Kaum 24 Stunden ist es her, dass Apple Pay gestern auch in Deutschland gestartet ist. Seitdem überschlagen sich Unternehmen, Medien und Social Networks mit Berichten über Apple Pay. Wir fassen die wichtigsten Reaktionen zusammen, die von unwissenden Kassierern bis hin zur jammernden Sparkassen-Finanzgruppe reichen.
Viele Stimmen auf Twitter freuen sich über den Deutschlandstart und dokumentieren dies als nahezu historischen Moment, wie etwa stern.de-Redakteur Christoph Fröhlich, der dort schreibt:
Darauf antworteten ihm prompt andere Nutzer und schrieben beispielsweise „bei mir wars ein Ticket am Bahnautomaten“ oder „eine Flasche Wasser im Rewe. Nein zwei. Einmal mit iPhone, einmal mit Watch. Nur um sicher zu gehen“.
Kassierer kennen Apple Pay nicht
Leider wissen aber offenbar noch längst nicht alle Kassenkräfte in Deutschland, dass ihre Kassen auch Apple Pay unterstützen. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich nämlich nur ein Kontaktlos-Terminal sowie Kreditkartenakzeptanz, was in Deutschland zumindest bei Filialisten mittlerweile fast flächendeckend vorhanden ist. Doch Focus Online schreibt allen ernstes einen Artikel mit der Headline Der große Apple-Pay-Flop: Zum Start in Deutschland ist niemand vorbereitet. Darin heißt es u.a.: „Selbst bei der Modekette H&M ist Apple Pay trotz Deutschland-Starts noch kein Thema. Kunden können hier weiterhin bargeldlos nur mit Karte bezahlen, wie eine Kassiererin einer Münchner Filiale sagt.“ Doch dabei muss es sich um eine Fake News handeln und die Kassiererin war wohl einfach nicht informiert. Schließlich wird H&M als einer der offiziellen Partner von Apple Pay auf dessen Website aufgeführt.
„Es ist wie so oft: Die Händler führen neue Technik ein, schulen aber ihre Mitarbeiter nicht. Und wundern sich dann, dass die Kunden verärgert sind“, kommentiert Florian Kolf vom „Handelsblatt“ auf Twitter. Genauso heißt es in dem Focus-Online-Artikel, dass man nicht im Hofbräuhaus mit Apple Pay zahlen könne. Auch dabei handelt es sich offenbar um Unwissen: „Ich bin heute durch München gezogen und habe eine Apple-Pay-Spur hinter mir hergezogen. Händler ‚bieten‘ kein Apple Pay an, sondern kontaktloses Bezahlen. Es gibt nichts, was man als Händler tun müsste – außer ein Terminal zu besitzen. Im Hofbräuhaus kann man mit Apple Pay zahlen, sollte aber besser woanders essen“, so t3n-Reporter Jochen G. Fuchs auf Twitter.
Das ganze erinnert mich an meinen durchaus fortschrittlichen Bäcker, wo ich neulich mit Google Pay zahlte. Die Verkäuferin meinte noch zu mir: „Mit Handy geht nicht – nicht dass ich Ärger mit meinem Chef bekomme“. Doch ehe sie sich versah, hatte ich problemlos mit Google Pay am Kontaktlos-Terminal des Bäckers gezahlt. „Sie sind der erste, der jemals bei mir mit Handy gezahlt hat“, sagte die Verkäuferin dann erstaunt.
Sparkassen fordern NFC-Freigabe für andere Apps
Die Liste der Partnerbanken von Apple Pay ist bekanntlich jedoch noch recht kurz, so dass den Service auch noch längst nicht alle Kunden nutzen können. Und die Sparkassen-Finanzgruppe, seit Sommer mit einer eigenen Android-App für Mobile Payment am Start, ließ sich gestern zu einer bösen Pressemitteilung hinreißen. Darin heißt es:
Das jüngst gestartete „Apple Pay“ steht dagegen nur einem sehr engen Nutzerkreis teilnehmender Banken zur Verfügung. Der Grund dafür ist, dass Apple seine NFC-Schnittstelle nicht für andere Anbieter öffnet und auch die im Handel beliebte und bei Kunden weit verbreitete girocard bisher nicht als Zahlungsmittel integriert hat. Aus Sicht der Sparkassen ist aber genau das Voraussetzung dafür, dass sich mobile Bezahllösungen in Deutschland durchsetzen können.
