Apple Pay & Co kommen: Bleibt da noch Platz für andere Mobile-Payment-Anbieter?

Apple Pay im Einsatz
Apple Pay im Einsatz

Das “Rat Pack” der FinTech-Branche meldet sich wieder zu Wort. Nachdem unsere Experten beim letzten Mal die Chancen von paydirekt (also dem geplante Online-Bezahldienst deutscher Banken und Sparkassen) beleuchtet haben, kommentieren André M. Bajorat, Maik Klotz, Rafael Otero, Jochen Siegert und Kilian Thalhammer dieses Mal, welche Chancen Mobile-Payment-Anbieter heute noch haben. Der Anlass: Nach anfänglicher Euphorie sind die ersten Startups wieder von der Bildfläche verschwunden. Parallel dazu bringen die „Großen“ ihre eigenen Bezahldienste in Stellung.

Der Hype um Mobile Payment flacht seit einigen Monaten ab. Ernüchterung ist eingetreten und die Lösungsanbieter mobiler Bezahlverfahren mussten sich eingestehen, dass mobiles Bezahlen alleine kein Problem löst. Das nun ausgerechnet Apple, Google und auch Samsung das Thema Mobile Payment besetzen, war nicht überraschend. Überraschend mag nur die Art und Weise gewesen sein – und das ist typisch für Apple- und Google: sehr nutzerorientiert. Der Hauptunterschied ist aber der Paradigmenwechsel, weg vom Produkt “Mobile Payment” und hin zur Funktion. Während die meisten Anbieter mobiler Bezahlverfahren noch Mehrwerte um Mobile Payment herum suchen, ist es genau umgekehrt. Mobile Payment kann ein Mehrwert sein. So wie Apple Pay ein Mehrwert des iPhone oder der Apple Watch ist. Ob dieser Weg erfolgreich ist, wird sich noch herausstellen.

Paymey
Paymey

Das hilft aber den seit Jahren um Anerkennung und Marktanteile kämpfenden Unternehmen nicht. Dort hat jetzt das Artensterben begonnen. Investorengelder bleiben aus. In der Konsequenz fangen Startups aus dem FinTech-Bereich mit Fokus auf Mobile Payment an zu straucheln. SQWALLET oder Paymey haben den Dienst bereits eingestellt, andere Anbieter wie Yapital stehen zum Verkauf. Was ist schief gelaufen und welche Chancen haben die Unternehmen, die noch im Mobile-Payment-Markt aktiv sind? Wir haben das Rat Pack der Finanzbranche gefragt:

 

André M. Bajorat

André M. Bajorat

Mobile Payment ist kein Produkt, sondern Teil eines Angebotes.
Nur wer ein sehr klares und eingeschränktes Angebot hat, wie zum Beispiel mytaxi oder Starbucks, oder für sein breiteres Angebot einen großen und bekannten Partner für die Abrechnung wie PayPal oder Stripe braucht, wird überleben.

André M. Bajorat ist Unternehmer, Berater, Speaker, Business-Angel und Mentor im deutschen Startup- und FinTech-Umfeld aktiv. Aktuell ist er als CEO bei figo.io, Partner bei KI-Finance sowie im Advisoryboard von FinLeap und Cringle aktiv. Twitter: @ambajorat

Maik Klotz

Maik Klotz
Maik Klotz

Der Versuch aus einem vergleichsweise langweiligen Prozess, dem Bezahlvorgang an der Kasse, ein eigenständiges Produkt zu machen, konnte nicht funktionieren. Konsumenten bezahlen aber nicht nur an der Kasse. Sie bezahlen auch Rechnungen, Schulden an Freunde oder den Pizza-Lieferdienst. Kurzum: Es gibt mehr Anwendungsfälle als nur die Kasse im Handel. Nicht immer bietet es sich an, etwas mit Karte oder Apple bzw. Android Pay zu bezahlen. Eine Nische muss nichts Schlechtes sein. Im Gegenteil. Wenn nicht schon zu spät, sollten die Lösungsanbieter Tabula Rasa machen und sich einen Bereich suchen, wo sie der Bezeichnung “Lösungsanbieter” gerecht werden und auch eine Lösung anbieten, für das ein Problem existiert.

