Marketingtrends für mobile Apps in Deutschland.

Viele primär auf Mobilgeräte ausgerichtete Unternehmen haben bereits von der schnellen Digitalisierung profitiert. Auch in Deutschland ist das nicht anders. eMarketer zufolge wird allein im Shopping-Bereich bis Ende 2021 ein Wachstum der mobilen Verkäufe (M-Commerce) um 9,1% auf 42,51 Mrd. $ erwartet.

Doch die Vermarktung einer App bringt in Deutschland ganz besondere Herausforderungen mit sich: Die Datenschutzbestimmungen zählen hier zu den strengsten auf der ganzen Welt. Und auch die Deutschen selbst bangen stets um die Sicherheit ihrer Daten. Darüber hinaus ist Deutschland dafür bekannt, dass die Digitalisierung hier langsamer als anderswo voranschreitet. Mit der Einführung des 5G-Standards dieses Jahr wird sich dies jedoch bald ändern.

Bei der Vermarktung von Apps in diesem Land ist eine gute Kenntnis des deutschen App-Markts entscheidend. In diesem Artikel haben wir einige Tipps dazu zusammengestellt, wie Sie Ihre App in Deutschland bewerben können.

Daten – ein Heiligtum der deutschen Verbraucher

Deutschland zählte zu den ersten Ländern, welches 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) umgesetzt hatte. Diese brachte eine Reihe neuer rechtlicher Vorgaben in Bezug auf den Umgang mit Verbraucherdaten mit sich. Seit ihrer Einführung sehen sich viele Verbraucher sogar gerne genötigt, Unternehmen zu melden, die sich nicht an diese Vorgaben halten. Daraufhin wurde beispielsweise 2019 die führende deutsche Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen mit einer Geldstrafe von 14,5 Mio. € dafür belegt, dass sie Daten unnötig aufbewahrte.

Carolin Rohte, Head of Performance Marketing bei YAZIO (Bild oben), hat Folgendes beobachtet: „Den Deutschen ist ihre Privatsphäre heilig – da wird auch in der digitalen Welt kein Unterschied gemacht. Im Gegenteil. Ich glaube, auch wenn uns das Privacy Topic weltweit betrifft, dann stellt uns der deutsche Markt hier vor ganz besondere Herausforderungen. Da ist Feingefühl, proaktive Kommunikation und eine gewisse Portion Hartnäckigkeit gefragt.“

Seit der Einführung der DSGVO hat sich viel in Sachen Privatsphäre und Datenschutz getan. Das wichtigste Gesprächsthema der digitalen Werbebranche in diesem Jahr war jedoch wohl das iOS 14.5-Update und die Abschaffung des IDFA (Identifier for Advertisers) von Apple, mit dem Werbetreibende Nutzer nachverfolgen konnten.

Marian Bucher, Senior App Growth Manager bei OTTO (Bild rechts), vertritt diese Ansicht: „Die Bedeutung des Datenschutzes ist in den letzten Jahren enorm gestiegen – zurecht! Das gilt im Übrigen nicht nur für Deutschland, sondern überall in der EU aber auch vermehrt in anderen Teilen der Welt. Apple hat diese Entwicklung mit dem iOS 14 Update zuletzt eindrucksvoll unterstrichen. Die gesamte (App) Marketing Branche ist zum Umdenken gezwungen: Wenn Wirkzusammenhänge zwischen Werbeanzeigen und Nutzer*innenverhalten weniger gut messbar sind und auch die gezielte (Wieder-)Ansprache von Usern immer schwieriger wird, braucht es Alternativen. OTTO setzt deshalb immer mehr auf First-Party-Daten.“

Wie kämpft man sich also bei der App-Vermarktung durch diesen deutschen Datenschutz-Dschungel?

Sergio Palau, bis vor kurzem Online Marketing Manager bei FlixBus (Bild links), erklärt: „Es muss berücksichtigt werden, wann und wie die Zustimmung der Nutzer eingeholt werden sollte. Am besten schaut man sich dazu an, wie das von Unternehmen gelöst wird, die erfolgreich am Markt agieren. Doch darauf allein sollte man sich nicht verlassen, denn es kann riskant sein, zu vorsichtig zu sein und den Nutzern die Ablehnung der Einwilligung zu leicht zu machen. Gleichzeitig sollte man die Konsequenzen nicht unterschätzen, wenn man den Nutzern die Verwaltung ihrer Daten absichtlich erschwert. Die meisten Deutschen entscheiden sich aktiv für möglichst wenig Tracking und weisen Unternehmen oder Apps zurück, bei denen sie nicht nachvollziehen können, welche Daten genau verfolgt werden. Man muss es irgendwie schaffen, möglichst viele Daten zu erheben, ohne dabei die Nutzer zu erzürnen. Das ist ein wirklich schmaler Grat.“

Ali Khitab, Senior Programmatic Operations Manager bei upday (Bild rechts), führt dies noch weiter aus: „Um die Datenschutzgesetze genau einzuhalten, neigen die großen Player auf dem DACH-Markt dazu, Datenschutzabläufe akribisch umzusetzen. Dadurch werden jedoch Skalierungs- oder Monetarisierungslösungen, verglichen mit dem restlichen Markt, eingeschränkt. Wenn man einen Blick über den Tellerrand von Cookies und Drittanbieter-Targeting wirft und in Zusammenarbeit mit Publishern direkte Zielgruppen und Kanäle schafft, kann man auf diesem Markt erfolgreich sein.“

5G und der Durchbruch von Videoanzeigen auf Mobilgeräten

Deutschland hat im letzten Jahr durch die Einführung der 5G-Technologie bei seinem Ziel, global bei der Digitalisierung ganz vorne mitzuspielen, ordentlich Fortschritte gemacht. Mittlerweile haben rund 40 Mio. Menschen in Deutschland Zugang zu diesem Standard. Bis 2025 soll dies landesweit der Fall sein. 5G hat darüber hinaus zur Folge, dass die Marketingausgaben in Sachen Videoanzeigen für Mobilgeräte in die Höhe geschossen sind, da man relative Gewissheit besitzt, dass diese auch das gewünschte Publikum erreichen. Auch wenn das bisherige 4G-Netz bereits eine ziemlich gute Wiedergabe der Anzeige erlaubte, konnten sich Werbetreibende nie zu 100 % sicher sein, dass die Nutzer das Video auch vom Anfang bis zum Ende anschauen.

