Interview mit Jens Bussmann von Google: „Mobile Bedienkonzepte sind oft noch zu kompliziert.“

Jens_Bussmann„Ich bin überzeugt davon, dass das Potenzial von Tablets längst noch nicht ausgeschöpft ist“, sagt Jens Bussmann entgegen einiger Studien, die bereits das Ende der „Rechenflundern“ prophezeien. Wir haben Jens Bussmann, Sales Manager der Google Cloud Plattform für den D-A-CH-Bereich und Zentral- und Osteuropa, am Rande der Mobile App Europe in Postdam getroffen und mit ihm über die Google Cloud Plattform* deren Bedeutung für die App-Entwicklung, Big Data und zukünftige Mobile-Trends gesprochen. Neben Big Data sieht Bussmann auch in Sachen mobiler Bedienkonzepte noch viel Optimierungspotenzial: „Viele Geräte, Services und Funktionen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch zu kompliziert in der Bedienung. Da werden sich in Zukunft einfachere Bedienkonzepte etablieren.“

*Die Google Cloud Plattform besteht aus diversen Computing-, Speicher- und App-Diensten mit der Entwickler eigene Apps erstellen, testen und bereitstellen können.

mobilbranche.de: Google bietet mittlerweile ja für fast alle Bereiche des App-Entwicklunszyklus eigene Lösungen an. Ist es für die Entwickler immer besser alles aus einer Hand zu bekommen als mehrere Einzel- /Insellösungen zu nutzen?

Jens Bussmann: Mit den verschiedenen Google-Lösungen versuchen wir alle Bereiche abzudecken. Alle Lösungen sind auch einzeln nutzbar. Generell gilt: Je weniger Einzellösungen ich habe, desto weniger Ansprechpartner und Koordinationspunkte benötige ich und desto einfach ist es am Ende für Entwickler. Nichtsdestotrotz kann man natürlich alle Services mit anderen Diensten kombinieren.

mobilbranche.de: Big Data rückt mittlerweile auch in den Fokus vieler deutscher Unternehmen. Inwieweit haben mittelständische Unternehmen hierzulande verstanden, was Big Data ist und welcher Nutzen dahinter steckt? Oder inwieweit ist hier noch Pionierarbeit zu leisten?

Jens Bussmann: Mittlerweile hat jeder schon von Big Data gehört. Aufgrund der medialen Präsenz kann sich auch fast jeder etwas darunter vorstellen. Wo tatsächlich noch Aufklärungsarbeit zu leisten ist, ist den Leuten verständlich zu machen, was genau die Vorteile für das Unternehmen, den Anwender oder den Entwickler selbst sind. Das reine Erheben von Daten bringt ohne Auswertung und die richtigen Rückschlüsse nicht viel. Das größere Problem ist nicht, Daten zu erheben und schnell und gut mit ihnen zu arbeiten, sondern es auf die richtige Weise zu tun.

mobilbranche.de: In ihrer Keynote haben Sie die einzelnen Services in einem Kreismodell anhand des Produktlebenszyklus‘ einer App vorgestellt. Dabei waren auch eine Reihe zugekaufter Dienste. Ist die Übernahme-Welle in diesem Bereich erst einmal abgeschlossen oder sind weitere Übernahmen geplant?

Jens Bussmann: Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mich zu der Akquisitionsstrategie von Google nicht näher äußern kann. Grundsätzlich behalten wir aber natürlich immer im Blick, welche Services wichtig für die Nutzer und den Markt sind oder sein könnten und handeln dann entsprechend.

mobilbranche.de: Dann mal anders gefragt: Wo fehlen denn in diesem App-Zyklus noch Tools?

Jens Bussmann:  Ich denke nicht, dass jetzt aktuell noch Tools fehlen. Die Frage ist ja auch, wie viel wir als Google machen möchten und wie viel die Kunden selber machen möchten. Es gibt natürlich ein paar Dinge, die wir nicht as a Service im Detail anbieten: Dazu gehört z.B. das ganze App-Testing – u.a. QA- oder UI- /UX-Testing. Im Moment sind wir aber nicht der Meinung, dass wir das besser könnten als andere Anbieter. Hier geht es uns stattdessen vor allem um die Integration dieser Dienste, damit Entwickler die höchstmögliche Flexibilität haben und unsere Dienste auch mit Services von Drittanbietern reibungslos nutzen können.

mobilbranche.de: Das Jahr neigt sich dem Ende. Zeit einen Blick in die Glaskugel zu wagen. Was sind ihrer Meinung die heißesten Trends im Bereich Mobile?

Jens Bussmann:  Wenn ich so gut in die Zukunft blicken könnte, hätte ich mich schon längst zur Ruhe gesetzt. Ich glaube Wearables ist ein gutes Stichwort. Das wird weiterhin ein Trend sein. Wie und welche Wearables sich durchsetzen werden, ist noch schwer vorauszusehen. Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem man sagen kann, was der optimale Formfaktor oder das optimale Gerät ist. Wahrscheinlich wird es eine Vielzahl von verschiedenen Wearables geben, bis es zu einer Konsolidierung kommt und viele Funktionen sich dann zu einem kompakteren Formfaktor zusammenfinden. Ansonsten bin ich überzeugt davon, dass das Potenzial von Tablets längst noch nicht ausgeschöpft ist. Da werden sich noch einige Nutzungsszenarien vom klassischen Desktop-Laptop in Richtung Tablet verschieben.

Viel wird sich auch in Sachen User Interface und User Experience tun. Viele Geräte, Services und Funktionen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch zu kompliziert in der Bedienung. Da werden sich in Zukunft einfachere Bedienkonzepte etablieren. Die Sprachsteuerung mag da sicher ein Weg von vielen sein.

mobilbranche.de: Besitzen und nutzen Sie selbst Wearables?

Jens Bussmann: Ja, ich nutze sämtliche Gadgets, die es gibt. Das bringt mein Beruf mit sich. Und ja, ich nutze sie regelmäßig – aber nicht 24/7, wie beispielsweise ein Smartphone.

mobilbranche.de: Sind die Geräte für Sie eine große Erleichterung im Alltag?

Jens Bussmann: In manchen Anwendungsfällen sicher ja. Die Gerätevielzahl und Fragmentierung bei Wearables macht es momentan aber noch ein bisschen schwierig.

mobilbranche.de: Sind Smartphones also die Brückentechnologie für andere tragbare Geräte?

Jens Bussmann: Wenn man einen Blick auf die nächsten fünf Jahre wirft, wahrscheinlich nein. Im Hinblick auf die nächsten zehn bis 15 Jahre wahrscheinlich ja. Ich bin überzeugt, dass wir irgendwann viel mehr über Gesten steuern können. Damit ändern sich dann auch die entsprechenden Formfaktoren der Geräte. Grundsätzlich werden diese Geräte sich unauffälliger in den Alltag integrieren.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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Eine Antwort zu “Interview mit Jens Bussmann von Google: „Mobile Bedienkonzepte sind oft noch zu kompliziert.“”

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