Interview: Dirk Kraus über den Wandel von YOC zum AdTech-Spezialisten.

Dirk Kraus

Wachstumssprung: Der Berliner Mobile-Advertising-Pionier YOC hat nach extrem schwierigen Jahren endgültig die Trendwende geschafft und im 1. Halbjahr 2017 seinen Umsatz erneut deutlich steigern können, und zwar um 28 Prozent auf 6,7 Mio Euro. Zudem hat YOC im letzten Halbjahr erstmals seit 2011 wieder einen operativen Gewinn eingefahren, wenngleich dieser mit rund 10.000 Euro noch extrem niedrig ist. Grund genug für uns, mit Gründer und CEO Dirk Kraus über die aktuelle Entwicklung von YOC zu sprechen. Den Erfolg sieht Dirk Kraus darin begründet, dass sich YOC mittlerweile auf ein einziges Geschäftsfeld fokussiert und sich „als ein Produktunternehmen beziehungsweise als ein AdTech-Player aufstellt, der seine Produktlinien zur Verfügung stellt.“ Wie es mit YOC weitergeht und welch große Rolle dabei Programmatic Advertising spielt, verrät Dirk Kraus wenige Tage vor unserem 24. Mobilisten-Talk „Mobile & Medien“, wo er einer der Redner sein wird, in unserem Interview.

mobilbranche.de: Wie läuft es bei YOC? Du hast ja letztes Jahr in einem Interview gesagt, YOC habe sich zu lange mit sich selbst beschäftigt, aber mittlerweile habt Ihr einen ganz schönen Wachstumskurs eingeschlagen, oder?

Dirk Kraus: Absolut. Die ersten zwei Jahre, nachdem ich zurückgekommen bin, war das unmittelbare Sanierung und Restrukturierung. Worüber ich wahnsinnig glücklich und unheimlich dankbar bin, ist, dass das Unternehmen nicht nur die Grundvoraussetzungen im Rahmen der Sanierung geschaffen und getroffen hat, sondern dass es uns auch gelungen ist, uns hinsichtlich des Geschäftsmodells sehr stark weiterzuentwickeln. Das Gesamtunternehmen steigert den Umsatz nun seit sieben Quartalen mit einer zweistelligen Wachstumsrate. Die komplette Neuausrichtung ist der Faktor, warum das Unternehmen wächst und warum die Wachstumsrate sogar auch noch weiter steigt.

mobilbranche.de: Mit Neuausrichtung meinst Du sicher, generell den Fokus auf Mobile Advertising ohne die ganzen anderen Schauplätze wie Sevenval, belboon und so weiter zu legen?

Dirk Kraus: Die Fokussierung auf ein Geschäftsfeld und der damit zusammenhängende Verkauf sämtlicher nicht im Kern liegender Geschäftsaktivitäten war Teil des Gesamtkonzeptes und wurde 2015 abgeschlossen. Primär meine ich aber, innerhalb von Mobile Advertising mit der sich verändernden Marktsituation umzugehen. Programmatic Advertising ist nichts anderes als die Digitalisierung unserer Branche. Und da musste sich das Unternehmen nicht nur anpassen, sondern Ansatzpunkte entwickeln, um die sich ergebenden Chancen nutzen zu können – das war ein ganz wichtiger Schritt.

mobilbranche.de: Was heißt denn das im Einzelnen?

Dirk Kraus: Die YOC-Gruppe ist ein Produktunternehmen geworden beziehungsweise stellt sich als ein AdTech-Player auf, der seine Produktlinien zur Verfügung stellt. Das hat aber auch damit zu tun, dass glücklicherweise auch in Deutschland mittlerweile eine Bereitschaft von allen Medienunternehmen vorhanden ist, mit verschiedenen technischen Partnern zusammenzuarbeiten. Aus dem angelsächsischen Raum kennen wir das nicht anders, da war das glücklicherweise schon immer so. In Ländern wie Deutschland oder Österreich war das Geschäft hingegen ein Walled Garden, nach dem Motto: „Das ist mein Inventar und das vermarkte nur ich. Und wenn noch jemand anderes unterstützt, dann bitteschön mit Umsatzgarantie.“ Das ist einfach ein zu einseitiges Modell, das überholt ist, die sich massiv ändernde technologische Entwicklung vernachlässigt und letztlich schlecht bis gar nicht funktioniert. Es war daher vollkommen klar, dass ich die Strategie komplett ändern musste. Dabei war und ist das Ziel, dass das Ganze wieder in einer deutlich stärkeren Marktpositionierung von YOC resultiert. Denn als reiner Vermarkter bist du nichts anderes, als ein Mitläufer, der Werbeinventare bündelt und weiterverkauft und dabei 25 bis 30 Prozent Rohertrag als Makler-Marge bekommt.

mobilbranche.de: Was ist im programmatischen Werbegeschäft anders?