Die Sparkassen-Finanzgruppe führt Gespräche mit Apple darüber, ob und wie das mobile Bezahlen auch für Nutzer von Apple-Endgeräten bereitgestellt werden kann. Um die Weiterentwicklung mobiler Zahlungslösungen hierzulande nicht zu bremsen, sollte Apple den Industriestandard NFC an seinen Endgeräten zu angemessenen Konditionen nicht nur für die eigene Lösung, sondern auch für Dritte öffnen. Denn auch die NFC-Technologie der Kartenzahlungsinfrastruktur im Einzelhandel steht allen Anbietern zur Verfügung. Letztendlich sollten Smartphone-Zahlungen auf allen Endgeräten möglich sein, ohne technische Hürden und Restriktionen, damit Kunden problemlos die für sie passende Lösung auswählen können.
Zwar kann man der Sparkasse grundsätzlich zustimmen, dass die Beschränkung der NFC-Schnittstelle des iPhones auf Apple Pay wettbewerbsrechtlich bedenklich ist. Womöglich muss sich die EU-Kommission diesem Thema widmen, denn genau das sind die Herausforderungen einer Plattformökonomie: Welche Teile des Ökosystems muss ein marktbeherrschender Player für andere Unternehmen öffnen? In Australien sind einige Banken mit einer entsprechenden Klage gegen Apple zwar gescheitert, doch die EU könnte das anders sehen.“Ich persönlich glaube, dass Apple in diesem Fall eher das Angebot Apple Pay in der EU einstellt, als die Schnittstelle zu öffnen“, meint Payment-Experte Thomas Willenbrink auf Twitter.
„Im Umkehrschluß bedeutet das: Der Kunde muß entweder warten bis Apple sich bewegt (sehr unwahrscheinlich) oder die Sparkassen sich auf EU-Ebene in einem mehrjährigen Kartellverfahren eventuell durchsetzen (eventuell möglich). Wenn zwei sich streiten freut sich ein Dritter und die möglichen Dritten sind die Fistmover bei Apple Pay“, so FinTech-Experte Jochen Siegert auf paymentandbanking.com.
Kundenfreundlich ist diese harte Haltung der Sparkassen wirklich nicht – und entsprechend gibt’s nun nicht nur von Experten, sondern auch via Social Media reichlich Prügel (wie schon im Sommer bei der Einführung von Google Pay, wo die Sparkassen ebenfalls nicht an Bord sind). Einige Kostproben von Twitter:
https://twitter.com/nszombie/status/1072818886528196608
Lesetipps
Lesen Sie zum Thema auch folgende Beiträge bei uns:
- 28. Mobilisten-Talk: „Das Bezahlen wird unsichtbar werden“.
- „Die Kundenreise gehört in die Payment-App der Bank“: Interview mit Bluecode-Boss Christian Pirkner.
- Mobile Payment: Meine ersten 14 Tage mit Google Pay.
– Anzeige –
Mit Apple Pay tritt nach Google Pay ein weiterer großer Player in den deutschen Mobile Payment-Markt. Das größte deutsche Bonusprogramm PAYBACK startete seine mobile Bezahllösung im Sommer 2016. Wie der PAY-Marktführer den Markteintritt bewertet, worauf es bei einer erfolgreichen mobilen Bezahllösung ankommt und warum letztlich alle Anbieter Insellösungen bieten, lesen Sie hier.
2 Antworten zu “Apple Pay: Reaktionen und Verwirrung zum Deutschlandstart.”
[…] werde man dies aber „sehr ernst“ nehmen und sich das Thema wohl erneut ansehen. Derzeit monieren v.a. die Sparkassen, dass sie NFC nicht für eine eigene Payment-App auf dem iPhone nutzen können. […]
[…] Pay schlägt auch eine Woche nach dem Deutschlandstart noch hohe Wellen: Handelsjournalist Hanno Bender kritisiert den Bezahldienst als digitale […]