Was das Sparkassen-Projekt Yomo für die Branche bedeutet.

YomoNicht einmal zwei Wochen, nachdem die Deutsche Bank ihre Digitalisierungsstrategie bekannt machte, die im Kern aus einer neue Banking-App, Investitionen von 750 Mio Euro bis 2020 in die Digitalisierung des Privat- und Firmenkundengeschäfts und dem erklärten Ziel besteht, enger mit Fintech-Unternehmen zusammenzuarbeiten, erscheint auf einmal das Projekt Yomo der Sparkassen auf der Bildfläche. Das ist in sofern bemerkenswert, als dass das Projekt über Monate geheim gehalten werden konnte und ausgerechnet jetzt, kurze Zeit nach dem Vorstoss der Deutschen Bank, auftaucht. Genaues weiß man nicht, nur dass Yomo eine Antwort der Sparkassen auf die Entwicklungen im Fintech sein soll. Yomo soll die Online-Banking-Lösung für die Millenials werden und ist damit im gleichen Fahrwasser wie Number26 unterwegs, dem ersten rein App-basierten Girokonto. Sogar vom Number26-Killer ist die Rede.

Yomo – nichts genaues weiß man nicht

Offizielle Informationen gibt es derweil wenige. Da gibt es eine auf den Sparkassen-Ableger Star Finanz registrierte Webseite www.yomo.de, auf der außer dem Logo nichts zu sehen ist. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hat inzwischen zwar bestätigt, das Yomo unter dem Dach der Sparkasse vermarktet werden soll, das war es aber auch schon an offiziellen Infos. Gerüchten zu Folge sind wichtige Fragen bei Yomo noch ungeklärt: Wird Yomo in das Basisangebot der Sparkassen eingehen? Wird Yomo die bestehenden Sparkassen-Apps ersetzen? Und vor allem: Wer finanziert Yomo überhaupt? Ob die Sparkassen-IT-Firma Finanz Informatik, der Deutsche Sparkassenverlag (DSV) oder aber der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) den Spaß auch über die Anfangsinvestition der beteiligten mindestens acht Sparkassen hinaus langfristig bezahlen wird, soll wohl erst noch entschieden werden. Eine nicht zu unterschätzende Entscheidung im Hause der Sparkassen: denn wer die Party bezahlt, bestimmt nicht nur die Gäste, sondern auch die Playlist. Das hat auch Auswirkungen auf die Frage, wessen Spielregeln sich Yomo dann unterwerfen muss. Oder wird man die Interessen von Yomo in einer neuen Gesellschaft, a la Paydirekt, ausserhalb des Sparkassen-Universums bündeln?

Auch darüber, wie weit Yomo in der Entwicklung fortgeschritten ist, gibt es widersprüchliche Aussagen. Die einen gehen von einer Betaphase innerhalb der nächsten 3 Monate aus, die anderen spekulieren auf das Jahresende. Die Internetadresse wurde bereits Anfang April registriert. Eine Seite mit Impressum ist auch schon online, was eigenartig ist. Wozu eine Seite inklusive Impressum online stellen, wenn man das Projekt verheimlichen möchte? Man könne glauben, die Sparkasse hat virales Marketing für sich entdeckt. Angeblich plant die Hamburger Sparkasse (Haspa) in den nächsten Monaten eine Guerilla-Aktion – vielleicht für Yomo? Viel Spekulation für ein Produkt bestehend aus einem Logo.

Kundenzentrierte Entwicklungen bisher keine Stärke der Sparkasse

Mit den Sparkassen Elbe-Elster und Mansfeld-Südharz sind am 25.08.2015 die ersten B-Piloten mit der Internet-Filiale 6.0 live gegangen.
Mit den Sparkassen Elbe-Elster und Mansfeld-Südharz sind im August 2015 die ersten B-Piloten mit der Internet-Filiale 6.0 live gegangen.

