Starcom Monthly #4: Drei Trends für Messaging Apps in Deutschland 2017.

StarcomDeutschlands Marken stehen unmittelbar davor, in eine neue Sphäre der digitalen Kommunikation einzutreten. 2017 werden sie mehr als je zuvor auf Messaging Apps wie WhatsApp, Facebook Messenger und Snapchat erste Marketing-Projekte realisieren. Johannes Lenz analysiert in unserem Starcom Monthly #4 die Trends in dem Bereich für das kommende Jahr.

Das Potenzial für Unternehmen ist groß, etwa um Kosten im Servicebereich zu verringern. (Chat-)Bots und erste Ansätze Richtung künstlicher Intelligenz (AI) werden zum Einsatz kommen. Die Zeit, die Nutzer mit Social und Messaging Apps verwenden, ist im vergangenen Jahr um sagenhafte 394 Prozent gestiegen, zeigt eine Studie von Flurry. Es wird 2017 noch deutlicher zutage treten, dass Marken auf relevanten Mobile Messaging Apps vertreten sein müssen, um an einem der wichtigsten Touchpoints im Rahmen der Customer Journey ihre (künftigen) Kunden aktiv begleiten zu können.

Trend 1: Facebook Messenger ist für Marken die Nummer 1 in Deutschland!

Infografik von Business Intelligence zu Messenger Apps
Infografik von Business Intelligence zu Messenger Apps

Der weltweite Messenger Markt ist stark fragmentiert, zeigt auch der Messaging-Report von BI Intelligence. Zwar gibt es mit WhatsApp, Facebook Messenger, WeChat oder LINE global erfolgreich agierende Messenger, dennoch gibt es regionale Spezifika. In Deutschland finden wir im Messenger-Markt derzeit folgende Nutzungssituation vor: WhatsApp wird von nahezu allen Altersgruppen in der Bevölkerung wie selbstverständlich genutzt, um miteinander nichtöffentlich zu kommunizieren. Das geht unter anderem aus dem Social Media Kompass 2016 hervor. Der Facebook Messenger kann inzwischen auch ohne Facebook Account genutzt werden. Nicht jeder, der einen Facebook Account sein eigen nennt, hat aber auch den Facebook Messenger aktiviert und umgekehrt. Andererseits gibt es derzeit weit und breit keinen anderen Messenger mit kritischer Masse hierzulande, der annährend so konsequent in Sachen Marketing ausgebaut wird wie der von Facebook. Die Top 3 der Messenger in Deutschland komplettiert Snapchat, dem nach wie vor sein Ruf vorauseilt, eine Art „Black Box für Erwachsene“ zu sein. Bedeutet das, dass der kleine Geist nach wie vor das Paradies für die Jüngeren und Junggebliebenen ist? Unsinn! Snapchat wird allgemein und speziell in Deutschland mehr und mehr von den Altersgruppen jenseits der 25 genutzt. Unangefochten an der Spitze der Download-Charts von Apples App und Googles Play Store standen im November 2016 in Deutschland der Reihe nach WhatsApp, Facebook Messenger und Facebook. Platz vier belegt Snapchat. Platz 6 belegt mit Instagram eine weitere App aus dem Hause Facebook. Das unterstreicht einmal mehr den Einfluss, den Facebook mit seinem App-Ökosystem in Deutschland besitzt. Insgesamt betrachtet hat der Facebook Messenger 2017 die besten Chancen, den (Marketing-) Mainstream in Deutschland zu erobern.

Trend 2: Facebook Messenger wird das El Dorado für Branded (Chat-)Bots

„Facebook Messenger wird immer spannender als eigenständiges Ecosystem, vor allem durch die Messenger Commerce Entwicklungen, die (Chat-)Bots und die Gamification Erweiterungen. Und somit auch relevant für Werbetreibende sowie Commerce Unternehmen“, meint Simon Harlinghausen, CEO von akom360 und EMEA Business Transformation Lead Publicis Media. In dem Maße, wie das Marketing und damit die Werbung in welcher Form auch immer auf dem Facebook Messenger Einzug hält, werden auch mehr und mehr Nutzer für die Plattform Interesse signalisieren und sie nutzen. Die spannende Frage für Marken ist, welcher Messenger in der Lage ist, 2017 eine geeignete Infrastruktur für das Marketing darzustellen. Aktuell besitzt der Facebook Messenger die besten Chancen, die Marketingabteilungen der großen und kleinen Unternehmen in Deutschland zu erreichen. Schon jetzt ist klar, welche Branchen Chatbots als vorteilhaft betrachten werden. Der Handel (Retail) beispielsweise weiß um die Vorteile eines halbwegs automatisierten Verkaufsgesprächs für Kunden, die zwischendurch bzw. unterwegs mobil einkaufen und beraten werden wollen.

