Bundestagswahl 2017: So nutzen Parteien und Politiker Facebook.

US-Präsident Donald Trump regiert mit Tweets statt Gesetzen – und auch in Deutschland wird die Politik immer digitaler. Die Bundestagswahl 2017 ist der erste echte digitale Wahlkampf im Lande. Doch wie mobil gehen die Parteien wirklich auf Stimmenfang? Welche Kanäle nutzen sie? Und wer ist dabei erfolgreich? Wir von mobilbranche.de beleuchten die wichtigsten Aspekte des mobilen Wahlkampfs in einer Serie. Heute Teil 1: Facebook. 

Auf nahezu jedem Handy findet sich die Facebook-App. Auf vielen ist zusätzlich noch Twitter installiert. Will eine Partei ihre Wähler auf dem Mobiltelefon erreichen, sind die beiden Netzwerke also zwei wichtige Instrumente. Wir haben uns angesehen, wie die Parteien Facebook und Twitter genau nutzen.

Facebook: Viele Nutzer mit vielen Daten

Auf 24 Mio Smartphones in Deutschland findet sich die Facebook-App. Insgesamt melden sich monatlich 30 Mio Deutsche beim Netzwerk an. Damit ist Facebook bei den Nutzerzahlen klarer Marktführer im Lande. Kein Wunder also, dass keine Partei auf Facebook verzichten will. Teilweise sind die Reichweiten der Posts mit denen einer überregionalen Zeitung vergleichbar. Im Vergleich dazu ist eine Facebook-Anzeige aber noch relativ günstig.

Neben der schieren Größe bietet Facebook weitere Möglichkeiten. Der Erfolg einer Kampagne kann vergleichsweise gut gemessen werden. Diese kann davor gezielt an bestimmte Gruppen ausgespielt werden. Donald Trump machte im vergangenen Jahr Schlagzeilen, als er massig Daten sammelte und Werbeanzeigen in mehreren tausend Versionen an Wähler ausspielen ließ. Deutsche Parteien betreiben nach eigener Aussage keine derart zielgerichtete Datennutzung. Doch auch ihnen steht eine Vielzahl an Informationen zur Verfügung. Je besser die Parteien diese nutzen, desto besser erreichen sie auch potenzielle Wähler. Gerade dafür sind auch die Mobiltelefone wichtig, über die deutlich mehr Daten verfügbar sind.

Mit Videos und Livechats die Massen erreichen

Mit Livechats wie diesem buhlen die Parteien um Aufmerksamkeit.

Auf Facebook posten die Parteien fleißig Bilder und Videos oder starten Livevideos. Gleichzeitig laden sie zu Veranstaltungen mit ihrem Spitzenpersonal ein. Die Vielzahl an Möglichkeiten, die Facebook bietet, kann ein Vorteil sein. Wahlkampfmanager können aus dem breiten Angebot auswählen und das richtige Format fürs jeweilige Angebot finden.

Was die Strategen freuen dürfte, ist auch dringend nötig. Denn Facebook ist wie ein großer Markt, auf dem alle durcheinander brüllen. FDP-Sprecher Nils Droste sagt zu mobilbranche.de: „Hier haben wir nicht nur andere Parteien, sondern auch viele Marken als Konkurrenz“. Um beim Bild eines Marktes zu bleiben, brüllen hier sowohl alle Parteien als auch die Fisch- und Fleischverkäufer gleichzeitig. Inhalte müssten daher intelligent untergebracht werden, erklärt der FDP-Sprecher. Dafür eigneten sich im Wahlkampf 2017 beispielsweise Videoformate oder Livechats.

Während es auf Plattformen wie Instagram oder Snapchat deutliche Unterschiede im Verhalten gibt, ähneln sich die Strategien auf Facebook größtenteils. Hier ein Bild vom Spitzenkandidaten mit kerniger Aussage, dort ein Livechat mit dem Führungspersonal in authentischer Atmosphäre. Zwischendurch dann noch ein Video, in dem kurz und knapp erklärt wird, warum die eigene Partei alles besser machen wird. Während die Stories auf Instagram und Snapchat häufig wirklich spontan wirken, hinterlassen auf Facebook selbst die Livechats mit der Selfiekamera einen stark geplanten Eindruck.

