Die Top 5-Trends, die Mobile App Marketing 2020 geprägt haben.

Von Ben Jeger

Dieses Jahr stand ganz im Zeichen der COVID-19-Pandemie. Weltweit verbrachten die Menschen plötzlich mehr Zeit zu Hause, häufig auch allein. Für Unterhaltung, Austausch oder praktische Erledigungen griffen sie vermehrt zu ihren mobilen Geräten. COVID-19 beschleunigte die Digitalisierung erheblich. 2020 verkündete Apple mit der Veröffentlichung von iOS 14 außerdem drastische Veränderungen im Bereich des Datenschutzes. Doch welche Auswirkungen wird der Abschied von IDFA Anfang des kommenden Jahres auf die Werbekampagnen haben?

Nach Datenstichproben aus 48 Milliarden Installationen in 2020 von über 30.000 Apps mit einem Minimum von 5.000 Installationen im Monat weltweit zeichnen sich folgende 5 Trends im App Marketing ab:

App-Download-Anstieg um 33 Prozent – UA-Ausgaben bei 74,6 Milliarden USD

Mobile App Marketers gaben im Jahr 2020 weltweit 74,6 Milliarden Dollar aus, um User zur Installation von Apps zu bewegen, das sind 30 Prozent mehr im Vergleich zu 2019.

Eine Aufschlüsselung nach Plattformen zeigt Android mit 48,5 Milliarden Dollar und iOS mit 26 Milliarden Dollar. Apples Betriebssystem hat nur einen Marktanteil von 18 Prozent an nicht-organischen Installationen, aber 35 Prozent der Ausgaben, da die Kosten pro Installation mehr als doppelt so hoch sind wie bei Android.

Die Zahl der App Downloads stieg dabei 2020 um 33 Prozent, 2019 waren es nur 25 Prozent. Ein genauerer Blick zeigt jedoch: Die Wachstumsrate der Non-Organic Installs (NOI) ging in diesem Jahr um 27 Prozent zurück, dafür stiegen die organischen Installationen um fast 60 Prozent.

Dabei nahm die Akzeptanz von Advertisern für Remarketing weiter zu. Das liegt zum einen daran, dass die Kosten für Remarketing-Media im Vergleich zu denen für Installationen weitaus günstiger sind, zum anderen aber auch an einem stärkeren Fokus auf die Pflege der bestehenden Kundenbeziehungen. Das Remarketing bei den mobilen Apps war 2019 geradezu explodiert – eine ähnlich hohe Steigerung war im Folgejahr nicht zu erwarten. Obwohl sich das Wachstum 2020 um die Hälfte reduziert hat, blieb es mit 82 Prozent äußerst konstant. Spitzenwerte erreichten die NOI mit einem Plus von 57 Prozent in der Zeit des ersten Lockdowns von März bis April 2020.

Die Cost per Installs stiegen nach dem Lockdown um 30 Prozent, also stiegen die Werbeausgaben trotz Rückgangs der NOI

Der Lockdown im März führte auch dazu, dass Marketers ihre Apps – insbesondere im Gaming-Bereich – angesichts der extrem hohen Nachfrage aggressiv bewarben. Größere Brands fuhren ihre Marketingmaßnahmen in diesem Zeitraum stark herunter, sodass sich der CPI (Cost per Impression) in einem Tief befand, dies nutzten Games und andere Apps, um zu skalieren. Doch mit den ersten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen ab Mai kehrten die großen Marken zurück. Zudem erkannten andere Advertiser, dass sie viel schneller mit der Digitalisierung vorankommen müssen. Das Ergebnis: Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer beschleunigte sich, während das starke Interesse der Nutzer eher abnahm. In der Folge stiegen die CPI zwischen April und November um 30 Prozent, während die Zahl der NOI zurückging. In der zweiten Jahreshälfte gaben die App-Vermarkter mehr Geld aus und bekamen weniger Nutzer dafür. Mit Rückgang der User-Acquisition-Maßnahmen stieg das Remarketing stetig von März bis November um 70 Prozent an, um die im ersten Halbjahr günstig eingekauften Nutzer zurückzuholen.

IAP, IAA, Subscriptions: App-Einnahmen steigen über alle Umsatzkanäle hinweg

Der massive Anstieg der neuen App-Nutzer 2020 hat zu einem Umsatzanstieg über alle Kanäle hinweg geführt. Bei der wichtigsten Einnahmequelle, den In-App-Käufen (IAP), wiesen Gaming- und Non-Gaming-Kategorien, trotz des allgemeinen Umsatzwachstums, schon früh im Lockdown unterschiedliche Muster auf.

Im Bereich der Non-Gaming Apps reduzierten hauptsächlich die großen Brands ihre Marketingausgaben, zudem lag der Fokus von Konsumenten während des ersten Lockdowns auf essenziellen Gütern. Nach dem Lockdown setzte die neue Normalität ein. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Einnahmen aus Non-Gaming Apps in verschiedenen Kategorien zu steigen, bis November um 35 Prozent.

Die IAPs im Gaming-Bereich hingegen zogen früh an, da Marketer von Spiele-Apps während des Lockdowns aggressiv Marketing betrieben und damit viele neue Spieler gewinnen konnten. Diese Spiele waren dann in der Lage, Nutzer, die in den Folgemonaten am Ball blieben, durch In-App-Käufe zu monetarisieren. Auch das In-App Advertising (IAA) für Gaming Apps konnte das ganze Jahr über Erfolge verbuchen  – mit einem Höhepunkt während des Lockdowns und einem Anstieg seit Juli um 30 Prozent. Die Werbeeinnahmen hängen hier hauptsächlich mit dem hohen CPI und der gestiegenen App-Nutzung  zusammen. Trotz des Rückgangs der Anzahl der Sitzungen seit dem Lockdown stiegen die CPI stärker an und damit auch die CPMs für Publisher.