Tommy Hilfiger Chatbot
Chatbot von Tommy Hilfiger im Praxistest

Beispiel Tommy Hilfiger: Passend zur aktuellen Kollektion hat das bekannte Fashion Label Tommy Hilfiger einen Chatbot realisiert, der schon recht weit ist und auch auf Aussagen eine passende Antwort hat, die gar nichts mit dem Auswahl-und Kaufprozess zu tun haben. Allerdings muss man sich vergegenwärtigen, dass ein Bot, der im Rahmen des Abverkaufs und speziell für Kleidung eingesetzt wird, eine andere vorgefasste Dialogmechanik besitzt als etwa ein „Wetter-Bot“, ein „News-Bot“ oder ein „Rezepte-Bot“. Wenn wir über Chatbots sprechen, denken wir zuallererst an große Marken, die diese neue Technologie für sich einsetzen und damit versuchen, Beratung, eCommerce oder Service zu automatisieren.

Aus Mediasicht noch interessanter sind jedoch Verlage, Medienhäuser und Publisher, die zum Beispiel mit dem Facebook Messenger gezielt und personalisiert Informationen bereitstellen und sich damit einen neuen Distributionsweg erschließen. Beispielsweise experimentiert der britische Guardian mit News aus verschiedenen Fußball-Ligen oder CNN mit News-Häppchen zu selbst wählbaren Themen. „Über kurz oder lang erwarten wir hier auch interessante weil personalisierte und interessenbasierte Werbeformate“, meint Boris Meixner, Client Service Director Digital bei Starcom Germany. Je nach Produkt bzw. Dienstleistung unterscheiden sich die Fertigkeiten der Chatbots zum Teil enorm. Vier Perspektiven sind für die Realisierung eines Chatbots unerlässlich:

  1. Das Ziel des „Assistenten für unterwegs“ muss klar umrissen sein.
  2. Bei der Bestimmung der Fertigkeiten eines Chatbots muss die Perspektive der Kunden und Nutzer über allem stehen.
  3. Von Beginn an muss der Entwicklungsprozess auf einem Multi-Plattform-Ansatz ausgerichtet werden.
  4. Was ist der Business bzw. Use Case des Chatbots?

Die Fokussierung auf die Kundenperspektive sowie das Verhindern eines Chatbots zum Selbstzweck sind elementare Aspekte der Strategie. Wieso das alles jetzt ausgerechnet auf dem Facebook Messenger stattfinden soll? Ganz einfach: Kein anderer Messenger bietet Marken in Deutschland mittlerweile so viele Optionen, was etwa 3rd Party Bot-Plattformen bzw. Entwickler betrifft. Anbieter und Plattformen wie z.B. Chatfuel, wit.ai oder recast ermöglichen es „Nicht-Entwicklern“, einfache Botstrukturen für den Facebook Messenger aufzusetzen. Geschätzte 30 bis 40.000 (Chat-) Bots gibt es aktuell auf dem Facebook Messenger. Dienstleister wie Chatfuel werden ihren Teil dazu beigetragen haben. Das Gute an diesen Drittanbietern: Sie sind Spielfelder, auf welchen sich Entwickler und „Bot-Aficionados“ austoben können. Vor allem aber dient diese Spielwiese dem Verstehen und Erkunden der eigenen Ziele.

Trend 3: Snapchat und Marken – Der Dornröschenschlaf findet ein Ende!

Was ist eigentlich mit Snapchat in Deutschland los? Es wirkt, als wäre in Deutschland der Dornröschenschlaf über Snapchat hereingebrochen, wohlgemerkt, was die Beziehung zwischen Marken und der anfangs als „Ephemeral Messenger“ bezeichneten App angeht. Der PR-Hype ist vorbei, das ist klar. Und seien wir mal ehrlich: Ob Marken auf Snapchat aktiv sind oder nicht, wen schert das schon? Denn, es sehen im Gegensatz zu den traditionellen Social Media Plattformen nur mehr die Follower, die die Marke auch irgendwann mal geadded haben. Alle anderen sind raus. Unwillkürlich fühlt man sich an die folgenden Zeilen aus dem Ärzte-Hit „Westerland“ erinnert: „Es ist zwar etwas teurer, dafür ist man unter sich. Und ich weiß, jeder Zweite hier ist genauso blöd wie ich.“ Selbstverständlich ist das auch mit einem zwinkernden Auge zu verstehen. Denn: Snapchat ist nach wie vor populär unter den Usern, gerade auch wegen seiner Art, anders zu sein als Facebook & Co. Und es ist „sexy“. Kein Argument? Dann hilft ein Blick in die USA: Dort werden die „Spectacles“ (Sonnenbrille mit Snap-Funktion) nach und nach in Coca-Cola ähnlichen Automaten präsentiert…