Der AfD geht die Provokations-Luft aus

Geht es nach Likes der einzelnen Partei-Seiten auf Facebook, würde am 24. September die AfD die Wahl gewinnen. Mit mehr als 333.000 Gefällt-mir-Angaben ist der Zuspruch größer als für SPD (153.000) und CDU (139.000) zusammen. Damit liegen die großen Volksparteien sogar noch hinter der Linken (200.000). Die Grünen kommen auf 145.000, Likes, die FDP auf 102.000. Welchen Zuspruch rechte Parteien im Netz bekommen zeigen auch die 169.000 „Gefällt mir“ bei der NPD, die parlamentarisch (zum Glück) keine Rolle spielt.

Doch so kurz vor der Wahl scheint der AfD die Luft auszugehen. Die Zahl der Interaktionen und der neuen Liker der AfD sinkt beständig. Dabei hatte die Partei das soziale Netzwerk lange verstanden wie keine andere Partei. Mit gezielten Provokationen bekam die AfD Reichweite und Aufmerksamkeit, auch außerhalb von Facebook. Unvergessen ist auch, wie Beatrix von Storch „auf der Maus ausrutschte“ und dabei forderte, auf Frauen und Kinder an der Grenze zu schießen. Nun scheint diese Strategie nicht mehr zu zünden. „Die Grenze der Polarisierung ist erreicht“, erklärt Politikberater Martin Fuchs gegenüber mobilbranche.de. Die Aufmerksamkeit für das immer gleiche Muster an Provokationen nimmt ab. „Die AfD ist gefangen in ihrer eigenen Strategie“, meint Fuchs dazu. Auch die neueste Forcierung von Sponsered Posts half der Partei nicht aus dem Tief.

Mit Chatbots und Reddit in die Zukunft

Während die klassischen Parteien auf Facebook also auf sehr ähnliche Methoden setzen und die AfD mit ihrer Provokationsstrategie am Scheitern ist, gibt es auf Facebook auch einige interessante Entwicklungen für die Zukunft.

Für die CSU erklärt „Leo“ die Schönheit des Freistaats Bayern.

Mehr und mehr Parteien forcieren ihre Aktivitäten. Dabei setzen sie auch auf Chatbots wie „Leo“, der den Wählern erklärt, wie schön und erfolgreich Bayern dank der CSU sei. Politikberater Martin Fuchs erwartet, dass dieser Trend anhalten wird und Chatbots eine immer größere Rolle spielen werden.

Ein zweiter Trend sind Kanäle, die nicht direkt der Partei zuzurechnen sind. Im Frühjahr machte vor allem die Seite „Gottkanzler Schulz“ Furore, die über Reddit auf Facebook schwappte. Mit dem „Lindner-Express“ versuchten FDP-Anhänger das Konzept zu kopieren. Diese Seiten erreichen teils mehrere Tausend Fans, sind aber nicht klar einer Partei zuzurechnen. Die Herkunft der Postings ist also intransparent. Die Parteien können sie nicht unbedingt direkt kontrollieren. Dennoch sind sie nicht zu vernachlässigen, wie der kurzfristige „Schulz-Hype“ Anfang des Jahres gezeigt hat.

Fazit

Facebook dient den Parteien als Hauptwaffe im digitalen Wahlkampf. Hier erreichen sie die breite Masse der Menschen, bei guten Targeting-Möglichkeiten gerade im mobilen Bereich. Gleichzeitig ist der Kampf um Aufmerksamkeit hart. Die Parteien begegnen dem vor allem mit Livechats, Bildern und Videoformaten. Modelle der Zukunft sind Chatbots und unabhängige Fanpages.

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4 Antworten zu “Bundestagswahl 2017: So nutzen Parteien und Politiker Facebook.”

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