Digitalisierung in Deutschland: Politiker, packt sie bitte endlich ernsthaft an!

Man kann die Nachrichten zum Thema Mobilfunklöcher, Netzabdeckung, digitale Verwaltung, digitale Strategie oder gar Mobile Government kaum noch zählen – und kaum noch hören. Eine Studie folgt der nächsten, als hätten wir einen Mangel an ungelösten Problemen. Dabei ist es wie beim Thema gesunde Ernährung: wir haben kein Wissens-, sondern ein Umsetzungsproblem.

Oder lesen wir alle die bekannten Studien auch nur unterschiedlich? Nehmen wir zum Beispiel die Studie „European Study on the Digitalisation of the Healthcare Pathways“ von Sopra. Danach sprechen sich 42 Prozent der Befragten für den Ausbau der Online-Leistungen im Gesundheitsbereich aus. Anders ausgedrückt: 58 Prozent halt nicht. Und 39 Prozent wollen nach dem „European Digital Government Barometer 2019“ aus dem gleichen Hause, dass Bund, Länder und Kommunen die digitalen Leistungen in den Einwohnermeldeämtern voranbringen. Und damit ist vermutlich nicht gemeint, dass man die Passbilder künftig nur noch im Amt machen lassen kann. Aber wenn man will, kann man das auch so deuten, dass 61 Prozent der Bürger eben kein Interesse daran haben.

Die Politiker, die ich persönliche kenne, sind zum Glück nicht so. Sie stehen normalerweise im regen Austausch mit den Bürgern und leben zum Glück ja auch selbst mit ihren Familien und Freunden über die Republik verteilt, fahren mit dem Auto oder dem Zug durch Mobilfunk-freie Zonen und dürfen als modernstes Kommunikationsmittel mit dem Amt ein Faxgerät benutzen, wenn es rechtsverbindlich sein soll. Sie brauchen keine weiteren Studien, die ihnen die Mängel aufzählen und keine weiteren Delegationsreisen ins Silicon Valley oder nach China zur Wissenserweiterung. Die Fahrten nach Finnland nach den ersten PISA-Studien waren ja offenbar auch nicht geeignet, die Bildungsmisere zu beheben. Aber wo liegt dann das Problem?

Das ist durchaus kompliziert. Als 2018 Infrastrukturminister Andreas Scheuer in einem Interview sagte, dass Handyempfang zur Grundversorgung gehöre und die vielen Funklöcher für eine Wirtschaftsnation „untragbar“ seien, hieß es auf Anfrage der Grünen an die Bundesregierung dazu: Mobilfunk zählt eben doch nicht zum Mindestangebot an öffentlichen Telekommunikationsdienstleistungen. „Das Universaldienstregime ist zur Verbesserung der Mobilfunkversorgung nicht geeignet“, lautete damals die Antwort des Bundesregierung. Wenn nicht einmal die Worte des Bundesministers im eigenen Hause auf fruchtbaren Boden fallen, wer soll es dann richten?

Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach im Auftrag der ESCP Business School Berlin kommt zu dem erschütterndem Ergebnis, dass nur zwei Prozent der Bevölkerung die Regierung auf diesem Gebiet für sehr kompetent halten. 10 Prozent halten sie für gar nicht kompetent.

Und so bleibt auch uns nur, immer neue Studien und Umfragen zu präsentieren, die auf Probleme aufmerksam machen. Nachrichten über erfolgreiche Problemlösungen, wie zum Beispiel der DigitalPakt Schule, wären uns durchaus lieber.

Letztlich ist die Politik dafür verantwortlich, die Grundlagen für die Problemlösungen zu schaffen. Wissen ist kein Selbstzweck, sondern muss auch angewendet werden. Wenn etwa die Rechtslage so ist, dass Mobilfunk nicht zur Grundversorgung gehört, aber Bereichs- und Generationen-übergreifend die Überzeugung besteht, dass sich das ändern muss: dann ändert das! Dafür braucht man den Mut und die Kraft, die Bedenkenträger in den Verwaltungshierarchien zu überzeugen und am Ende den politischen Kompromiss, der alle Beteiligten als Gewinner dastehen lässt. Das ist möglich, nur: beeilt Euch bitte.

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