International hat Snapchat 2016 ein regelrechtes Feuerwerk der Neuigkeiten über sich selbst abgefeuert. „From major changes to the app itself, to a new advertising platform, to Spectacles, to a company rebrand (hello, Snap!), and an IPO on the horizon, looking back at 2016, it’s clear that Evan Spiegel showed the world a company that’s a force to be reckoned with — along with some hints as to what to expect from Snap in the year ahead“, meint Mashable-Autorin Karissa Bell. Snap, so der neue Name der Company, hat bisher durchgehalten – allen Kopien und Annäherungsversuchen der Konkurrenz zum Trotz.

Snapchat Geofilter
Noch mangelt es in Deutschland an Geofiltern von Snapchat

Und in Deutschland? Nicht dass Geo-Filter auf einmal der letzte Schrei sind, aber man würde es dann doch gerne mal spontan ausprobieren. Für Städte usw. gibt es schon ein paar Geo-Filter in der Republik. Neben den Marken, die in ihrer Gesamtheit doch eher zögerlich sind, sieht man vor allem Menschen auf Snapchat, die dort ihr Leben und ihre Gedanken nah und direkt mitteilen. Manche von ihnen gründen wie in Berlin und München auch einen Stammtisch, organisieren sich dann aber doch lieber via Facebook. Filter, Stories, Linsen, Sticker, Video Calls kennt man inzwischen von anderen Messengern auch. Was also zieht die Menschen, noch etwas mehr die Jungen als die Älteren, so magisch an? Vielleicht ist es eben die Mischung aus allem. Zuerst und richtig bekannt gemacht hat Snapchat ja das Verschwinden der Inhalte nach einer gewissen Zeit (max. 24 Std.). Mit dem Feature „Memories“ ist das 2016 ad acta gelegt worden. Andererseits ist Snapchat das Original. (Noch) ist nicht jeder dort, es ist anders zu bedienen als die üblichen Verdächtigen. Man sieht nur diejenigen seiner Follower in der Timeline, die zuletzt gesnapped haben. Snapchat hat die vertikalen Kurz-Videos populär gemacht. Inzwischen hat diese Format auch auf anderen Kanälen an Akzeptanz gewonnen. Insgesamt wirkt Snapchat aber weiterhin außen vor und will sich nur langsam an den Mainstream gewöhnen. Der bisherige Erfolg gibt dem kleinen Geist Recht. Zuletzt hat man eine Search Bar angekündigt, die es den (neuen) Nutzern leichter machen soll, andere Nutzer, Freunde oder Marken zu finden. Ein weiteres Indiz für die Öffnung des Dienstes.

Snapchats Börsengang wird Marken helfen und Nutzer verärgern

Das bedeutet zugleich, das der kleine Geist nach und nach von seinem Erschreckungspotenzial verliert, weil man schließlich Nutzer, Nutzer und nochmal Nutzer braucht, um zu wachsen und weiterhin attraktiv für Werbetreibende zu bleiben. Auch für Deutschland wird es 2017 einen Schub geben. Ausgehend vom für das erste Quartal anvisierten Börsengang darf man erwarten, dass Snapchat marketingtechnisch jetzt eine Stufe hochschalten wird, da es Geld verdienen muss. Das wiederum wird Marken mehr als zuvor den Weg bereiten, aber Nutzer wahrscheinlich verärgern. Aber nur ein bisschen, wie es auch bei anderen Kanälen der Fall war.

Das Fazit für 2017 könnte demnach lauten: Der Facebook Messenger dominiert deutsche Marketingabteilungen, während Snapchat einen Gang höher schaltet: vom Dornröschenschlaf in die Geisterstunde!

Tl;dr

  1. Mehr Marken werden Chatbots für ihr Marketing in 2017 in Deutschland nutzen.
  2. Vor allem der Facebook Messenger wird im Fokus des Messaging-Marketings der Unternehmen stehen.
  3. Snapchat und Marken in Deutschland: Nach dem Dornröschenschlaf kommt jetzt langsam aber sicher die Geisterstunde!

JOhannes LenzÜber den Autor

Johannes Lenz ist Corporate Blogger bei akom360 und verantwortlich für die strategische Social Web Kommunikation der Digitalagentur. Seit August 2015 ist er auch für die Themen Corporate Communications/Social Media bei Starcom Germany mitverantwortlich.

Lesen Sie auch die vorherigen Beiträge aus der Reihe Starcom Monthly:

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2 Antworten zu “Starcom Monthly #4: Drei Trends für Messaging Apps in Deutschland 2017.”

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