Gastbeitrag: Mobile Orientierung – Offboard oder onboard?

Marcus Thielking ist Mitgründer von skobbler und deutscher App-Pionier. skobbler-Apps für Apple- und Android-Geräte werden mittlerweile von rund 1,5 Millionen Kunden weltweit genutzt. Auf den Bestseller-Listen des Deutschen App-Stores für 2009 und 2010 belegten skobbler-Apps Spitzenplätze und halten sich seitdem beständig auf Topplatzierungen ihrer Kategorien. Unter dem Label skobbler services bietet Thielking mit seinem Team Beratungs- und Entwicklungsleistungen im Bereich Mobile/Apps – von der Ideen-Entwicklung selbst über die strategische App-Konzeption, die Programmierung bis hin zur Vermarktungsunterstützung. In einem Werkstattbericht für mobilbranche.de schreibt er über Überlegungen zur Entwicklung von Karten-Apps.

Als Entwickler von kartenbasierten Anwendungen für Smartphones gewinnt man bisweilen interessante Einblicke in das menschliche Orientierungsverhalten. Aus dem Feedback der Nutzer ergeben sich aussagekräftige Rückschlüsse auf die Wünsche und Erwartungen von Menschen, die viel unterwegs sind. Für die Anbieter von kartenbasierten Apps bedeutet das: Die technische Lösung zur Orientierung mithilfe einer Karte muss sich an der Lebenssituation des Anwenders orientieren.

Grundsätzlich prägen drei Modelle der Kartennutzung den Markt: Reine Karten-Anwendungen ermöglichen die Nutzung von Landkarten für verschiedenste Zwecke – oft geht es um sportliche Outdoor-Aktivitäten. Klassische Straßenkarten bieten zusätzlich die Möglichkeit, sich eine Route anzeigen zu lassen. Und die so genannte „Turn-by-Turn-Navigation“ unterstützt mit ausführlichen Anweisungen in Bild und Sprache die Fahrt zum Ziel. Dabei wird noch zwischen speziellen Arten der Fortbewegung unterschieden – Fußgänger etwa dürfen Parks und Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung nutzen, während LKW die Durchfahrtshöhe von Brücken und Tunnels beachten müssen.

Worauf müssen App-Entwickler Rücksicht nehmen?

Die technischen Voraussetzungen sind abhängig vom Nutzer und daher extrem variabel. Hat er ein iPhone oder ein Android-Gerät? Wie viel Speicherplatz hat er dabei zur Verfügung? Lassen seine Mobilfunk-Vertragsbedingungen eine permanente Internetverbindung und hohe Bandbreite zu? All das wirkt sich auf die Wahl der zu Grunde liegenden Karten aus – die zudem vom App-Anbieter unterschiedlich hohe Lizenzgebühren abverlangen. Aus solch unterschiedlichen Faktoren ergibt sich das aktuelle Marktspektrum mit einer Vielzahl an Preismodellen: Relativ teure Karten-Apps basieren auf kommerziellen Karten mit hohen Lizenzgebühren und bieten zahlreiche spezielle Features. Günstige Karten-Apps nutzen Alternativen wie die Community-Karte OpenStreetMap und passen sich so der im App-Bereich gewohnten Preisstruktur von nur wenigen Euro an. Andere große Anbieter installieren ihre Lösungen schließlich auf ihren Geräten bereits gratis vor, um zusätzliche Kaufanreize für ihr Hardwareangebot zu schaffen.


Warum sind nicht alle Nutzerwünsche umsetzbar?

