Der deutsche Markt für digitale Spiele wächst. 4,4 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr auf dem deutschen Markt für Computer- und Videospiele umgesetzt – das entspricht einem Plus von neun Prozent gegenüber dem Jahr 2017. Besonders stark zulegen konnte der Bereich „In-Game-Käufe“ mit nunmehr fast zwei Milliarden Euro Umsatz. Dagegen sind die Einnahmen aus dem Kauf von Spielen rückläufig.
Die kleinste aller Kaufoptionen eines Games nennt sich „Mikrotransaktion“ und ist längst zum Milliardengeschäft geworden. Anhand des Spiels Fortnite wird das Ausmaß deutlich: Im Mai 2018 schätzte SuperData, dass der monatliche Umsatz bei 318 Mio. Dollar liegt und das, obwohl die User nicht einen Cent für das Spiel zahlen müssen. Die Einnahmen stammen allein aus In-App-Käufen für rein kosmetische Features wie etwa neue Kostüme oder zusätzliche Herausforderungen. Es gibt eher soziale Anreize für Käufe, um Mitspielern einfach optisch zu zeigen, dass man kein Anfänger mehr ist. Alles nach dem Motto: Wer schön sein will, muss zahlen. Bei „Candy Crush“ kann man durch Geld = Zeit sparen. Hat man seine Leben verbraucht, muss man warten, ehe man weiterspielen darf, oder eben für eine neue Runde bezahlen.
Free-to-Play, aber Pay-to-Win
Die Spiele an sich sind kostenlos und können auch ohne weitere Ausgaben gespielt werden. Es begann unscheinbar im Jahr 2006, in der pittoresken Provinz Cyrodill auf dem Kontinent Tamriel: Eine schimmernde Pferderüstung wird unter dem Namen „Horse Armor Pack“ zum Kauf angeboten und von vielen Spielern des Fantasy-Rollenspiels „The Elder Scrolls IV: Oblivion“ als unnütz und teuer empfunden – und verkauft sich dennoch gut. Seitdem gibt es ein Dauerreizthema in der Spiele-Community.
Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der „Shitstorm“ rund um „Star Wars: Battlefront II“. Entscheidende Inhalte, wie zum Beispiel Spielfiguren, konnten nur mit Hilfe einer „Lootbox“ erworben werden; einer Kiste unbestimmten Inhalts, die mit Echt- oder Spielgeld gekauft werden musste. Nachdem eine Welle der Empörung über Entwickler „DICE“ und Publisher „Electronic Arts“ hereingebrochen war, ruderten die Unternehmen zurück und verbannten die kaufbaren Lootboxen aus dem Spiel. Auch von rechtlicher Seite werden Lootboxen kritisch betrachtet; in Belgien und den Niederlanden ist der umstrittene Mechanismus inzwischen verboten.
In einem kurzen Videobeitrag ist der MDR gemeinsam mit Professor Martin Geißler von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena und dem Gamer Josef Roth dem Phänomen nachgegangen – von seinen möglichen Ursprüngen über die absurdesten Auswüchse bis zu visionären Zukunftsprognosen. Man kann im Ergebnis nicht pauschal sagen, ob Mikrotransaktionen gut oder schlecht sind. Wenn Hersteller von ihren Entwicklern Mikrotransaktionen einfordern, mag das allerdings Auswirkungen auf die Kreativität und den Spielfluss haben.
Wer trägt die Verantwortung?
Apple will mit seinem Modell Apple Arcade neue Wege gehen. Das Angebot dürfte vor allem für Eltern interessant sein, denn Apple will die angebotenen Spiele von Hand kuratieren und so auch das Gewissen der Eltern beruhigen, in dem die Kinder nur hochwertige Spiele angeboten bekommen, die werbefrei und ohne Banner oder In-App-Käufe auskommen. Dafür wird vermutlich ein monatlicher Beitrag fällig, der bisher allerdings noch nicht bekannt ist (die meisten Medien gehen von rund zehn Euro monatlich aus).
Am Ende steht, wie in vielen anderen Bereichen des Lebens auch, die Frage, wer welche Verantwortung trägt. Es dürfte eine Mischung aus Herstellern, Anbietern & Plattformen sowie dem Kunden selbst sein, denn auch im realen Leben kaufen wir gerne Dinge, die nicht unbedingt nötig sind, aber unser Leben vereinfachen oder verschönern. Übrigens gibt es ja auch bei klassischen Brettspielen Erweiterungen zu kaufen, ohne das dies bisher in der Kritik stand. Wie so oft kommt es also auf Augenmaß und den gesunden Verstand an.
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