WhatsApp-Kanäle spalten die Nutzer und bieten Influencern neue Chancen

Liebe Leserinnen & Leser,

seit einer Woche gibt es WhatsApp Kanäle und es scheint, als spalten sie die Lager der Nutzer, ähnlich wie bei der Frage, ob man der/die/das Nutella nun mit oder ohne Butter isst. Eigentlich könnte man die Kanäle einfach ignorieren, wäre da nicht die Trigger-Funktion mit dem blauen Punkt bei „Aktuelles“, der einem anzeigt, dass es etwas Neues gibt. Bis vor Kurzem wurde man so informiert, wenn einer der eigenen Kontakte etwas in den Status gestellt hat.

Das muss jetzt nicht mehr so sein, da der Punkt auch erscheint, wenn die „New York Times“ einen neuen Artikel veröffentlicht hat. In der Praxis ist es bei mir jetzt immer so, weil ich bereits zig Nachrichten- und Sportkanäle abonniert habe. Wer zusätzlich noch den immer mehr Influencer-Kanälen folgt, dürfte also im Dauer-Alarm sein. Heute habe ich mir mal einige Kanäle etwas näher angeschaut und war beeindruckt – ich weiß nur noch nicht, ob positiv oder negativ. Mehr dazu im folgenden Text.

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Ihr Wolfgang Starke vom Team mobilbranche.de

WhatsApp-Kanäle im Test

WhatsApp-Kanäle wie die von Greta Barthel oder Coupleontour trenden

Über die neue Funktion der WhatsApp-Kanäle haben wir bereits hier berichtet und über die geplante Shopping-Erweiterung WhatsApp Flows hier. Es war die letzten Jahre schon verwunderlich, warum WhatsApp, anders als andere Meta-Plattformen wie Facebook oder Instagram, werbefrei war und die Nutzer einfach und komfortabel in Ruhe gelassen hat. Auch wenn man andere Messenger auf dem Smartphone hat: gefühlt 99,9 Prozent der privaten Kommunikation findet auf WhatsApp statt (an dieser Stelle auch ganz liebe Grüße an Oma Regina und Oma Heidi!).

Nun gibt es also mit WhatsApp-Kanälen eine weitere kostenlose Möglichkeit für Organisationen, Vereine und Influencer, Follower zu gewinnen. Das scheint zunächst die Hauptwährung zu sein, da keine Daten der Follower an die Kanalbetreiber weitergegeben werden. Auch findet keine direkte Kommunikation zwischen dem Absender und seinen Empfängern statt – daher hat die Funktion auch den Beinamen „Broadcast“, was im Englischen für Übertragung steht und als Begriff zum Beispiel seit langem auch von Fernsehsendern genutzt wird. Dieses Sender-Empfänger-Prinzip wird von WhatsApp nur minimal aufgeweicht, in dem Empfänger auf Nachrichten mit Emojis reagieren können

Fußballclubs, Medien und Musiker als Follower-Magneten

Als Follower-Magneten wurden Kanäle zunächst für große Fußballvereine wie Real Madrid (11,5 Mio. Abonnenten), Liverpool (5, 4 Mio.) oder Borussia Dortmund (3,1 Mio.) sowie starke Medien-Marken wie Netflix (12,5 Mio.) oder Forbes (1 Mio.) geöffnet. Aber auch (mir unbekannte) Stars wie Bad Bunny (9, 1Mio. Follower, ein aus Puerto Rico stammender Latin-Rap- und Reggaeton-Sänger) und Katrina Kaif (8,5 Mio. Follower, Schauspielerin in Hindi-Filmen) wussten die Gunst der Stunde zu nutzen. Wenn man bedenkt, dass diese Zahlen in nur sieben Tagen generiert wurden, ist das ein rasantes Wachstum.

Deutsche Influencer mischen ebenfalls mit

Dagegen sind die Kanäle der deutschen Influencer-Szene eher bescheiden, aber als Newsletter-Herausgeber wissen wir schon, wie schwierig es ist, einen einzigen neuen Abonnenten zu gewinnen. Was soll ich sagen: so viele Abonnenten wie das in Indien lebende deutsche Modell Greta Barthel (31 Tsd. – der Engel oben im Bild) oder der Account „Coupleontour“ (180 Tsd.), hinter dem sich zwei verheiratete junge Frauen aus Brandenburg verbergen, hätten wir auch gerne. Auch Itzjul, ein Instagram-Creator aus Nürnberg, hat 114 Tsd. Follower – allein auf WhatsApp.

