Interview: Jochen Doppelhammer über yuilop und den Reiz von SMS im Smartphone-Zeitalter.

yuilop will bald neben kostenlosen SMS auch kostenlose Sprachtelefonie anbieten und diese mit einer cloud-basierten Sprachbox und Text-Inbox verbinden, erzählt yuilop-Gründer Jochen Doppelhammer (Twitter: @jochendo) im Interview mit dem Fachdienst mobilbranche.de. Doppelhammer, der zuvor in Führungspositionen u.a. bei simyo Spanien/KPN, T-Mobile International und DosYogures gearbeitet hat, gründete 2010 mit einem kleinen Team aus Mobilfunk- und Internetspezialisten den mobilen Kommunikationsdienst yuilop, der seinen Sitz in Barcelona hat.

mobilbranche.de: In Deutschland werden aktuell rund 117 Mio SMS pro Tag verschickt – ein neuer Rekord. Wieso werden Kurznachrichten auch im Zeitalter von Smartphones und mobilen Instant-Messenger-Apps stärker genutzt als je zuvor?

Jochen Doppelhammer: Der anhaltende Anstieg der gesendeten SMS basiert auf verschiedenen Trends. Zum einen gibt es eine immer größer werdende Nutzergruppe. Die Mehrheit der Nutzer von SMS-Diensten sind junge Menschen und diejenigen, die bereits seit längerem privat oder beruflich per SMS kommunizieren. Das heißt, wer vor zehn, fünfzehn Jahren als Schülerin oder Schüler sein erstes Handy hatte, der simst zumeist auch noch heute. Und es wachsen natürlich immer neue Nutzer nach. Insbesondere in dieser sehr jungen Zielgruppe, auch „Digital Natives“ und „Always Connected“ genannt, die mit textbasierter Kommunikation aufgewachsen sind, ist die SMS sehr beliebt. Sie bevorzugen text-basierte Kommunikation gegenüber Anrufen (Sprachtelefonie), da Textnachrichten privat, asynchron und „non-intrusive“ sind, d.h. man kann auch an öffentlichen Orten private Unterhaltungen führen und/oder sich verabreden. Das Angebot von SMS Flatrates durch die Mobilfunkanbieter – zusammen mit weiteren Preissenkungen in den letzten Jahren – hat diesen Effekt nochmals verstärkt. Inzwischen werden diese sogar mit Datenflatrates zusammen angeboten.

Trotz der schnellen Verbreitung von Smartphones und mobilen Instant Messenger Apps steigt die Anzahl an Kurznachrichten weiter. Das liegt unter anderem daran, dass auch heute noch nicht jeder ein solches Smartphone besitzt. Erst 2014 werden diese mehr als 50 Prozent der Mobiltelefone ausmachen. Wenn ich also sicher gehen will, dass meine Nachrichten garantiert ankommen und ich alle meine Kontakte und Freunde erreichen will, nutze ich das altbewährte und einfachste System, dessen Textnachrichten auch ein 15 Jahre altes Mobilfunkgerät versteht. Langfristig ist aber zu erwarten, dass SMS mehr und mehr durch IP-basierte Dienste ersetzt werden.

mobilbranche.de: Sie sind mit yuilop im März in Deutschland gestartet – was gibt Ihnen den Mut, mit Ihrem Dienst etablierten Mobilfunkanbietern, internationalen Firmen wie Facebook und Skype, aber auch hoch gehandelten Startups wie Whats App Paroli zu bieten?

Jochen Doppelhammer: Aus meiner Vergangenheit bei T-Mobile International und als ehemaliger CEO von simyo Spanien kenne ich den europäischen Mobilfunkmarkt sehr gut. In den USA habe ich mir die Entwicklung der App-basierten Dienste („Over-the-top“) genauestens angeschaut. Aus diesen Erfahrungen habe ich unser Konzept entwickelt, die mobile Kommunikation ohne SIM anzubieten, als reine Software und „in-the-cloud“. Mit diesem Hybrid-Modell aus Telekommunikation und Apps/IP-Kommunikation haben wir uns punktgenau zwischen App-to-App Diensten und den Mobilfunkanbietern positioniert.