Wo bleibt aber bei all diesen technischen und rechtlichen Konditionen der Nutzwert für den Anwender? skobbler kommuniziert intensiv mit seinen Nutzern – im eigenen Forum, im Support, auf Facebook und Twitter. Wir bemühen uns, eben diese Wünsche und Anregungen der Kunden in die nächste Version des skobbler einfließen zu lassen, dessen Entwicklung sich gerade im Endstadium befindet. Aufgrund beschränkter Entwickler-Ressourcen müssen wir leider immer wieder Einschränkungen treffen. Das gilt auch für die Frage der unterstützten Plattformen. Hier bevorzugen wir noch immer iOS für den Erst-Release. Android ist hier leider mit erheblichem Mehraufwand verbunden: schon jetzt gibt es zu viele verschiedene Gerätetypen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Konfigurationen, die alle einzeln angepasst und getestet werden müssen. Das verhindert bei skobbler derzeit noch eine rentable App-Entwicklung für Android. Stattdessen haben wir erhebliche Ressourcen in die Entwicklung effizienter Kompressionsverfahren gesteckt, so dass die App heute trotz umfangreichen Kartenmaterials für ganz Europa verhältnismäßig wenig Speicherplatz auf dem Gerät belegt. Die Kompressionsfähigkeit großer Datenmengen wird in Zukunft auch über breitere kommerzielle Einsatzmöglichkeiten von Karten in den verschiedensten Unternehmensanwendungen entscheiden.

Die Karte: Basis einer Navi-App

Schon vor langer Zeit hat sich skobbler von den kommerziellen Karten losgesagt und setzt seitdem auf die Nutzung der „freien“ Community-Karte von OpenStreetMap. Die Karte ist billiger – und basiert auf einem hoch sympathischen und unterstützenswerten Open-Source-Ansatz. Wir unterstützen die Mitwirkung der Nutzer und bieten einen Rückkanal, durch den sie erkannte Fehler in der Karte melden und so zur Verbesserung beitragen können. Mittlerweile übertrifft OpenStreetMap gerade in den Ballungsräumen die Qualität und die Detailtiefe der kommerziellen Karten deutlich.

Eine zentrale Frage für den bevorstehenden Relaunch der skobbler-App, die bereits seit 2009 im App-Store zur Verfügung steht und alleine in Deutschland von mehr als 300.000 Kunden genutzt wird: Will der Nutzer online oder offline navigiert werden?

Wir wollen dem Nutzer die Wahl lassen. Die Basis-App wird online beziehungsweise „offboard“ navigieren. Da das Internet für die meisten Smartphone-Nutzer gratis im Rahmen einer Flatrate mit akzeptablem Durchsatz zur Verfügung steht, erweist sich die Online-Navigation im Inland als praktikabel und flexibel. Services wie dynamische Blitzerwarnung sind nur online realisierbar und auch das Kartenmaterial ist so ohne manuelle Updates stets aktuell. Der Gerätespeicher wird zugunsten von Musik, Fotos oder anderen Apps geschont.

On- oder Offboard? Die Entscheidung trifft in Zukunft der Nutzer

Sollte ein Nutzer jedoch über ausreichend Speicher verfügen, so wird er beim neuen skobbler Karten auch fest installieren können. Bei der Navigation ist dann keine Datenverbindung mehr zur Berechnung und Ausgabe der Route oder zur Kartenwiedergabe nötig – alle Prozesse laufen „onboard“. Das ist besonders sinnvoll zur Vermeidung von Roamingkosten, die bei der Online-Nutzung der Karte im Ausland anfallen würden. Sollte der Fahrer beim Überqueren der Grenze einmal in ein Land kommen, für das er keine Karte heruntergeladen hat, weist ihm skobbler auf Wunsch mit Hilfe einer Online-Verbindung weiter zuverlässig den Weg. Dem Nutzer bleibt so erstmals bei einer Navi-App die volle Wahlfreiheit bei der Entscheidung, ob er sich onboard oder offboard den Weg weisen lassen will.

Wollen Sie über die Entwicklungen im Mobile Business auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie den Newsletter von mobilbranche.de oben rechts im gelben Kästchen!

Diesen Artikel teilen

Unternehmen im Beitrag

Kommentare sind geschlossen.

Mobilbranche.de Newsletter

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbestimmungen.