Was ist der EU Digital Markets Act? Wie die neue Gesetzeslage die Mobile-OEM Werbelandschaft dramatisch verändern wird

Von Robert Wildner, Co-Founder und CEO von AVOW

2022 haben wir begonnen, das Monopol der Big Tech Firmen ernsthaft zu adressieren. Während Industrie-Leader das wettbewerbsfeindliche Verhalten solcher Firmen seit Jahren kritisieren, ist der Umstand, dass neue Regularien, Klagen und Ermittlungen diese Firmen tatsächlich zur Kooperation verpflichten, relativ neu.

Zu diesen Regularien gehört der im Frühling 2022 verabschiedete EU Digital Markets Act (DMA). Dieser regulatorische Meilenstein zielt auf digitale Gatekeeper ab, indem er sie dazu verpflichtet, ihr Business auf faire und nicht-diskriminierende Art zu führen. Viele Aspekte der neuen Richtlinien richten sich direkt an das Mobile-Ökosystem – sie sollen den Wettbewerb zwischen Digitalfirmen sichern und den Klammergriff von Apple und Google in diesem Bereich lockern.

Bevor wir fortfahren, müssen wir zunächst verstehen, was und wer Mobile-OEMs sind, und welche Rolle der DMA in ihrem zukünftigen Business spielen wird (und welche nicht). Mobile-OEMs wie Xiaomi, Huawei, OPPO und Vivo sind Original Equipment Manufacturers (OEM). In Sachen Hardware-Geschäft werden diese Unternehmen vom DMA nicht substanziell betroffen sein. Allerdings wird der DMA dazu führen, dass sich die OEMs noch stärker auf den Aufbau ihres eigenen App-Ökosystems konzentrieren werden.

Der DMA wird das Ende der Monopolstellung von Google und Apple einläuten, da die Telefonhersteller durch ihn mehr Kontrolle über ihre Werbeformate und Suchfunktionen erhalten. Jeder Handyhersteller verfügt bereits jetzt über einen eigenen App-Store, jedoch war es bislang eine Herausforderung, diesen als Default-App-Store auf den eigenen Geräten zu installieren. Inoffiziell hat Google seine Machtposition am Markt missbraucht, um die OEMs davon abzuhalten, ihre Ressourcen in den Aufbau eigener App-Ökosysteme zu investieren.

Der DMA durchbricht den Status Quo, er bietet Alternativen und fördert den Wettbewerb. Dies bedeutet mehr Freiheit für App-Entwickler und ein generell geringeres Risiko. Wenn Google in der Vergangenheit eine App aus seinem Store entfernt hat, konnte dies das potenzielle Aus für den Entwickler, der im Grunde aus dem Markt gedrängt wurde, bedeuten. Durch mehr Wettbewerb können die Entwickler auf alternative App-Stores setzen und ein solches Risiko vermeiden.

Das bedeutet:

  • Apple und Google werden ab Ende 2023 alternative Stores auf ihren Geräten erlauben, oder mit Strafen von bis zu 10% ihres globalen Jahresumsatzes rechnen müssen.
  • Für die Entwickler wird sich die neue Gesetzgebung als Segen erweisen, da sie fortan nicht mehr auf eine 30%-Marge von sämtlichen In-App-Käufen verzichten müssen, wie es bislang bei Apple und Google Play Store der Fall war. Auch die OEM Alternative-App-Stores werden noch eine Marge verlangen, jedoch sind sie deutlich flexibler und offener gegenüber Verhandlungen, gerade im Vergleich mit den strikten App-Store-Regelwerken von Apple und Google.
  • Auf verschiedenen Appstores präsent zu sein („Not all eggs in one basket“), erlaubt Appentwicklern eine Diversifikation ihres Risikos und die Möglichkeit auf verschiedenen Appstores von Konsument*innen entdeckt zu werden
  • Weitere Forderungen von Industrie-Leaders weltweit werden die Akzeptanz von mobilen OEMs unter Developern und Konsument*innen gleichermaßen weiter ansteigen lassen.

