Interview mit YuMe-Geschäftsführer Richard Kidd über die Chancen mobiler Bewegtbild-Werbung.

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„Den Konsument zur richtigen Zeit auf dem richtigen Device zu erwischen ist die große Herausforderung, die Mediaplanern und Werbetreibenden bevorsteht. Die Gesetze der klasssichen Mediaplanung müssen und sollten überdacht werden“, sagt Richard Kidd, Geschäftsführer des Video-Advertising-Spezialisten YuMe. Der gebürtige und in Hamburg lebende Engländer ist seit den 90ern als Digital-Marketing-Experte in Deutschland unterwegs und war zuvor u.a. bei DoubleClick, Unicats, Adconion Media Group und madvertise tätig. „Millennials sind der Seismograph für die Zukunft der digitalen Bewegtbildwerbung und das Mobile-Verhalten. Auf diese Bedürfnisse müssen die Konzepte, die Endgeräte, die Techniken abgestimmt werden“, weist Kidd auf die Herausforderungen, die der Bewegtbild-Werbebranche bevorstehen, hin. Aus seiner Sicht ist der veränderte Bewegtbildkonsum eine riesige Chance für Werbetreibende, weil „dort nutzerrelevanter geworben werden kann und Werbung den Nutzer mehr einbindet“.

mobilbranche.de: Ihr habt im Dezember eine neue Dependance in Hamburg eröffnet und bekanntgegeben von Deutschland aus die europäische Expansion zu forcieren. Welche Potenziale hat der deutsche Markt für mobile Video-Werbung?

Richard Kidd: Ich bin seit 1998 in der digitalen Branche in Deutschland unterwegs und habe als Brite die Vergleichsmöglichkeit zwischen dem britischen und dem deutschen Markt. Deutschland hinkt im direkten Vergleich in Bezug auf digitale Bewegtbildwerbung noch ein bisschen hinterher, hat aber ein riesiges Potenzial. Vor allem im Hinblick auf das User-Verhalten der Millennials und der Fragmentierung, die momentan auf dem deutschen Markt stattfindet. Etwa 2007 hat digitale Bewegtbild-Werbung ausschließlich auf stationären PCs stattgefunden. Heutzutage wird auf den unterschiedlichsten Mobilgeräten geworben. Ein Fortschritt, ohne Frage, aber hier sehe ich einige Optimierungsmöglichkeiten bei Publishern und auch auf technologischer Seite. Da muss noch einiges passieren, damit alles einwandfrei läuft und der Content geräteübergreifend optimal den Usern zur Verfügung gestellt werden kann. Bewegtbild-Werbung hält mehr und mehr Einzug auf Mobilgeräten. Fragmentierung ist das Schlüsselwort: Millennials zeigen uns ganz klar wie die Fragmentierung funktioniert. Sie konsumieren alle Inhalte über unterschiedliche Kanäle, je nachdem wo Sie sich gerade befinden. Sei es im Bus auf dem Smartphone auf dem Weg zur Arbeit, zuhause oder anderswo. Das ist sowohl eine große Chance als auch Herausforderung für uns und die Werbebranche im allgemeinen.

mobilbranche.deYuMe bietet standardisierte In-Stream Bewegtbild-Werbeformate an. Was genau bedeutet das und wie differenziert ihr euch von anderen Advertisern?

Richard Kidd: Standardisiert bedeutet, dass einfache Videostreams sprich Bewegtbild-Spots so komprimiert werden, dass sie optimal auf Mobilgeräten mit unterschiedlichen Display-Größen abgespielt werden können. Das ist der Hauptunterschied zu Werbung im linearen TV. Unser Publisher arbeitet mit uns auf der Basis von SDKs. Diese Software-Developer-Kits sind publisher-seitig installiert und dadurch sind wir in der Lage standardisiert interaktive Werbeformate auf Videostreams auszuspielen. Vor allem an Interaktivität hat es bislang bei digitaler Videowerbung oft gehapert.

mobilbranche.de: Was sind die nächsten Meilensteine und Märkte, die ihr im Auge habt?

Richard Kidd: London ist zwar die europäische Zentrale, wie das so oft bei US-Unternehmen ist, aber Deutschland sehen wir als Schlüsselmarkt. Von Deutschland aus beobachten wir den Schweizer Markt, den Italienischen Markt – wo der Bewegtbild-Werbekuchen noch größer als in Deutschland ist, weil die Video-Nutzung höher ist. Auch der osteuropäische Markt ist interessant. Die Expansion ist sehr schnell vorangetrieben worden in den letzten Jahren. 2011 kamen wir über den großen Teich nach England. Anschließend haben wir die Märkte Spanien, Frankreich und jetzt Deutschland erschlossen – also vier Märkte in relativ kurzer Zeit. Wir schauen uns die Märkte allen voran die Schweiz, Italien und Osteuropa sehr genau an, konkret ist kurzfristig aber keine Expansionen geplant.

mobilbranche.de: In einer aktuellen US-Studie hat YuMe besonders Millennials als Zielgruppe ins Visier genommen. Was macht diese Zielgruppe so interessant für mobile Werbung?