Was können wir, was die anderen nicht können? Für die reinen App-Anbieter und Internet-Player stellt es eine große Hürde dar, sich international mit der Telekommunikation zu integrieren und einen ähnlich universellen Dienst anzubieten. Und die Mobilfunkanbieter sind zu sehr damit beschäftigt die Vergangenheit zu verteidigen, als schnell auf die Zukunft zu setzen. Das Schöne an der neuen mobilen Industrie ist, dass sich die Positionen schnell ändern und selbst kleine Startups etablierte Player herausfordern können. Wir sind der erste Anbieter von universellen Kommunikationsdiensten (SMS und Sprache), der die IP-Welt mit der Telekom-Welt integriert und dadurch kostenlose Kommunikation an jedes beliebiges Telefon, jede beliebige Nummer weltweit ermöglicht. Das ist eine Revolution und gab es so bisher noch nicht. Damit pflügen wir den Markt regelrecht um, und unser App- und Cloud-basiertes Modell erlaubt uns hierbei konstantes und sehr schnelles Wachstum. Unser Erfolg in Deutschland zeigt, dass das Modell, traditionelle SMS und IP-basierte Messenger-Funktionalität integriert und kostenlos anzubieten, funktioniert. Im Gegensatz zu anderen Anbietern verdienen wir damit sogar von Tag Eins an sehr gutes Geld.

mobilbranche.de: Wo sehen Sie konkret die Nische für Yuilop?

Jochen Doppelhammer: Die Zielsegmente sind zu Beginn sicher die „jüngeren/ junggebliebenen“ Digital Natives & Always-Connected Nutzer, aber genauso die in Deutschland sehr große Gruppe der kostenbewussten Smartphone-Nutzer. Allerdings erweitern wir unser Angebot stetig. Das Ziel ist es, unseren Dienst für jedermann attraktiv zu gestalten und die 1. Wahl für die private Kommunikation zu werden. Wir wollen die gesamte Kommunikation der Nutzer in einem zentralen Service bündeln. Und zwar mit Hilfe eines integrierten, einfachen Nutzungserlebnisses. Als Nischenlösung verstehen wir uns nicht. Yuilop ist eine intelligente Kostensparlösung für jedermann. Innerhalb der Branche unterscheiden wir uns grundlegend von anderen Anbietern, da yuilop kein Instant Messenger im klassischen Sinn ist. Denn das wichtigste Alleinstellungsmerkmal ist die Möglichkeit, SMS an alle Mobilfunkrufnummern zu schicken und zu empfangen. Vollkommen unabhängig davon, ob der Empfänger ebenfalls die yuilop-App installiert hat oder gar ein Smartphone besitzt. Im nächsten Schritt werden wir nun auch kostenlose Sprachtelefonie anbieten und mit einer cloud-basierten Sprachbox und Text-Inbox verbinden. Damit heben wir uns doch deutlich ab und bieten unseren Kunden eine zentrale und integrierte Kommunikationslösung, die sie von jedem beliebigen Gerät mit Internetverbindung aus nutzen können.


mobilbranche.de: Und wieviele Nutzer konnten Sie bislang vom Konzept von yuilop begeistern?

Jochen Doppelhammer: Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir keine konkreten Nutzerzahlen kommunizieren, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir bereits auf dem Radar der Mobile Operators sind und eine relevante Größe im deutschen Mobilfunkmarkt darstellen. Gemessen an der Anzahl der vergebenen yuilop-Mobilnummern sind wir bereits einer der größten mobilen Serviceanbieter in Deutschland. Der Vorteil des App-basierten Modells gegenüber zum Beispiel herkömmlichen SIM-basierten MVNO-Modellen (Mobile Virtual Network Operator) ist die einfachere Distribution und somit das schnellere Wachstum.

mobilbranche.de: Wie wichtig ist für Yuilop eigentlich das Thema Gamification, Stichwort „Energiepunkte“?

