Mobile Payment 2016 – Das „Rat Pack“ wagt eine Prognose.

Normalerweise kommen Rückblicke und Prognosen immer am Ende eines Jahres. Das “Rat Pack” der FinTech-Branche wagt den Blick in die Glaskugel schon jetzt und gibt einen Ausblick wohin die Reise nach Meinung der Experten gehen könnte.

Der König ist tot, lang lebe der König

Mobile Payment 2016
Mobile Payment 2016

Wenn es um Mobile Payment geht, verstreicht keine Woche, in der der unmittelbare Durchbruch nicht kurz bevor steht. Über kaum ein anderes Thema wie dem Bezahlen mit dem Smartphone wird so viel diskutiert und spekuliert. Getrieben wird das Thema vor allem auf Basis des Wunschdenkens der Lösungsanbieter. Seit vielen Jahren versucht man die etablierten Bezahlmethoden, um eine weitere zu ergänzen: das Smartphone. Geht es nach den Anbietern mobiler Bezahlverfahren, bezahlen wir in Zukunft an der Ladentheke nur noch mit unserem Smartphone. Doch obwohl es seit vielen Jahren Bemühungen gibt und sich eine Vielzahl von Anbietern im Markt tummeln, scheint es die Anwender nicht wirklich zu interessieren – zumindest nicht, was das Bezahlen am POS betrifft. Während Mobile Payment in vielen Bereichen bereits oft zum Einsatz kommt, sei es im E-Commerce oder bei In-App Zahlungen, spielt das Smartphone beim Bezahlen an der Kasse keine Rolle. Auf dieses Segment stürzen sich die meisten Anbieter mobiler Lösungen. Es geht schließlich um Milliarden von Transaktionen, an denen man mitverdienen möchte. Leider hat man sich zu wenig um den Konsumenten gekümmert, weshalb bisher nur wenig passiert ist. Das könnte sich aber jetzt ändern, denn mit Apple Pay, Samsung Pay oder Google Wallet drängen Anbieter auf den Markt, die das Blatt wenden könnten. Zum einen wird mobiles Bezahlen nicht als Produkt vermarktet, sondern vielmehr als Ergänzung des jeweiligen Produktportfolios. Zum anderen hat man aus den Fehlern der Anderen gelernt und vieles vereinfacht, angefangen vom Onboarding bis hin zum eigentlichen Bezahlprozess an der Kasse. Es kommt Bewegung in den Markt.

Kenner der Branche kommentieren die aktuellen Entwicklungen und geben einen Ausblick, wohin die Reise im nächsten Jahr gehen könnte.

Andre Bajorat

Andre M Bajorat: „Mobile Payment im E-Commerce wird weiter rasant wachsen und auch Google wird das Thema Mobile Payment nicht aufgeben und vor allem das Peer-2-Peer Payment vorantreiben. Die bisherigen Einzelkämpfer werden Allianzen schmieden und das wird z.B. für Paypal die Chance endlich am POS weiter voran zu kommen. Die NFC Technologie am POS wird eine zweite Welle erleben und sich immer weiter durchsetzen. Die Kreditkarte wird es in Deutschland weiter schwer haben und die Lastschrift bleibt in Deutschland das Hauptzahlungsmittel. Daran wird auch Apple mit Apple Pay nichts ändern. Bezahlverfahren, die auf dem QR-Code oder auch auf Prepaid basierende mobile Bezahlverfahren sind tot.“

Andre M Bajorat ist Unternehmer, Berater, Speaker, Business-Angel und Mentor im deutschen Startup- und FinTech-Umfeld aktiv. Aktuell ist er als CEO bei figo.io, Partner bei KI-Finance sowie im Advisoryboard von FinLeap und Cringle aktiv. Twitter: @ambajorat