Richard Kidd: Wir haben Millennials nicht ausschließlich im Visier. Unsere Zielsetzung ist es grundsätzlich die Aufmerksamkeit wieder in Richtung Bewegtbild zu lenken und das Thema Bewegtbild dort zu platzieren wo es hingehört: Premium-Werbung oder Top-End-Werbung. Die Millennials zeigen uns ganz klar wie die Fragmentierung funktioniert: Bewegtbild war vor 20 Jahren noch die alte Flimmerkiste im Wohnzimmer, jetzt wird Bewegtbild auf unterschiedlichen Endgeräten, an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Uhrzeiten im unterschiedlichen Nutzungskontext konsumiert. Diese Fragmentierung führt dazu, dass wir in der Lage sind überall Content und Werbung zu konsumieren. Die Millennials zeigen wie es geht: Sie sind am häufigsten unterwegs, konsumieren auf den unterschiedlichsten Geräten.  Sie gehen mit den neuen Devices anders um. Je nachdem in welcher Situation sie sich befinden, greifen sie nach dem entsprechend zuständigen Gerät. Viele Millennials haben zudem keinen Fernseher mehr zuhause stehen, dadurch ändert sich die Bewegtbild-Nutzung komplett. Sie schauen Videos verstärkt über Tablets und Laptops – eine wahnsinnige Veränderung. Die Millennials sind der Seismograph für die Zukunft der digitalen Bewegtbildwerbung und das Mobile Verhalten. Auf diese Bedürfnisse müssen die Konzepte, die Endgeräte, die Techniken abgestimmt werden.

mobilbranche.de: Millennials sind laut der Studie Heavy-User, nutzen TV-Angebote vor allem mobil. Dadurch konsumieren die Nutzer im Vergleich zur traditionellen TV-Nutzung eher öfter, dafür aber kürzer am Stück Bewegtbildinhalte. Was heißt das im Endeffekt für Werbetreibende?

Richard Kidd: Den Konsument zur richtigen Zeit auf dem richtigen Device zu erwischen ist die große Herausforderung, die Mediaplanern und Werbetreibenden bevorsteht. Die Gesetze der klasssichen Mediaplanung müssen und sollten überdacht werden. Die Technologie ist eine Methodik, die richtige Werbung auf die richtigen Endgeräte auszusteuern, um die Nutzer in der fragmentierten Welt zu finden. Weil der Nutzer zwar häufiger, dafür aber kürzer als noch vor ein paar Jahren über den Fernseher im Wohnzimmer Videoinhalte auf unterschiedlichen Geräten konsumiert, geht es darum in dieser Multiscreen-Welt die geräteübergreifende, nutzerrelevante Werbung zu platzieren.

mobilbranche.de: Steigt durch die Fragmentierung und die Veränderung der Sehgewohnheiten hin zu häufigeren dafür aber kürzeren Bewegtbild-Nutzung die Bereitschaft Werbung zu konsumieren?

Richard Kidd: Im klassischen TV gehört Werbung dazu. Wir haben uns angewöhnt in den Werbepausen kurz zum Kühlschrank oder auf die Toilette zu gehen oder umzuschalten. Das wird sich im Rahmen von Smart-TVs und Video-on-Demand-Diensten verändern, weil dort nutzerrelevanter geworben werden kann und Werbung den Nutzer mehr einbindet. In-Stream-Werbung hat eine höhere Akzeptanz, weil Millennials mit Werbung aufgewachsen sind und sie es sowohl aus dem klassischen TV als auch aus dem Internet nicht anders kennen.

mobilbranche.de: Eine Studie zeigt, das Video-Werbung, die Nutzer nach wenigen Sekunden überspringen können, effektiver als Video-Werbung, die man nicht wegklicken kann. Was ist aus deiner Sicht effektiver?

Richard Kidd: Aus Konsumentensicht ist es sicher bequemer. Ich persönlich tue es nicht – das ist natürlich meiner Arbeit geschuldet. Im In-Stream-Bereich glaube ich persönlich, dass Werbung, die man nicht wegklicken kann, eine deutlich höhere Werbewirkung hat, als Werbung, die man nach wenigen Sekunden wegklicken kann. Im Schnitt werden ca 17 bis 19 Sekunden Werbung geschaut, nach diesen 17 Sekunden ist die Werbebotschaft in jedem Fall angekommen und somit die Werbererinnerung gewährleistet.

mobilbranche.de: Wie muss mobile Werbung in der Zukunft entwickeln.

Richard Kidd: Die Frage ist wie die mobilen Geräte aussehen werden. Ist Google Glass oder eine Smartwatch ein mobiles Gerät? Wir werden Werbung weniger in Silos planen. Die traditionelle Mediaplanung wird obsolet. Ich kann nicht mehr nur Online- oder TV- oder nur Mobilwerbung buchen, sondern digitale Bewegtbildwerbung über Multi-Screens um den Nutzer in der jeweiligen Nutzungssituation zu erreichen.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview.  

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