Da oute ich mich gerne als Boomer: ich habe mir zig Kanäle angesehen und kann noch nicht nachvollziehen, woher die hohen Abonnenten-Zahlen kommen. Der Inhalt ist…. nun ja, kein richtiger Inhalt im Sinne von wertvollen Informationen, sondern maximal seichte Unterhaltung. Ist ja nichts Schlechtes und es scheint zu helfen, wenn man jung und / oder zumindest gutaussehend ist. (Dann müssten wir bei mobilbranche.de allerdings neues Personal einstellen). Ein Großteil der WhatsApp-Abonnenten dürfte bei den Influencern vor allem von den großen Accounts auf den anderen Plattformen kommen. Alle sind auf TikTok, Youtube und Instagram sehr aktiv. Coupleontour haben bei WhatsApp bisher nur 7 Prozent ihrer 2,6 Millionen Instagram-Follower gewinnen können. Vielleicht verlosen sie auch deshalb 100 Euro in bar unter neuen Abonnenten?

Auf dem Weg zur Werbeplattform

Noch ist nicht ganz klar, wohin die Reise für die Influencer geht. Ein direkter Produktverkauf ist innerhalb von WhatsApp noch nicht möglich, indirekte Werbung natürlich schon, etwa durch Produkt-Placement. Als Abonnent erlaube ich dem Kanalbetreiber ja, mir direkt Nachrichten zu schicken. Aber Meta tut gut daran, sehr behutsam neue Funktionen einzuführen. Die Nutzer sind eben nicht nur „junge Leute“, die offen sind und neue Dinge gerne ausprobieren.

Ein sehr guter Freund schimpfte erst gestern über „den Mist“ und fragte mich, ob ich wüsste, wie man die Kanäle in Gänze löschen kann. Die Antwort lautet: gar nicht. Klar, Android-Nutzer können noch auf die alte August-Version von WhatsApp downgraden, aber auf Dauer hilft das nicht. Man hat die Wahl, keine Kanäle zu abonnieren, vorgeschlagen bekommt man sie dann aber doch, wenn man den Status seiner Kontakte checken will. Und was bedeutet das für die Privatsphäre?

Mögliche Gefahr für Kinder

Und überhaupt: Was ist mit WhatsApp für die Kinder, die jetzt auch ungefragt und genehmigungsfrei Kanäle angeboten bekommen? Soll ich das jetzt löschen und neue Wege suchen, wie die Kids direkt mit ihren Omas kommunizieren können? Hallo SMS!??! Zwar wird WhatsApp von Meta erst ab 12 Jahren empfohlen, aber da hält sich ja kaum wer dran, der technologieaffine Kinder hat.

Es ist also vorbei damit, dass WhatsApp nur für die private und gewollte Kommunikation mit Familie, Freunden und Bekannten offen ist. Damit stellen WhatsApp-Kanäle das Modell auf den Kopf – und daran muss man sich erstmal gewöhnen.

TikTok etwas entgegensetzen

In den USA hat TikTok mittlerweile Shopping-Funktionen ausgerollt

Für Meta geht es jedenfalls um viel in dem Spiel. Immerhin lag der Kaufpreis für WhatsApp 2014 bei über 19 Milliarden Dollar, die erst einmal verdient werden müssen. Große Einnahmen konnte WhatsApp bisher nicht verbuchen, auch das WhatsApp-Business-Geschäft spielt finanziell bisher keine große Rolle. Und mit TikTok gibt es einen ernsthaften Konkurrenten, der Jahr für Jahr in hohem Tempo immer mehr Marktanteile gewinnt und bereits seit etwa 2019 nennenswerte Werbebudgets von Marken an Land zieht.

Die ersten Kanäle, die WhatsApp in Deutschland ausgerollt hat, sind offenbar auf exklusive Einladung als Launch-Partner an den Start gegangen. Aber schon bald soll jedes Unternehmen und jede Person ihren eigenen WhatsApp-Kanal einrichten können. Doch wenn erst jederman seinen eigenen Kanal einrichten kann, dann dürften Werbekanäle von Firmen und Influencern das kleinere Problem werden – oder kann Meta den Einzug von Verschwörungstheoretikern verhindern? Telegram hat es jedenfalls seinen einst guten Ruf als Medium gekostet, das zum Beispiel von Oppositionellen in Diktaturen als relativ sicherer Kommunikationskanal genutzt werden kann.

Auch wir bei mobilbranche.de sind neugierig und warten auf die Freischaltung für einen Kanal. Es will ja niemand die Zukunft eines möglichen E-Mail-Newsletter-Nachfolgers verpassen, oder? Wie Sie selbst zum Kanalbetreiber werden können, können Sie hier nachlesen.

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