weihwasser – dabei hat auch Bargeld-Handling seine Kosten und verursacht mitunter unnötige Wege zur Bank, bei denen man sogar ausgeraubt werden könnte. Dennoch gibt es auch 2018 noch Händler, die Kartenzahlung allenfalls per Girocard ermöglichen, nicht aber per Kreditkarte. Lange zählten dazu sogar große Discounter wie Aldi oder Lidl, die den Lockrufen der Kreditkartenunternehmen mittlerweile aber nachgegeben haben und zumindest Mastercard und Visa unterstützen.
5. Keine Zahlung mit American Express
Selbst Händler, die Kreditkarten von Mastercard und Visa unterstützen, haben manchmal noch eine weitere Hemmschwelle in Hinblick auf Provisionen: Sie unterstützen keine Zahlung mit American Express, das für seine besonders hohen Provisionen bekannt ist. Dabei drängt American Express immer stärker auf den deutschen Markt, u.a. durch die Übernahme des Bonusprogramms Payback, dessen Mitglieder mittlerweile kostenlose American-Express-Kreditkarten erhalten können (wenn auch nur in blau statt einer edeleren Farbe…). Genau eine solche Payback-Amex habe ich mir besorgt – und stelle nun fest, dass sie selbst in der Payback-Welt noch nicht überall eingesetzt werden kann. Zwar wird diese z.B. bei Rewe-Filialen akzeptiert, nicht aber beim Rewe-Lieferservice und auch nicht bei Payback Pay, dem mobilen Bezahlverfahren von Payback, das bislang nur per Lastschrift funktioniert.
6. Schwache Scanner
Wenn ich beim Rewe um die Ecke einkaufe, sind die Scanner an der Kasse der größte Problemfaktor. Und zwar in zweierlei Hinsicht: Erstens erkennen die Scanner den Barcode auf meiner Payback-Kreditkarte zum Punktesammeln nur sehr selten – oft müssen die Kassierer stattdessen meine zehnstellige Payback-Nummer per Hand eingeben, was zurück zu Punkt 1) und den unnötigen Schlangen an der Kasse führt. Zweitens erkennt der Scanner auch bei Mobile Payment mittels Payback Pay den Barcode auf meinem Handy-Display oft erst nach diversen Verrenkungen meinerseits – und einmal klappte es gar nicht. Aus Frust zahlte ich dann mit meiner Payback-Kreditkarte – und die Kassiererin stellte dann fest, dass ich jetzt gar keine Payback-Punkte bekommen hätte, weil sie den Barcode der Karte nicht eingelesen hatte.
7. Stadionkarten und andere Insellösungen
Neulich war ich bei einem Fußballspiel von RB Leipzig – und musste dort, wie schon in anderen Fußballstadien, leider feststellen, dass „Kartenzahlung“ dort mitnichten die Bezahlung mit einer gängigen Girocard oder Kreditkarte bedeutet. Als ich am Getränkeschalter mit Karte zahlen wollte, wurde ich belehrt, dass ich dafür eine gesonderte Karte benötige. Das Verfahren nennt sich im Leipziger Stadion Cashless Payment und man muss ein Guthaben auf die Karte an speziellen „Clearing Points“ aufladen, um damit bezahlen zu können. Immerhin darf man in der Red Bull Arena in Leipzig alternativ auch noch mit Bargeld zahlen. Anders als in anderen Arenen: Beim FC Bayern München geht zum Beispiel nichts ohne ArenaCard. Statt kundenfreundlich einfach Standard-Karten zu akzeptieren, wurden Insellösungen geschaffen, bei denen die Fans hin- und herrennen müssen, um Karten aufzuladen, Guthaben wieder auszahlen zu lassen etc. Und die Fußballclubs und ihre Partner verdienen vermutlich ein paar Euro an nicht eingelöstem Guthaben mit. Moment Mal: Ich muss meine Karte von einem Stadionbesuch in der Saison 2011/2012 suchen und versuchen, mir das Restguthaben noch auszahlen zu lassen…
Update: RB Leipzig hat am 31. August bekanntgegeben, dass im Stadion ab sofort auch Kreditkarten und Girokarten akzeptiert werden. Und RB Leipzig nimmt das Thema offenbar weit oben auf die Prioritätenliste: In zunächst zwei Bereichen des Stadions werden „Speed Lanes“ eingerichtet, bei denen ausschließlich Kartenzahlung möglich ist. Und bis Jahresende gibt es sogar 10 Prozent Rabatt bei Kartenzahlung, siehe auch das Werbemotiv hier:
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2 Antworten zu “Painpoint Payment: Sieben Dinge, die mich beim Bezahlen nerven.”
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