Maik Klotz
Maik Klotz

Maik Klotz: “Auch im nächstes Jahr wird es keinen ‚Durchbruch‘ beim mobilen Bezahlen am POS geben. Trotzdem wird mit Apple Pay, Samsung Pay und Android Pay mobiles Bezahlen am POS an Zuspruch gewinnen, auch hier in Deutschland. Durch die steigende Verbreitung von NFC-Terminals wird auch kontaktloses Bezahlen mit der Kreditkarte in Zukunft wachsen. Treiber beim Mobile Payment werden die drei Unternehmen Apple, Samsung und Google sein. Niemand anderes wird nennenswerte Erfolge in diesem Bereich verzeichnen können. Das liegt unter anderem an der engen Verzahnung zwischen Payment und Betriebssystem aber auch an Dingen wie eine optimal auf den Anwender abgestimmte Nutzerführung. Trotz steigender Transaktionen, bleibt mobiles Bezahlen am POS auch 2016 noch eine Nische. Anders sieht es für In-App-Payment oder mobile Payment im E-Commerce aus. Immer mehr Dienste werden neben Paypal auch Apple Pay integrieren und somit das Thema Payment am Smartphone weiter voran treiben. In Zukunft wird es nur ohnehin nur noch um “Payment” gehen, denn so wie der Konsument keinen Unterschied mehr machen wird zwischen mobile und Desktop, so wird es keinen Unterschied beim Payment geben. Konsumenten sind digital und erwarten eine gleichbleibende Nutzererfahrung egal ob nun mobil, zu Hause oder im Laden an der Kasse. Gerade im stationären Handel spielt der Bezahlprozess eine untergeordnete Rolle. Hier gilt es den gesamten Einkaufsprozess zu optimieren und zu überlegen, wir man Online mit dem stationären Handel sinnvoll verbinden kann.”

Maik Klotz ist Autor und Speaker zu den Themen Mobile, Banking und Payment. Aktuell arbeitet Maik als Head of Business Development im Bereich Mobile Loyalty bei der valuephone GmbH. Sein Fokus liegt auf dem Anwender. Twitter: @klotzbrocken

Rafael Otero
Rafael Otero

Rafael Otero: “Trotz des guten Starts von Apple Pay in den USA wird sich Apple Pay in Europa nicht flächendeckend durchsetzen, mit Ausnahme von kreditkartenaffinen Ländern wie England oder Holland. Der Versuch von Google mit Android Pay erfolgreich zu werden, wird nicht gelingen und bleibt daher in den USA. Auch die Bestrebungen von Samsung werden misslingen, da die Mobilfunkbetreiber erstmal jemanden von McKinsey holen, die aber erstmal etwas anderes als ein Blackberry finden müssen, um zu verstehen was Mobile Payment ist. Paypal wird die nächsten 12 Monate in Schockstarre verharren, um sich dann wieder völlig auf den E-Commerce zu fokussieren. Schlussendlich wird Paypal die Bestrebungen, sich als Alternative am POS zu etablieren, aufgegeben. Andere Anbieter mobiler Bezahlverfahren werden den Versuch starten, sich zu konsolidieren, aber nach und nach die Segel streichen. Es fehlt an Geld oder Mut die Themen radikal anzugehen. Trotzdem wird es Platz für neue Spieler geben, die sich dem Thema Mobile Payment aus einer anderen Perspektive annähern.”

Rafael Otero ist Co-Founder und CTO bei der payleven Holding GmbH. Rafael ist Mentor für technisch begabte Talente sowie Internetunternehmer und agiert als Business Angel für Technologie-Startups. Twitter: @rotero

Jochen Siegert
Jochen Siegert

Jochen Siegert: “Die bereits gestartete Konsolidierung der Dienstleister im Zahlungsverkehr wird sich noch verstärken – große internationale Anbieter werden das PSP/Netzbetriebs- und Acquiringgeschäft dominieren. Gleichzeitig wird den meisten Mobile Payment Verfahren die Luft ausgehen. Dienste von Anbietern wie Yapital, Paymey, Paij, Sqwallet und viele mehr, konnten bisher keine Relevanz beim Kunden gewinnen und werden auch bis 2016 keine Fortschritte machen, wenn es sie dann überhaupt noch in dieser Form gibt. Auch die Mobilfunkanbieter werden sich 2016 mangels Relevanz komplett wieder aus dem Thema Payment zurück gezogen haben.
Apple Pay und Google Wallet mausern sich im ePayment zur ernsthaften Bedrohung von PayPal, denn der „mobil“-Anteil im Online-Payment, also ePayment durchgeführt von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets, liegt dann schon bei ca. 50% (von 2014 25%). PayPal hingegen hat den Sprung bis heute nicht in die Offline-Welt geschafft und hat auch 2016 ausserhalb von Nischen weiter Probleme dort Relevanz zu erlangen. Dies liegt primär am eigenen hohen Preis gegenüber Händlern im Gegensatz zur sehr niedrigen Kostenstruktur von Karte und Lastschrift im stationären Handel. Nach den ersten Schritten der Internationalisierung zündet Apple Pay 2016 die nächste Raketenstufe: Verbindung mit Rewards & Coupons sowie Beacon-Payment, um den Kauf- und Zahlprozess von der klassischen Kasse/Terminal zu trennen.

Unsere Banken bekommen die neuen Intermediäre im Zahlungsverkehr weiterhin nicht in den Griff und setzen frustriert ihr Glück auf Apple und Google. American Express wird dank Payback und Interchange-Regulierung eine stärkere Rolle denn je im Kartengeschäft einnehmen, sehr zum Leidwesen von Mastercard und Visa.”

