Wie Medien mit mobilen Inhalten ihre Nutzer begeistern und damit Geld verdienen: Darum ging es gestern Abend bei unserem 30. Mobilisten-Talk „Mobile Advertising & Publishing“ im Telefónica BASECAMP in Berlin. Experten von WELT Digital, Bento/Spiegel Online, Smaato, Taboola und wetter.com gaben dort interessante Antworten auf die Herausforderungen der Medienbranche im mobilen Zeitalter.
„Mobile ist heute schon das Schwarzbrot für Verlage“, sagte Lars Moll, General Manager bei WELT Digital. Mit über einer halben Million zahlenden Abonnenten für die digitalen Angebote BILD+ und WELT+ sei Axel Springer auf einem guten Weg, die enorme mobile Reichweite in ein relevantes Erlösmodell umzumünzen, sagte Moll. Das Erfolgsrezept von Axel Springer dabei: ein Mix aus Freemium- und Branding-Modellen. Insbesondere jüngere Verticals wie Noizz (hat 95% Mobile-Traffic!), Stylebook oder Techbook seien das ideale Umfeld für strategische Sponsoring-Partnerschaften wie etwa mit Erdinger Alkoholfrei. Neuestes Baby im Portofolio ist das kurz nach dem Mobilisten-Talk vorgestellte DIY-Portal myHomebook, bei dem Axel Springer die Baumarktkette OBI als Sponsor gewonnen hat. Mit einer Werbeagentur im eigenen Haus (Axel Springer Brand Studio) macht Axel Springer auch den Agenturen Konkurrenz und kreiert maßgeschneiderte Werbemodelle für Kunden.
Auch der Spiegel-Verlag sieht sich bei seiner mobilen Monetarisierungsstrategie (u.a. Spiegel Plus) auf einem guten Weg, wie Ole Reißmann vom Millennial-Portal Bento des Verlags sagte – ohne allerdings Zahlen zu nennen. Inhaltlich wertvolle native Werbeformen mit Mehrwert für den Leser unter Berücksichtigung der User Journey seien mittlerweile oftmals wertvoller als allzu harte Marketing-Teaser. Bento.de werde nicht nur als redaktionelles, sondern auch als technisches Experimentierfeld genutzt. Völlig neue journalistische Erzählformen bedürfe es aber nicht zwangsläufig, um junge Menschen an Journalismus oder Medienangebote heranzuführen. Eine zielgruppenspezifische Ansprache über Plattformen wie Snapchat, Instagram oder TikTok mit qualitativ hochwertigen, journalistisch Beiträgen ist laut Ole Reißmann schon eine gute Strategie. Doch auch solche Plattformen wie müssten den Verlagshäusern die Hand ausstrecken und bereit sein, Insights zu teilen und eine Marketing-Perspektive liefern. Facebook sei als Werbeumfeld für den Spiegel längst nicht mehr spannend: “Ich möchte nicht in einem Umfeld werben, wo es vor Fake News wimmelt und der Betreiber nichts dagegen tut.” Zugleich musste der Bento-Redaktionsleiter aber auch zugeben, dass oft weichere Themen die erfolgreichsten seien. Lokalzeitungen attestierte Reißmann Nachholbedarf: “Wie kann es sein, dass ich überregionale Medien und selbst US-Zeitungen abonniert habe, die Lokalzeitung meiner Heimatstadt aber nicht?” Große Reichweiten seien für die Monetarisierung existenziell, damit am Ende im Funnel zahlende Nutzer übrig blieben. Das gehe nur durch exklusiven oder qualitativen Content, insbesondere in der Nische. Den lieferten Regionalmedien für junge Menschen leider nicht immer.
Auch Empfehlungsdienstleister wie Taboola spielen im Zusammenhang mit Reichweiten, Klickzahlen und Werbeerlösen eine wichtige Rolle. Ausgeklügelte Algorithmen empfehlen angepasst an die Nutzervorlieben und Verhaltensmuster relevante Artikel und Werbeanzeigen. “Wir wollen das Feed-Prinzip auf Verlagsseiten bringen und besser machen”, so das Ziel von Taboola-Deutschlandchefin Tatjana Biallas. Über die Recommendation Engine von Taboola erhalten digitale Medien die Möglichkeit, unterhalb von redaktionellen Artikel verschiedene Empfehlungen zu platzieren, seien es weitere Artikel auf der eigenen Plattform, Hinweise auf Paid-Content-Angebote oder native Werbung.
Wie man mit Wetter-Unterhaltung Nutzer binden und am Ende des Tages auch Geld verdienen kann, erklärte wetter.com-COO Stefan Bornemann. wetter.com erzielt mit einem Mix aus guten, zuverlässigen Wettervorhersagen, Videos mit saisonalen Themen, Urlaubsempfehlungen oder Wettercams eine enorme Reichweite. “Mit Wettercams kommen wir bei bestimmten Anlässen wie dem Hamburger Hafenfest auf richtig ordentlich Reichweiten – natürlich nicht nur wegen des Wetters”, so Bornemann. Was die Monetarisierung angeht, so setzt wetter.com auf eine spannende Mischung: Einerseits bietet das Unternehmen aus der ProSiebenSat1-Gruppe für Werbekunden besonders spannende Targeting-Optionen in Hinblick auf Standort und Wetter und ermöglicht Kunden z.B., passgenau nur an Orten zu werben, wo gerade “Eiscremewetter” oder “Reifenwechselwetter” ist. Umgekehrt sei aber auch ein großer Teil der Nutzer dazu bereit, für eine werbefreie wetter.com-App 5,99 Euro pro Jahr zu bezahlen.
Bereits vor der Podiumsdiskussion hatte Freddy Friedman von Smaato den Besuchern des Mobilisten-Talks das Thema Header-Bidding für In-App-Werbung in einer Keynote vorgestellt. Diese Technologie gab es lange nur für Websites, aber eben nicht für Apps. Publishern bietet Header-Bidding die Chance auf höhere Werbeerlöse, weil bei diesem Auktionsverfahren u.a. mehr Angebote berücksichtigt werden können als beim bislang üblichen Waterfall-Auktionsprinzip.
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