Bundestagsabgeordnete feiern Sieg über Apple und beschließen offene Schnittstellen für Bezahldienste.

Apple Pay (Foto: Primakov / Shutterstock)

Die gängigere Überschrift könnte auch lauten „Bundestag beschließt Lex-Apple-Pay“, denn die meisten Abgeordneten haben sicherlich genau an diese Bezahlplattform gedacht, als man sich kurzfristig auf einen Änderungsantrag zum „Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie“ verständigt hat. Damit muss Apple nun seine iPhones und Watches auch für andere Bezahlverfahren als Apple Pay öffnen.

Natürlich steht im Gesetz nicht wörtlich etwas von „Apple Pay“, sondern von Unternehmen, die „technische Infrastrukturdienstleistungen zum Erbringen von Zahlungsdiensten“ anbieten. Diese sind „auf Anfrage eines Zahlungsdienstleisters … verpflichtet, diese technischen Infrastrukturleistungen gegen angemessenes Entgelt unverzüglich und unter Verwendung angemessener Zugangsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Zurverfügungstellung im Sinne des Satzes 1 muss so ausgestaltet sein, dass das anfragende Unternehmen seine Zahlungsdienste oder E-Geld-Geschäfte ungehindert erbringen oder betreiben kann.“

Bisher hat Apple sich genau dem verweigert und iOS-Nutzern einzig Apple Pay angeboten. Zuletzt rief diese Monopolstellung sogar die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan.

US-Botschafter soll Intervention versucht haben

Von der Gesetzesänderung waren nicht nur hierzulande die Insider überrascht. Auch in Cupertino hat man erst spät davon erfahren. Noch während der vorberatenden Finanzausschuss-Sitzung, sollen Apple und US-Botschafter Richard Grenell im Kanzleramt angerufen und interveniert haben. Das führte sogar zu Sitzungsunterbrechungen. Dies wird inzwischen durch die US-Botschaft dementiert. (am 19.11. hinzugefügt)

Vielleicht waren es auch solche Aktionen, die die Bundestagsabgeordneten am Ende bestärkt haben, gemeinsam die Neuregelung zu beschließen und damit auch für mehr Wettbewerb zu sorgen. „Es wäre eine Blamage gewesen, wenn wir vor den Amerikanern eingeknickt wären“, sagte zum Beispiel Hans Michelbach von der CSU.

Und natürlich werden Banken und Sparkassen im Hintergrund ordentlich Druck gemacht haben, um diese Änderung zu erreichen, auch wenn es zunächst andere Lösungen gibt. Die Sparkasse hat hier erklärt, dass sie noch in diesem Jahr Apple-Pay ihren Kunden anbieten wird.

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Ob und wann es tatsächlich zu einer Öffnung seitens Apple kommt, bleibt abzuwarten. Inzwischen erklärte der Konzern: „Wir sind überrascht, wie plötzlich dieses Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wurde.“ Man befürchte, dass der Entwurf „die Nutzerfreundlichkeit bei Zahlungen verschlechtern und den Datenschutz und die Sicherheit von Finanzdaten gefährden könnte“. Man habe „mit Tausenden Banken auf der Welt intensiv zusammengearbeitet, um Apple Pay zu dem reibungslosen und bequemen Zahlungs- und Wallet-System zu machen, das unsere Kunden von uns erwarten“.

Juristisches Klein-Klein dürfte folgen

Am Ende geht es Apple sicher nicht nur um den viel beschworenen Kundenschutz, sondern auch um Gewinnmaximierung. Insofern ist davon auszugehen, dass zunächst alle möglichen rechtlichen Schritte geprüft werden. Zum einen lässt das Gesetz selbst gewisse Ausnahmen zu, etwa wenn sachlich gerechtfertigte Gründe für die Ablehnung der Zurverfügungstellung vorliegen. Dabei muss die Ablehnung nachvollziehbar begründet sein. Das sind offene Formulierungen, die zumindest zeitlich ein Taktieren erlauben. Zum anderen wird man vermutlich versuchen, die deutsche Regelung auf Vereinbarkeit mit EU-Recht überprüfen zu lassen. Und was genau unter einem „angemessenen Entgelt“ zu verstehen ist, wie es das Gesetz verlangt, dürfte ebenfalls zu Auseinandersetzungen führen. So oder so werden sich also vermutlich Gerichte damit beschäftigen müssen – und das kann dauern.

Erwähnenswert hierzu ist auch die Blitzanalyse von Jochen Siegert drüben bei paymentandbanking.com. Sein Fazit:

„Wir müssen der harten Realität in die Augen schauen: Trotz Öffnung der NFC-Schnittstelle bei Apple sind im Vergleich die Finanzprodukte “Made in Germany” die schlecht gemachten digitalen Klapperkisten. Banken und Sparkassen sind im mobilen Bezahlen längst so abgehängt wie vorher Sony, Musiklabels, Nokia, Blackberry und Co. Apple machte sich in der Einführung der Apple Card darüber sogar lustig indem sie die Karte mit “created by Apple, not a bank” vermarkteten. Vielleicht hätte es geholfen wenn mehr Zeit und Ressourcen für gute Produkte geflossen wären statt ins Lobbying? Bitte davon für andere Produkte lernen, die auch angegriffen werden!“

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Eine Antwort zu “Bundestagsabgeordnete feiern Sieg über Apple und beschließen offene Schnittstellen für Bezahldienste.”

  1. Eigentlich gab es keinen echten politischen Grund, dass sie sich hier einmischte! Ein schlechter Stil der Politiker sich, ohne auch mit Apple gesprochen zu haben, einseitig auf die Seite der Bankenlobby zu stellen! Mit Recht behauptet Apple, dass ihr Bezahlsystem das sicherste und kinderfreundlichste weltweit ist! Die Politik hätte andere Felder gehabt, aber nein!
    Offenes NFC beim iPhone-nein Danke!

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