Dirk Kraus: Durch das programmatische Zeitalter ist die Notwendigkeit des Mittelmanns nicht nur in Frage gestellt, sondern sie wird erodiert. Programmatisch bedeutet für YOC, unsere selbst entwickelten Werbeformate automatisiert handelbar zu machen und uns damit durch unser Produktangebot vom Markt zu differenzieren. Wenn du Produkte hast, die funktionieren und die andere eben nicht verkaufen können, dann bist du in einer super Position. Die umsatzmäßige Entwicklung von YOC spiegelt das letzten Endes wider. Es gelingt uns immer mehr, unsere europaweiten Geschäftsbeziehungen programmatisch abzubilden.

mobilbranche.de: Was bedeutet Programmatic Advertising für den Umsatz von YOC?

Dirk Kraus: Im 1. Quartal 2016 steuerte Programmatic 12 Prozent zu unserem Umsatz bei, im 1. Quartal 2017 waren es schon 34 Prozent, und die Tendenz steigt aktuell Richtung 40 Prozent. Das heißt, die programmatische Entwicklung ist bei uns sehr, sehr stark und sie ist in Konsequenz ein großer Treiber der gesamten positiven Umsatzentwicklung.

mobilbranche.de: Wieso steigt der Umsatzanteil so schnell?

Dirk Kraus: Unsere Transformation gelingt uns gerade deswegen gut, weil wir nicht lediglich Standardware im Open Market programmatisch handeln, sondern unsere eigenen Produktlinien verkaufen. Beispielsweise das YOC Understitial Ad, das YOC Inline Video Ad und auch das klassische YOC Mystery Ad. Das sind drei Produkte, die im klassischen Direktvertrieb generell sehr stark funktionieren und zunehmend mehr auch im programmatischen Handel eine Rolle spielen.

mobilbranche.de: Man muss aber vermutlich trotzdem noch mit jedem einzelnen Publisher sprechen, dass er diese Formate von Euch integrieren muss, oder wie hat sich da Euer Vertrieb verändert?

Dirk Kraus: Genau, das ist vollkommen richtig; ohne den engen Dialog mit den Publishern geht es nicht. Zusätzlich bieten wir unseren Publishern mittlerweile signifikante Mehrwerte als die reine Erlösgenerierung. Das YOC Hub als ein Business-Intelligence-Tool ist seit Entwicklungsbeginn zum Ende des Geschäftsjahres 2015 sehr stark geworden. Als Analyse- und Steuerungsplattform, die ständig weiterentwickelt wird, helfen wir den Publishern, Analysen zu fahren, wo gewisse Produkte am besten funktionieren oder wie sich ein Publisher im Vergleich zum Rest des Marktes besser aufstellen kann beziehungsweise wie Veränderungen vorgenommen werden können, um die Erlössituation zu verbessern. Darüber hinaus haben wir effiziente Strukturen geschaffen, sodass wir – vereinfacht gesagt – nun die drei- bis vierfache Anzahl an Publishern bedienen können.

mobilbranche.de: Nochmal einmal zurück zu Exklusivvermarktung vs. Programmatic: Wie sehr ist es bei den Publishern angekommen, dass dieses exklusive Vermarkten nur noch in wenigen Fällen funktioniert?

Dirk Kraus: Ich denke, das ist in Deutschland angekommen. In anderen Ländern ist diese Exklusivvermarktung überhaupt kein Thema mehr, also im angelsächsischen Raum beispielsweise. Dort stellen sich die Publisher ein ganzes Set an Dienstleistern zusammen, die ihnen in Kombination eine optimale Monetarisierung realisieren. Das heißt konkret, es gibt Dienstleister für die Vermarktung des Videoinventars. Dann habe ich Partner, die sich um das klassische Display kümmern und wiederum sind Player, die für Mobile geeignet sind, integriert. Bei uns ist es klar so, durch die Produkte – YOC Inline Video Ad sagt es schon – ist natürlich auch sehr viel Video dabei. Aber das kann der Publisher sehr gut trennen. Hinterher gibt es dann drei, vier, fünf Partner, die für den Publisher arbeiten. Und es kann durchaus sein, dass der jeweilige Publisher auch noch seinen eigenen Vertrieb hat.

mobilbranche.de: Wird Programmatic in der Zukunft noch wichtiger?

Dirk Kraus: Künftig werden rund drei Viertel des wertmäßigen digitalen Werbemarkts programmatisch gehandelt werden. Ein Viertel wird klassisch bleiben, weil es einfach immer Derivative gibt, die nicht standardisiert handelbar sind. Zudem gibt es immer wieder Sonderanforderungen der Advertiser, die programmatisch nicht abgebildet werden können. Darüber hinaus werden neue Produkte erst einmal im klassischen Kontext ausprobiert, bevor sie programmatisch live gestellt werden. Das Schöne ist, dass wir uns als Company am oberen Preissegment positionieren und parallel dazu durch das programmatische Geschäft anfangen, das Volumen zu skalieren.

mobilbranche.de: Was bedeutet das für Euer Wachstum?