Peter Okunev, Digital Marketing Lead bei Vinted (Bild rechts), sieht das so: „Das 4G-Netzwerk Deutschlands zählte zu den langsamsten und unzuverlässigsten in Europa. Nachdem im letzten Jahr 5G eingeführt worden ist, profitiert nun über die Hälfte der Bevölkerung von schnellerem Internet und einer besseren Netzabdeckung. Infolgedessen steigt nun die Nachfrage nach Online-Videos sichtlich. Prognosen zufolge werden bis 2025 76% der mobilen Daten für Videos genutzt werden. Dies ist ein deutlicher Anstieg gegenüber aktuell 60%. Da die Unternehmen sich diese Entwicklung zunutze machen werden, erwarten wir auch eine Erhöhung der Ausgaben im Bereich Videoanzeigen.“

Verlagerung des Fokus auf Shopping-Apps

Jahrelang schon werden Smartphones für den Online-Einkauf verwendet, doch mit der Pandemie sahen sich die Deutschen gezwungen, ihre Handys als primäres Gerät für ihre E-Commerce-Transaktionen zu nutzen. Daten von Statista zufolge wurden beispielsweise während der Vorweihnachtszeit 2020 fast zwei Drittel (64 %) der Einkäufe in Deutschland über das Handy oder Tablet getätigt. Damit lagen die Deutschen sogar leicht über dem europäischen Durchschnitt von 61%.

Des Weiteren werden mobile Apps für die meisten Verbraucher nach und nach zur wichtigsten Plattform für die Interaktion mit Einzelhändlern. Dies eröffnet dem Einzelhandel die Möglichkeit, Marketingbemühungen auf deren mobiles Angebot zu konzentrieren und sich so einen größeren Marktanteil zu sichern.

Marian Bucher hat dem Folgendes hinzuzufügen: „Die deutsche ‚App Economy‘ für den Bereich Shopping Apps birgt aus meiner Sicht einige Überraschungen. So ergibt ein Vergleich zwischen den Top10 der umsatzstärksten Online Shops in Deutschland und den Top10 Shopping Apps (lt. App Store Ranking) seit Jahren eine vergleichsweise geringe Überschneidung. In Diskussionen zum Thema Shopping Apps merkt man daher auch immer wieder, dass hier von vielen die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt wurden. Diese Lücke wird aber immer mehr von dynamischen Playern geschlossen, die sich fast ausschließlich auf Apps konzentrieren. Aber auch wir bei OTTO haben diese Entwicklung am Markt frühzeitig erkannt und investieren daher massiv in die App Produktentwicklung, sowie in die zugehörige Promotion unserer Shopping Apps. Für die Nachzügler in Sachen Shopping Apps wird es daher zukünftig nicht einfacher.“

Bastian Winterkemper, Regional Lead, DACH bei Liftoff, führt dies weiter aus: „Nutzer verbringen 49% mehr Zeit in Ecom Apps im Vergleich zum Vorjahr. Man sieht allerdings, dass traditionelle Unternehmen nachlegen müssen: deutsche Nutzer verbringen 2x mehr Zeit in Digital-First Apps, ca. 43 Minuten im Monat.“

Ökomarketing und umweltbewusste Verbraucher

Heutzutage bedenken Verbraucher die ökologischen Auswirkungen ihres Einkaufs vielmehr als früher. Sie sind zunehmend auf der Suche nach Möglichkeiten, auch in ihrem Alltag Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen. In einer 2020 von Statista durchgeführten Umfrage stellte sich heraus, dass 8,16 Mio. Deutsche mehr Geld für umweltfreundliche Produkte ausgeben würden. Umweltaspekte geraten mehr und mehr in den Fokus, weswegen Ökomarketing zu einer der Grundfesten der aktuellen Vermarktungsstrategie zahlreicher Unternehmen gehört.

Alexey Gusev, Lead Performance Marketing bei Goodgame Studios (Bild links), vertritt folgende Ansicht: „Deutschland ist ein recht umweltbewusster Markt. Dies betrifft sowohl das Marketing als auch die E-Commerce-Aktivitäten eines Unternehmens. Konventionellere Werbeformen wie Print-Kampagnen, Postwurfsendungen oder Außenwerbung werden zunehmend von umweltfreundlicheren, digitalen Lösungen verdrängt. So verzichten beispielsweise immer mehr Modelabel auf Fashion-Shootings, die in Hochglanzmagazinen abgedruckt werden, und verlassen sich stattdessen auf von Nutzern erstellte Inhalte in sozialen Netzwerken.“

Marketing für mobile Apps befindet sich in Deutschland wahrhaft im Umbruch. Mehr Zeit wird auf dem mobilen Endgerät verbracht, womit sich für Unternehmen neue Interaktionsmöglichkeiten mit ihren Kunden eröffnen. Wer diesen Trends bei der Vermarktung seiner App folgt, kann die Konkurrenz abhängen.

Um mehr über die Trends des mobilen Marketings in Deutschland zu erfahren, lesen Sie, was die deutschen Liftoff Mobile Heroes dazu zu sagen haben.

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