Ein Schreibprogramm, das Leben verändert: „Ulysses“ gewinnt Apple Design Award.

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Soulmen-Mitgründer Max Seelemann

Sie ist nicht da. Der Platz in der Vitrine, wo die gerade gewonnene Trophäe stehen sollte, ist leer. Marcus Fehn, Mitgründer der Leipziger Software-Firma „The Soulmen“,  hat den Apple Design Award, den sie für ihr Schreibprogramm „Ulysses“ erhalten haben, vermutlich mal kurz mit in in seinen Wohnort Hamburg genommen. Der zweite Gründer und Firmen-Namenspate, Max Seelemann, war schon 2007 das erste Mal auf der Apple-Konferenz WWDC – in diesem Jahr ist endlich der große Triumph gelungen. „Es ist ein großer Traum, der in Erfüllung geht. Es ist natürlich auch Glück, aber es steckt auch unfassbar viel Arbeit dahinter.“ Rund anderthalb Jahre haben sie an der letzten Version gearbeitet.

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Die Kurve zeigt die Verkaufszahlen von Ulysses: Nach dem Gewinn des Apple Design Awards geht es steil nach oben.

Mit dem Schreibprogramm „Ulysses“ (deutsch „Odysseus“) sollen Autoren aller Art unkompliziert und effektiv ihre Texte fertigen können. In Deutschland arbeitet u.a. der Drehbuchautor Murmel Clausen (u.a. „Der Schuh des Manitu“, Tatort) damit. Aber was unterscheidet das preisgekrönte Programm denn nun von dem gehassliebten Word und Co? Laut Seelemann vereint die Software einige Punkte, die es auch bei der Konkurrenz gibt, nur dort eben vereinzelt. Auf der aufgeräumten Benutzeroberfläche sollen sich die Schreiber ganz auf den Text konzentrieren können und durch die übersichtliche Organisationsstruktur kann man z.B. Romane zerlegen in Charakterbeschreibungen, Quellen, Kommentare etc. Außerdem ermöglicht „Ulysses“ den einfachen Export für verschiedene Ziele, z.B. auf die vor allem für US-Autoren wichtige Plattform medium.com. Und „Ulysses“ synchronisiert das Werk des Nutzers, egal ob auf Mac, iPhone oder iPad. „Die Leute arbeiten ja ständig daran“, erklärt Seelemann. „Wir haben hier wirklich täglich E-Mails von Leuten bekommen, die meinten ‚Das hat mein Leben verändert‘. Ich fands das erst selbst ein bisschen cheesy, aber klar, wer beruflich schreibt und acht Stunden täglich am Laptop sitzt, braucht ein anständiges Werkzeug. Es ist aber für uns auch eine krasse Verantwortung.“

„Wir haben täglich E-Mails von Leuten bekommen, die meinten ‚Das hat mein Leben verändert‘.“

„Ulysses“ hat auch das Leben von Max und Marcus verändert. Die beiden Gründer haben sich vor rund 15 Jahren durch eine Mailingliste kennengelernt. Fehn, damals 30 Jahre alt und Grafiker in einer Werbeagentur, wollte zu der Zeit einen Roman schreiben, war unzufrieden ,weil er kein passendes Programm fand, und hatte schließlich selbst die zündende Idee. Er suchte einen Programmierer – und fand den damals 15-jährigen Seelemann. Am 1. Juli 2003 startete dann die allererste Version von „Ulysses“. Die gemeinsame Firma haben die beiden erst 2011 gegründet, zwischenzeitlich hat Seelemann als Jahrgangsbester sein Informatik-Studium an der TU Dresden beendet und Fehn u.a. eine Familie gegründet.

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Goldig: Die Büroräume der Software-Firma „The Soulmen“, den „Ulysses“-Machern.

Dann startete Apple Anfang 2011 seinen Mac App Store. Als die beiden Gründer „Ulysses“ dort einstellten, gab es einen Verkaufsschub – die Idee und Motivation zur eigenen Firma war geboren. „Wir haben in 3 Wochen da so viel verkauft, wie vorher in 6 Monaten“, erzählt der heute 29-jährige Seelemann. Mittlerweile sind die Nutzerzahlen im fünfstelligen Bereich, die meisten davon aus den USA, danach China und Deutschland. „Ulysses“ haben die beiden rund 10 Jahre nach der ersten Version komplett neu überarbeitet. Dabei haben die „Soulmen“ auch weniger selige Zeiten durchgemacht: „Das 2. und 3. Firmenjahr war das härteste. Wir haben monatelang 60-Stunden-Wochen ohne Wochenenden gehabt und irgendwann ist die Energie und das Geld alle.“ Quasi die dunkle Seite des Programmnamens. Doch sie – und auch die Eltern, die damals Geld leihen – haben stets an die Idee des Schreib-Programms geglaubt.

„Wir haben monatelang 60-Stunden-Wochen ohne Wochenenden gehabt und irgendwann ist die Energie und das Geld alle.“

Heute haben sie acht Angestellte und suchen weitere Mitarbeiter für ihr Büro in Leipzig. Der Apple Design Award hat neben den Verkäufen natürlich auch die Medien-Aufmerksamkeit gesteigert. Außerdem schickt Apple als Preis auch noch ein Sortiment an Geräten. Die könnten helfen, „Ulysses“ auch weiterhin zu verbessern. Die Entwickler wollen das Programm künftig vor allem für wissenschaftliches Arbeiten, aber auch z.B. das Drehbuchschreiben und den Export zu WordPress weiter optimieren. „Vom Gefühl her sind wir noch lange nicht fertig“, beschreibt Seelemann. In der Vitrine ist ja auch noch genug Platz.

Ulysses im App Store

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