Interview: Enrique Tarragona von Zeit Online über Werbung in mobilen Medien.

„Aus Vermarktungssicht ist die geringere Displaygröße mobiler Endgeräte Fluch und Segen zugleich: Zum einen ist damit praktisch eine Exklusivität der Werbebotschaft gegeben, zum anderen ist die Kreation noch mehr gefordert, keine negativen Reaktanzen beim User zu erzeugen“, sagt Enrique Tarragona, seit 2008 Leiter Produktmanagement und seit 2010 außerdem Mitglied der Geschäftsleitung bei der Zeit Online GmbH. Wir haben mit ihm im Vorfeld der Euroforum-Konferenz Anzeigengeschäft in mobilen Medien am 3. und 4. Dezember in Frankfurt über die Herausforderungen der neuen Multiscreen-Welt gesprochen und welche Chancen diese traditionellen Medienhäusern bietet.

mobilbranche.de: Seit kurzem ist gibt es die „Zeit“-App nicht mehr bloß fürs iPad, sondern auch für Android. Was haben Sie hier nach den ersten Tagen für ein Feedback bekommen?

Enrique Tarragona: Insgesamt war das Feedback wirklich gut. Natürlich gibt es in dem im Vergleich zu Apple bzw. iOS doch sehr offenen Android-Ökosystem z.T. ganz andere Rückfragen unserer Nutzer bzw. Kunden, insbesondere was die Gerätekompatibilität betrifft. Grundsätzlich freuen wir uns aber über jede Kritik bzw. Verbesserungsvorschläge fast genauso sehr wie über Lob.

mobilbranche.de: Wie antworten Sie auf die Herausforderungen der neuen Multiscreen-Welt und der zunehmenden Fragmentierung der Systeme?

Enrique Tarragona: Die vor kurzem gestartete Android-Version unserer ZEIT-App ist ein Teil unserer Antwort. Wir haben uns mit der ZEIT-App nie auf ein Endgerät, ein Betriebssystem oder einen Kiosk festlegen wollen. Dass wir dennoch mit einer nativen App auf dem iPad gestartet sind, ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass es zum damaligen Zeitpunkt kein anderes Endgerät mit einer relevanten Verbreitung im Markt inklusive der Verbindung mit einem breit akzeptierten Shop-Ecosystem gegeben hat. Wir haben die ZEIT-App aber von Anfang an auf HTML5 basierend konzipiert, um jetzt ohne großen Aufwand auch andere geeignete Plattformen bzw. Endgeräte bedienen zu können. Für ZEIT ONLINE haben wir neben der klassischen Website und dem Mobilangebot ebenfalls eine tabletoptimierte Version gestartet, um auf den verschiedenen Endgerätegattungen jeweils ein für die Screengröße und Nutzungssituation optimales Angebot zu präsentieren.

mobilbranche.de: Wie unterscheiden sich die verschiedenen Mobil-Angebote aus der „Zeit“-Familie als Werbeträger?

Enrique Tarragona: Die tabletoptimierte Website sowie die Mobilseite von ZEIT ONLINE sind klassische Reichweitenangebote, bei denen Werbevermarktung das primäre Geschäftsmodell darstellt. Insofern bieten sie natürlich alle Möglichkeiten der Onlinewerbung und sind mit ihren Reichweiten besonders geeignet, eine sehr große Kontaktzahl in einem attraktiven Umfeld zu erreichen. Die ZEIT-App mit ihrer Ausgabenmechanik dagegen erreicht durch ihre bis dahin nur aus Print bekannte „feste Verbindung“ der Anzeige mit dem Werbeträger sowie durch die völlig neuen Möglichkeiten der Kreation eine viel intensivere Beschäftigung des Lesers mit der Werbebotschaft. Wenn auch noch bei natürlich kleineren Reichweiten.

mobilbranche.de: Wie lösen Sie den Spagat zwischen der Wirksamkeit von mobiler Werbung einerseits und deren Aufdringlichkeit andererseits? Immerhin nimmt mobile Werbung ja oft deutlich mehr Fläche des Screens ein, als es Werbung im „stationären Web“ tut.

Enrique Tarragona: Aus Vermarktungssicht ist die geringere Displaygröße mobiler Endgeräte Fluch und Segen zugleich: Zum einen ist damit praktisch eine Exklusivität der Werbebotschaft gegeben, zum anderen ist die Kreation noch mehr gefordert, keine negativen Reaktanzen beim User zu erzeugen. In der Regel empfinden wir absatzorientierte Vertriebswerbung meist als aufdringlicher als klassische Markenwerbung. Insofern ist es unsere Aufgabe, ein Umfeld zu schaffen, welches in Verbindung mit unserer Reichweite insbesondere für die Inszenierung der Produkte bzw. Marken unserer Werbekunden attraktiv ist.

mobilbranche.de: Experten befürchten, dass Publisher und auch Social Networks wie Facebook mittelfristig weniger Geld mit Werbung verdienen könnten, weil im mobilen Bereich weniger Platz für Werbeflächen ist als im Desktop-Bereich und sich die Mediennutzung schnell auf mobile Geräte verlagert. Wie beurteilen Sie das?

Enrique Tarragona: Tatsächlich ist die Differenz zwischen Nutzungsintensität des Mediums und seiner Bedeutung als Werbeträger nirgendwo so groß wie im mobilen Bereich. Allerdings hat es ja auch im stationären Web eine gewisse Zeit gedauert, bis die relevanten Werbebudgets gekommen sind. Gerade Smartphones bieten uns ja auch ganz neue Möglichkeiten der Kreation von und Interaktion mit Werbung. Und glücklicherweise haben wir ja keine Millimeterpreise.

mobilbranche.de: Wie muss eine mobile Werbung gestaltet sein, damit Sie persönlich extra Ihren leeren Handy-Akku wieder aufladen, um sie sehen zu können?

Enrique Tarragona: Vielleicht ist das dann doch etwas viel verlangt. Grundsätzlich möchte ich in einem hochwertigen redaktionellen Umfeld auch mit hochwertiger, liebevoll gemachter Werbung konfrontiert werden.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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