Das Apple und Google Monopol: Der Anfang vom Ende?

Um die Dominanz von Apple und Google besser zu verstehen, müssen wir zum Beginn der App- und Google Play Stores vor über 15 Jahren zurückgehen. Von Anfang an haben beide Firmen eine 30% Marge auf alle In-App-Käufe innerhalb ihrer App-Stores implementiert. Gleichermaßen unterbanden sie sämtliche Third-Party-Zahlungsabläufe auf Apps, die versucht haben, diese Marge zu umgehen. Für beide Firmen war dies in den letzten Jahren einer der größten Wachstumstreiber – es hatte aber auch enormen Einfluss auf die Profite der App-Entwickler.

Vor drei Jahren verklagte der Videogame-Entwickler Epic Games Apple und Google dafür, eine derart hohe Marge einzubehalten. Andere Industrie-Leader, darunter Facebook und Spotify, haben sich ebenfalls gegen die Gebühr ausgesprochen. In einem solchen Klima des steigenden Unmuts von Firmen und Konsument*innen gegenüber Big Tech, war es für die Gesetzgeber an der Zeit, einzuschreiten.

Man geht davon aus, dass der EU DMA Mitte 2024 in Kraft treten wird, und die „Big Gatekeepers“, wie sie vor dem Gesetz genannt werden, mit Strafen von bis zu 10% ihres Jahresumsatzes für das Brechen der neuen Richtlinien rechnen müssen. Apple und Google haben bereits skizziert, wie sie im Sinne der neuen EU-Wettbewerbsgesetze kooperieren werden: So macht Apple sich momentan bereit, alternative App-Stores ab Ende 2023 auf ihren iPhones und iPads zu erlauben. Google wird nachziehen müssen, was bedeutet, dass die Nutzer auch außerhalb des App- und Google Play Stores ihre Apps installieren können. Im Gegensatz zu Apples „Walled Garden“-Ansatz („Ummauerter Garten“), der alternative App-Stores schlichtweg verboten hat, nutzte Google seine Position als Marktführer, um Mobile-OEMs und ihre alternativen App-Stores in Gatekeeper-Manier zu benachteiligen. Konkret heißt das, dass Google:

  • keine alternativen App-Stores im Google Play Store zulässt
  • die Vorinstallation alternativer App-Stores auf den Handys unterbindet
  • die Nutzung der Suchleiste auf dem Android-Startbildschirm zu eigenen kommerziellen Zwecken für Mobile-OEMs verhindert

Keines der beiden Unternehmen hat bisher Pläne für die Integration alternativer Zahlungssysteme vorgestellt, aber es ist jetzt schon klar, dass die Entwickler – und die Legislative – nicht länger dulden werden, dass App-Stores einen so großen Anteil ihrer Gewinne einbehalten.

Freie Bahn für mobile OEMs

Mit der Durchsetzung des DMA erwarten wir in den nächsten Jahren einen enormen Anstieg der Akzeptanz alternativer App-Stores, sowohl bei Entwicklern als auch bei Verbrauchern. Xiaomi arbeitet derzeit an der weltweiten Einführung von Xiaomis GetApps-Stores. Bis Ende des zweiten Quartals wird GetApps in allen EU-Ländern implementiert sein – und weltweit bis Jahresende.

Sobald der DMA in Kraft tritt, rechnen wir in den kommenden Jahren mit einem signifikanten Anstieg der Akzeptanz von mobilen OEMs – sowohl seitens der Entwickler als auch der Kunden. Diese Gesetzesentscheidung wird sich als Segen für die Nutzer*innen erweisen, da sie umgehend von der größeren Auswahl und den niedrigeren Preisen profitieren werden. Auch wenn die Regularien bislang nur die EU betreffen, prophezeit Mobile-Vordenker John Koetsier, dass der Digital Markets Act das gesamte „App-Store Modell aufbrechen“ könnte. Er sagt weiter: „Selbst wenn es Jahre dauert, Vertrauen und Brand Awareness für mobile OEMs zu etablieren, so werden sie schlussendlich doch eine valide Alternative zu den bisherigen Default-Plattformen darstellen.“

Während also alternative App-Stores in Europa weiter an Momentum gewinnen, geht man dennoch davon aus, dass auch mobile OEMs ihre Zahlungslösungen angleichen. Dies kann einerseits bedeuten, dass sie ihre eigenen Zahlungsmodelle verpflichtend machen, oder dass sie auch weiterhin Third-Party-Zahlungslösungen gegen eine kleinere Gebühr zulassen.