Jochen Siegert ist Partner und Geschäftsführer des FinTech Company Builders Finleap. Er arbeitet seit 15 Jahren im FinTech-Bereich und gilt als einer der Pioniere der Branche. Als einer der ersten Mitarbeiter im EMEA Headquarter von PayPal war er beim Aufbau von PayPal in Europa beteiligt. Bei MasterCard Deutschland und Europa führte er etliche Innovationen ein. Twitter: @jochensiegert

kilian thalhammer
Kilian Thalhammer

Kilian Thalhammer: “Der Hype um Mobile Payment wird sich legen und wir werden in Zukunft weniger über Mobile Payment sprechen, denn der Kunde denkt nicht “in mobile oder nicht mobil”. Es wird schlichtweg nur noch um „Payment“ gehen. Kontaktloses Bezahlen, also das „Tap und Go“ wird sich auch in Deutschland etablieren, aber nicht zwangsläufig mit dem Smartphone. Denn die Karte ist nicht tot und funktioniert kontaktlos ebenso. Der Hype um Apple Pay wird sich legen und Apple wird seinen Anteil am Portfolio bekommen aber mittelfristig auch nichts grundlegend ändern. Wie auch im Smartphone-Markt wird der Brand Apple nicht für alle Use Cases passen. Auch Google kommt 2016 langsam aus der Reserve aber wird erst 2017 an Relevanz gewinnen. Samsung Pay wird in Europa wie Apple Pay auch, nur mit NFC funktionieren. Die integrierte Technik von Looppay ist nur für den amerikanischen Markt interessant, ist aber auch dort nur noch eine Frage der Zeit bis die Magnetstreifen gänzlich zu Grabe getragen werden. Die Terminalhersteller darf man nicht komplett abschreiben, die werden im aktuellen Hype “ignoriert”, haben aber immer noch die Beziehung zum Händler. Da kommt auch was, was den Markt beeinflussen wird. Yapital wird sterben und über die Bestrebungen der deutschen Banken und Sparkassen mit der Initiative ‚GIMB‘ der PayPal Konkurrenz machen zu wollen, sprechen wir lieber nicht.”

Kilian Thalhammer ist seit mehr als 10 Jahren im Bereich Payment/ FinTech/ eCommerce & Loyalty unterwegs. Nach seiner Rolle als Director Solutions für die Schweizerische Post, war CPO bei RatePay (Otto Gruppe) und Geschäftsführer bei PAYMILL (Rocket Internet). Im Moment ist er im FinTech Umfeld als Berater aktiv. Kilian bei LinkedIn.

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Fazit

Es herrscht Einigkeit darüber, dass mobiles Bezahlen in Deutschland wachsen wird. Die Frage ist nur wie groß das Wachstum sein wird und welche Anbieter davon profitieren. Es wird zwar auch 2016 nicht zu einem Durchbruch im Mobile Payment kommen, aber das muss es auch gar nicht. Die Kreditkarte hat in Deutschland und vielen anderen Ländern in Europa auch keinen Durchbruch verzeichnet, trotzdem hat sie sich als dritte Zahlart etabliert. So wird es auch im Bereich mobiler Bezahllösungen sein, denn im Grunde ist Apple Pay, Android Pay oder Samsung Pay nichts anderes als die elektronische Variante der Kreditkarte. Einigkeit herrscht auch bei der Rolle der Banken und Mobilfunkanbieter, der Zug ist abgefahren. Auch die kleineren, nationalen Anbieter mobiler Bezahllösungen werden es immer schwerer haben einen Stück vom Kuchen abzubekommen, aber vielleicht reicht ja auch schon ein Krümel aus. Auch für 2016 gilt: Mobile Payment löst ein Problem, welches nicht existiert – aber mit den neuen Spielern am Markt wird das nicht vorhandene Problem etwas besser gelöst. (Beitragsbild: shutterstock.com)

Das „Rat Pack“ trifft sich regelmäßig, um über die aktuellen Entwicklungen in der FinTech-Branche zu diskutieren.

 

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3 Antworten zu “Mobile Payment 2016 – Das „Rat Pack“ wagt eine Prognose.”

  1. […] Mobile Payment 2016 – Das “Rat Pack” der FinTech-Branche wagt einen Blick in die Glaskugel. Mobiles Bezahlen löst ein Problem, das nicht existiert. Neue Player wie Apple Pay, Google Wallet und Samsung Pay werden das nicht vorhandene Problem aber etwas besser lösen, prognostizieren die Experten der FinTech-Branche. weiterlesen auf mobilbranche.de […]

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