Jochen Doppelhammer: Ich freue mich, dass Sie das ansprechen. Gamification ist für unser Modell in verschiedener Hinsicht sehr wichtig. Das entsprechende Prinzip dahinter haben wir selbst entwickelt. Um uns als Startup und auch unsere Nutzer gegen möglichen Missbrauch (z.B. Massennachrichten oder  Werbe-Spam) zu schützen und weiterhin für alle Nutzer kostenlose Kommunikation anbieten zu können, haben wir das Energiepunkte-System eingeführt. Solange unsere Nutzer sich im Rahmen einer ausgeglichenen Kommunikation bewegen, also relativ abwechselnd eine Nachricht erhalten und im Gegenzug versenden, können sie unendlich oft und lange texten oder telefonieren. Denn: für jeden Einsatz erhalten sie Energiepunkte oder verbrauchen diese. Falls es bei einzelnen Anwendern aber doch mal zu einer extremen Nutzungs-Schieflage kommt und sie mehr Energiepunkte verbrauchen als sie erhalten, laden wir diese dennoch automatisch wieder auf, solange die Community als Ganzes ein ausgeglichenes Nutzungsverhalten aufweist. Zusätzlich erlaubt uns dieses spielerische Modell aber auch die Community zu animieren, neue Nutzer für yuilop zu akquirieren und zusätzliche attraktive Möglichkeiten anzubieten, weitere Energiepunkte zu generieren.

mobilbranche.de: Neuerdings kooperieren Sie mit dem Kölner Startup Coupies. Wie bedeutet Ihnen diese Kooperation?

Jochen Doppelhammer: Unternehmen wie Coupies bereichern eindeutig das User-Erlebnis unserer Kunden. Wir sind stets bemüht, sinnvolle Dienste, die den Alltag des Kunden bereichern, in unsere App zu integrieren. Ich denke, dass mehr Startups mit ähnlicher Zielsetzung und Zielgruppe zusammenarbeiten sollten. Das hilft sowohl den Startups als auch den Nutzern. Über Coupies können wir unseren Usern einen attraktiven Mehrwert (lokale Angebote) anbieten und gleichzeitig auch die Möglichkeit bieten, noch mehr Energiepunkte zu bekommen.

mobilbranche.de: Yuilop finanziert die Gratis-SMS ja durch Werbung und Kooperationen. Welche wichtigen Partner und Referenzkunden können Sie hier nennen?

Jochen Doppelhammer: Sponsorpay ist ein wichtiger Partner, den wir schon im Rahmen von Energieaktivitäten als Kooperationspartner integriert haben. Über durch Sponsorpay angebotene Aktivitäten können unsere Nutzer interessante Deals bekommen und gleichzeitig Energiepunkte sammeln. Für die Displaywerbung arbeiten wir mit verschiedenen Partnern zusammen, z.B. Gruner +Jahr EMS. Für unser neues Werbeformat, innerhalb der App Multimedianachrichten an die Nutzer zu senden, konnten wir zuletzt Kunden wie Ebay und H&M gewinnen, für die wir sehr erfolgreiche Werbekampagnen mit sehr hohen Erfolgsquoten durchgeführt haben.

mobilbranche.de: Ihre Firma sitzt in Spanien, Deutschland ist aber derzeit ihr wohl wichtigster Markt. Wie kam diese deutsch-spanische Konstellation zu Stande und was sind Ihre Vorteile?

Jochen Doppelhammer: Ja, Barcelona ist unser Firmensitz, Deutschland unser erster und sehr bedeutender Markt.  Allerdings werden wir in den kommenden Wochen und Monaten eine Vielzahl anderer Märkte für yuilop erschließen. Warum aus Spanien heraus? In Zeiten der Globalisierung und kommunikativen Vernetzung ist es kein Problem, von (beispielsweise) Spanien aus in Deutschland oder anderen Märkten zu operieren. Deutschland als erster Markt war eine  strategische Entscheidung. Ich kenne den sehr attraktiven deutschen Markt sehr gut und gerade die Nutzer in Deutschland schreiben unwahrscheinlich gerne und viel SMS. Darüber hinaus sind sie sehr kostenbewusst. Barcelona als kosmopolitischer Standort hat für ein internationales Startup den Vorteil, dass es sehr leicht ist, Talente aus verschiedenen Ländern an einem Ort zu rekrutieren. Die Lebensqualität hilft da natürlich auch als Argument. Ich bin nach meiner Zeit bei T-Mobile in London nach Barcelona gezogen, lebe dort seit vielen Jahren, mit einer kurzen Unterbrechung in den USA, und habe die Stadt beruflich wie privat sehr schätzen gelernt.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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