Die Einnahmen durch Abonnements waren im April bereits um 40 Prozent im Vergleich zum Februar gestiegen. Mehr Menschen streamten Musik- und Videoinhalte und abonnierten Gesundheit-, Fitness-, Bildungs- und sogar Dating-Apps. Tatsächlich konnten durchschnittliche Apps mit Subscription-Modell ihren Umsatz im Jahr 2020 um 56 Prozent steigern, wobei die großen Player ihre Einnahmen fast verdoppelten.

Massive organische Nachfrage nach Non-Gaming Apps, Gaming Apps wachsen dank UA

Die Pandemie machte sich über alle App-Kategorien hinweg bemerkbar: Menschen nutzen Social Apps, um soziale Kontakte zu knüpfen und verschiedene Business und Utilities Apps für die Heimarbeit. Außerdem kauften sie online ein, sahen sich über Entertainment Apps Videos an, trainierten und meditierten mit Health & Fitness Apps, unterrichteten ihre Kinder und spielten natürlich Spiele. Reise-Apps waren hingegen kaum gefragt. Einige Branchen verstärkten ihre Akquise mit Marketingmaßnahmen und verdoppelten ihre Ausgaben (z. B. Bildung, Games und Video-Player), während andere (etwa Lifestyle, Gesundheit & Fitness, Shopping) weitgehend aufgrund der organischen Nachfrage wuchsen und das ohne große Marketinginvestitionen. Es bleibt die Frage, ob dahinter die Absicht stand, den organischen Traffic nicht zu kannibalisieren oder ob eventuell eine Wachstumschance verpasst wurde.

Jeder zehnte Install besuchte zuvor die Website der Brand

Auch 2020 besteht nach wie vor eine erhebliche Kluft zwischen Nutzerverhalten und Marketing-Messung. Auf der einen Seite stehen die Nutzer, deren Journey immer komplexer wird und mehrere Geräte und Touchpoints umfasst, auf der anderen Seite die Marketer, die das Nutzerverhalten über verschiedene Kanäle und Geräte hinweg, jedoch getrennt voneinander, messen.

Eine Analyse von 45 Apps unterschiedlicher Non-Gaming-Kategorien aus den Bereichen eCommerce, Finance, Media & Entertainment, and Food & Drink ergab, dass sich die Zahl der Apps, die nach einem vorherigen Web Touchpoint (Smartphone oder Desktop) installiert wurden, in diesem Jahr fast verdoppelt hat. Tatsächlich war bei fast 10 Prozent der Installationen das Web Teil der User Journey. Das sind gute Neuigkeiten für Marketer: Sie können User auch hier erreichen, wo die Kosten geringer sind, und sie anschließend über Owned Media Promotion (Website-Button, E-Mail usw.) zu der App führen.

Was kommt 2021?

COVID-19 wird wahrscheinlich das Verhalten der Menschen zumindest in den kommenden Monaten weiterhin beeinflussen. Das bedeutet für viele Haushalte und Unternehmen anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit, die sich auf die Verbraucherausgaben auswirken kann. Abgesehen davon spüren wir heute mehr denn je den Mehrwert der Digitalisierung, um soziale und räumliche Distanzen zu überwinden. Dies stellt eine große wirtschaftliche Chance für Apps dar.

Des Weiteren wird die erwartete Veröffentlichung des ATT Frameworks in iOS 14 einen großen Einfluss auf den App-Marketing-Bereich und insbesondere auf das Measurement haben. In der Praxis könnte es die Möglichkeit beseitigen, die IDFA (Identifier for Advertisers) bei Apple Devices zur Marketing Messung zu verwenden. Im Oktober haben wir erhoben, dass 99 Prozent der Nutzer NICHT zustimmen würden, wenn sie explizit gefragt werden, ob sie getrackt werden möchten.
Zusätzlich zu einigen bedeutenden Unbekannten, die Apple noch abschließend klären muss, fragen sich Marketers: Wie wird die Messung tatsächlich funktionieren, welche Auswirkungen wird sie auf die Mediakosten haben, wie wird der Medienmix aussehen und wie die Zukunft des Remarketings, und wie werden sich maschinell lernende Werbeplattformen anpassen?

Ohne IDFA wird der Fokus mehr auf verschiedene andere Formen der Messung gelegt werden, insbesondere auf das aggregierte Measurement, zusätzlich zu Inkrementalitätsmessung, probabilistischer Modellierung und der Erweiterung von Web-to-App-Attributionsmodellen.

Letztlich treibt der Wandel die Innovation an. Die Marketing-Messbarkeit wird sich an eine neue, auf den Schutz der Privatsphäre ausgerichtete Realität anpassen, die Nachteile der personalisierten Werbung beseitigt und das Gute erhält, damit datengesteuertes Performance Marketing und optimiertes User Experience Design weiterhin gedeihen können.

Über den Autor:

Ben Jeger leitet seit 2016 als Managing Director die DACH-Geschäfte von AppsFlyer. Vom Standort Berlin erschließt er mit seinem Team zudem die nordeuropäischen Märkte für die Plattform für Attribution mobiler Werbung und Marketing-Analytics.

AppsFlyer befähigt Marketer auf Basis von aussagekräftigen Messungen und Analyselösungen, ihr Mobilgeschäft auszubauen und innovativer zu sein. Jeger studierte European Business Management an der Universität Manchester und stieg dann bei D&P Data Systems in die IT-Branche ein. Mit seinem Wechsel zu Fyber im Jahr 2011 spezialisierte er sich auf Mobile Marketing und Ad Tech. Er ist zudem Executive Committee Member bei der Mobile Marketing Association (MMA) Germany.

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