Maik Klotz ist Autor und Speaker zu den Themen Mobile, Banking und Payment. Aktuell arbeitet Maik als Head of Business Development im Bereich Mobile Loyalty bei der valuephone GmbH. Sein Fokus liegt auf dem Anwender. Twitter: @klotzbrocken

SQWallet
SQ Wallet

Rafael Otero

Rafael Otero
Rafael Otero

Mobile Payment als „neues Verfahren“ ist ein zweiseitiger Markt, der von Netzwerkeffekten lebt. Um Netzwerkeffekte zu erzielen, benötigt es wiederum lokale Dichte. Diese erzielt man am einfachsten in einer Nische oder in einem Closed-Loop, wie zum Beispiel bei Starbucks. Generalistische Mobile Payment Angebote haben es daher schwer, signifikant zu werden. Dazu kommt, dass ein neues Angebot „mehr“ bieten muss, um die Nutzung anzufeuern. Das Angebot muss entweder schneller, bequemer oder einen besseren Service bieten. All das gibt es beim Mobile Payment heute nicht.

Rafael Otero ist Co-Founder und CTO bei der payleven Holding GmbH. Rafael ist Mentor für technisch begabte Talente sowie Internetunternehmer und agiert als Business Angel für Technologie-Startups. Twitter: @rotero

Jochen Siegert

Jochen Siegert
Jochen Siegert

Zahlungsverkehr ist ein Netzwerk-Markt, das heisst nur einige wenige Anbieter dominieren das Angebot und daher war von Anfang an klar, dass die Vielzahl der Mobile Payment Verfahren sich nicht halten wird. Kein Anbieter, selbst PayPal mit QR-Shopping, konnte im Mobile Payment am POS bislang in Deutschland skalieren. Noch schlimmer: Oftmals bleibt die Antwort schuldig warum der Otto-Normal-Verbraucher von der effizienten (NFC)-Karte und Bargeld nun wirklich auf „Mobile“ wechseln sollten, welches wirkliche Kundenproblem dabei gelöst wird und man sich dafür auch noch zusätzlich aufwändig registrieren soll. Kuriosität am Rande: Mobile Commerce und somit Online- und In-App Payment durch mobile Endgeräte initiiert boomt dagegen, wird aber von nur ganz wenigen Payment-Verfahren gut gelöst. Viel zu oft sieht man immer noch Zahlungsseiten die nicht für die mobilen Screens optimiert wurde, obwohl je nach Online-Shop 30-50% des Shopping Volumens von genau diesen Endgeräten kommt. Haben wir ein Fokusproblem der Anbieter im Zahlungsverkehr?

Jochen Siegert ist Vorstand/COO des B2B Payment-FinTechs Traxpay AG.  Er schaut zurück auf 15 Jahren Erfahrung im Zahlungsverkehr und begleitete in diesen Jahren Führungspositionen bei Unternehmen die sämtliche Seiten einer Zahlungstransaktion abdecken: Zahlverfahren (PayPal EMEA, MasterCard Europe), Bank/Kartenherausgeber (KarstadtQuelle Bank) und Onlinehandel (Bigpoint). Er ist im Advisoryboard bei FinLeap und Figo aktiv Twitter: @jochensiegert

Kilian Thalhammer

kilian thalhammer
Kilian Thalhammer

Mobile Payment hat nur in der Nische in Kombination mit einem wirklichen Mehrwert Erfolg. Neben den Klassikern wie Uber, Starbucks oder myTaxi kann eine interessante Nische im Bereich des Ticketing und ÖPNV sein. Alle anderen Bereiche werden die „Großen“ abgreifen, allen voran Apple, Paypal und Co. Vielleicht findet sich noch jemand, der den Konsolidierungsprozess aktiv gestalten will, um aus den vielen Ansätzen einen gemeinsamen zu machen. Dann gibt es eine Chance auf kritische Masse, aber auch keine Garantie auf Erfolg. Dieser Weg ist aber mehr als steinig.

Kilian Thalhammer ist seit mehr als 10 Jahren im Bereich Payment/ FinTech/ eCommerce & Loyalty unterwegs. Nach seiner Rolle als Director Solutions für die Schweizerische Post, war CPO bei RatePay (Otto Gruppe) und Geschäftsführer bei PAYMILL (Rocket Internet). Im Moment ist er im FinTech Umfeld als Berater aktiv. Kilian bei LinkedIn.

Das “Rat Pack” trifft sich regelmäßig, um über die aktuellen Entwicklungen in der FinTech-Branche zu diskutieren. (Beitragsbild: shutterstock.com)

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3 Antworten zu “Apple Pay & Co kommen: Bleibt da noch Platz für andere Mobile-Payment-Anbieter?”

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