Industrie-Leader fordern bereits jetzt, die Regularien über die Grenzen der EU hinaus zu erweitern. Epic-Games-CEO Tim Sweeney zeigte seine Unterstützung für diese politische Forderung, indem er den US-Kongress per Tweet dazu aufforderte, dem DMA ähnliche Gesetzesentwürfe zu verabschieden. Andernfalls würden „amerikanische Entwickler in die  Leibeigenschaft zurückgeworfen“. Ebenso verkündete Indiens Wettbewerbskommission kürzlich, dass sie Google mit einer Strafe von 161.5 Millionen USD belegt, da Google seine Dominanzposition gegenüber dem Android-Ökosystem in verschiedenen Märkten missbraucht habe. Sie rief die Firma dazu auf, sich gegenüber dem fairen Wettbewerb zu öffnen.

Der Druck auf beide Unternehmen steigt also zunehmend und es ist offensichtlich, dass diese neuen Gesetze signifikanten Einfluss auf die generelle Akzeptanz von mobilen OEMs haben werden. Das heißt: Es gab nie einen besseren Zeitpunkt, um alternative App-Stores in Ihren Marketing-Mix zu integrieren. Marketing-Expert*innen, die die zahlreichen Vertriebsmöglichkeiten der alternativen App-Stores erkunden wollen, bietet sich ein riesiges Potenzial – und es wird in den kommenden Jahren nur größer und größer.

Über den Autor:

Robert Wildner, ist Gründer und CEO von AVOW, einem global agierenden App-Growth Unternehmen. Bei AVOW verantwortet er hauptsächlich die Wachstums- und Produktinnovationsstrategien. Als Mobile-Marketing-Pionier treibt Robert neue Werbeformate voran und findet innovative Anzeigeninventare, um App-Marketer bei ihrer Marketingstrategie zu unterstützen.

Seine 15-jährige Erfahrung im digitalen und mobilen Marketingbereich sowie Partnerschaften mit den global einflussreichsten Mobile OEMs wie zum Beispiel Huawei, Xiaomi, OPPO, Vivo und OnePlus, ermöglichen Kunden von AVOW den Zugriff auf exklusives Anzeigeninventar.

Über das Unternehmen:

AVOW ist eine globale App-Growth-Agentur, die sich auf Mobile OEM (Original Equipment Manufacturer) Inventar spezialisiert hat. Das Unternehmen bietet Apps und Brands eine einzigartige Möglichkeit, auf mobiles Werbeinventar in großem Umfang zuzugreifen und Werbeausgaben sinnvoll in alternative User-Acquisition Kanäle zu investieren. Die Agentur aggregiert OEM-Inventar – von alternativen App-Store Platzierungen, über vorinstallierte Apps hinaus, bietet AVOW den Kunden die Möglichkeit, mit einer  Zielgruppe von über 1,5 Milliarden täglich aktiven Nutzern (DAU) zu verbinden.

Das Unternehmen hat direkte und zum Teil exklusive Partnerschaften mit Mobile OEMs wie Xiaomi Mi Ads, Oppo, Huawei, Samsung, realme, One Plus, Vivo und anderen aufgebaut, um alternatives, Marken sicheres Werbeinventar für Apps anzubieten. Zu AVOWs Kunden gehören u.a. Amazon, Plarium, Unico Studio, Superlay, KUMU, BYJUS, OctaFX, Kredivo und Navi. Die Firma ist in Deutschland, Frankreich, Indien, Indonesien, Philippinen, Vietnam, Russland, China sowie in Brasilien vertreten.

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