Dirk Kraus: Das ist der Treiber für die positive Umsatzumwicklung und für die sehr positive Entwicklung des Rohertrages. Es ist offensichtlich, dass nicht nur unser Umsatz sehr stark wächst, sondern dass ebenfalls, seitdem wir als Team die Neuausrichtung angegangen sind, der Rohertrag mit über elf Prozentpunkten gestiegen ist – und das bei einer gleichbleibenden Fixkostenstruktur. Wir haben die Fixkosten von 2013 bis 2015 um mehr als 5 Millionen Euro gesenkt. Das Ziel in Q4/2016 eine schwarze Null zu schreiben, haben wir erreicht, wir haben mit 0,2 Millionen Euro ein positives Ergebnis erzielt.

Im ersten Halbjahr 2017 resultierte für YOC ein Umsatzwachstum in Höhe von rund 28 Prozent. Wir hatten im Geschäftsjahr 2016, nur zum Vergleich, 23 Prozent Wachstum, und 2015 waren es knapp 10 Prozent, während 2014, im ersten Jahr der Sanierung, der Umsatz noch bei Plus Minus Null lag. Die Wachstumsquote steigt also kontinuierlich. Lange Rede, kurzer Sinn, YOC hat, und das ist besser als geplant, im ersten Halbjahr 2017 ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt. Insofern ist es einfach wunderbar zu sehen, dass die Firma nicht nur wieder ordentlich wächst, sondern auch wieder Geld verdient.

mobilbranche.de: Mittlerweile ist Mobile Advertising weltweit ein Milliarden-Business. Wie schätzt Du den Anteil von YOC an diesem Kuchen ein? Wo willst Du hin?

Dirk Kraus: Natürlich sind wir mit dem, was wir haben, nicht zufrieden (lacht). Wir werden weiter stark wachsen und wollen natürlich an dieser Entwicklung noch mehr partizipieren. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass momentan rund 70 bis 75 Prozent des globalen mobilen Werbevolumens bei Google, Facebook und YouTube landen. Wir beobachten allerdings, dass Mediaagenturen und Trading Desks nicht mehr ungeprüft, massive Werbevolumina einfach bei diesen Plattformen einbuchen beziehungsweise einkaufen. Mittlerweile wird von ihnen die tatsächliche Werbewirkung effektiv gemessen und gegebenenfalls werden Mediapläne neu strukturiert. Und es gibt auch einige Advertiser, die mittlerweile ganz klar sagen: „Wir haben da jetzt sehr viel rumexperimentiert und sehen keine bessere Performance als bei anderen Medien.“ Und das hören und sehen wir in allen Märkten. Google und Facebook machen Mobile Advertising nicht alleine unter sich aus.

Da der der gesamte Kuchen durch die Verschiebung hin zu digitalen Kanälen immer größer wird, muss der Rest des Marktes einfach wachsen. Und genau an dieser Wachstumsentwicklung wollen wir partizipieren. Ich möchte meinen, dass wir in einigen Ländern, in denen wir bisher tätig sind, wieder deutlich schneller als der Markt wachsen, sei es beispielsweise Spanien oder England. Aber auch in Deutschland haben wir ein Wachstum, welches über den AGOF-Zahlen liegt. Das ist für mich ein Beleg dafür, dass unser Produktangebot zumindest das Marktniveau erreicht, wenn es nicht sogar besser ist.

mobilbranche.de: Wie hilft Euch dabei Eure Erfahrung als Mobile-Urgestein?

Dirk Kraus: Wir waren früher die Nummer 1 im Bereich Mobile und wir haben das, was wir heute machen, schon 2001 in den Business-Plan geschrieben. Deswegen wollen wir wieder ganz vorne mitspielen.

Wir haben in den letzten 18 Monaten sehr stark in unsere Produkt- und Plattformentwicklung investiert und visieren für das vierte Quartal 2017 den nächsten großen Meilenstein an. Ich bin sicher, dass diese Entwicklungen einen Quantensprung für die Company bedeuten werden und freue mich schon sehr darauf.

mobilbranche.de: Ich bin gespannt. Vielen Dank für das Interview!

Veranstaltungstipp

Dirk Kraus diskutiert am kommenden Donnerstag, 7. September, bei unserem 24. Mobilisten-Talks „Mobile & Medien“ mit Experten von BILD, TV Spielfilm und Zenith im Telefónica BASECAMP in Berlin über Erfolgsrezepte für die Apps von Verlagen. Im Vorfeld schildert er in einem Gastbeitrag aktuelle Herausforderungen für die Vermarktung solcher Apps. Eine kostenlose Anmeldung zur Veranstaltung ist über folgendes Formular möglich:

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