Entwickelt wird Yomo vom Haus- und Hof-Dienstleister Star Finanz. Für die Umsetzung von Yomo soll sich Star Finanz externe Designer eingekauft haben, was eine gute Entscheidung war, wenn man die Produkte der Star Finanz kennt. Die Kundenschnittstelle, also das Frontend, scheint einen starken Fokus bekommen zu haben. Anders als das neue Frontend der Online-Banking-Produkte der Sparkasse soll Yomo auf eine mobile und digitale Zielgruppe abzielen. Das Backend, d.h. die Anbindung an die Sparkassen-eigenen Systeme, soll von der rheinlandmobil, einem Tochterunternehmen der Kreissparkasse Köln-Bonn und zugleich Entwicklungspartner der Finanz Informatik, stammen. Um eine eigenständige Bank handelt es sich bei Yomo derweil nicht, es ist also anzunehmen, dass jeder Sparkassen-Kunde Yomo dann nutzen können wird. Yomo ist, sollte es denn irgendwann kommen, ein wichtiger Schritt für die Sparkassen. Es war klar, dass man sich den von Fintech-Startups angestoßenen Entwicklungen nicht dauerhaft entziehen konnte. Daher ist es ein logischer Schritt, sich dem Thema endlich anzunehmen. Ein dringend notwendiger Schritt sogar. Schaut man sich die bestehenden Lösungen der Sparkasse an, fühlt man sich in der Zeit zurückgeworfen. Das Design des Online-Bankings der Sparkasse ist, je nach Versionsstand der lokalen Sparkasse, irgendwo Mitte der 90iger Jahre stehen geblieben. Mit einem Hinweis “optimiert für Netscape Navigator” und einem animierten E-Mail-Gif wäre die Illusion perfekt. Alleine die Startseite der Sparkasse kommt mit unzähligen Einstiegspunkten. “Viel hilft viel” war bisher die Devise. Die vielgerühmte, neue und responsive Internet-Filiale Version 6 kommt erst jetzt nach mehrjähriger Verspätung bei einigen Sparkassen zum Einsatz.

Yomo, der Number26-Killer?

Um nun eine Zielgruppe zu erreichen, die nichts mehr mit der AOL-CD anzufangen weiß, brauchen die Sparkassen dringend eine digitale Strategie. Und Yomo könnte ein wichtiger Baustein in dieser Strategie sein, um eine jüngere Zielgruppe, die mobil am Smartphone unterwegs ist, an sich zu binden. Denn das ist bitter notwendig, um den Ausgleich der Abwanderung von Sparkassen-Kunden im Alter zwischen 20 und 35 Jahren entgegenzuwirken, der auf Sparkassen-Deutsch „Badewannen-Effekt“ genannt wird. Gesetzt den Fall, dass Yomo die Bedürfnisse der Nutzer zufrieden stellt, könnte die Sparkasse sogar von den traditionellen Werten profitieren. Über 25.000 Geldautomaten in Deutschland und ein dichtes Filialnetz können Number26 und Co nicht bieten. Je nachdem, wie die Sparkassen Yomo umsetzen, könnte die Kombination funktionieren. Die wichtige Frage ist, ob Yomo eine Eintagsfliege bleiben wird oder die Sparkassen das Thema Digitalisierung ernst nehmen und ein klares Versprechen abgeben werden, ein langfristiges Ziel nachhaltig zu verfolgen, ohne es in ihrem Sparkassen-Apparat zu zerreiben. Die Deutsche Bank hat beim Thema Digitalisierung vorgelegt und investiert nicht nur viel Geld in das Thema, sondern sucht die Nähe zu Fintech-Startups, um die eigene Produktpalette aufzuwerten.

Fazit

Yomo soll sich sowohl vom Design als auch von der Bedienung abheben und ein gutes Design und Online-Banking ist richtig und wichtig. Noch wichtiger ist aber ein ganzheitliches Konzept. Mit einem solchen Konzept wären auch die Auswirkungen auf die Branche nicht zu unterschätzen. Denn je besser die Lösungen der etablierten Banken an der Kundenschnittstelle sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich Kunden für alternative Lösungen entscheiden. Das betrifft als erstes den Markt für alternative Banking-Frontends und Apps wie finanzblick, Numbrs oder Outbank. Aber auch Fintechs, welche Lösungen für dedizierte Anwendungsfälle anbieten, sollten solche Entwicklungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn zum Beispiel eine Bank ein gutes P2P-Payment anbietet, sinkt die Wechselwilligkeit zu Alternativen. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, für welchen Weg sich die Sparkassen entscheiden und ob Yomo nur ein besseres Knax-Konto der 20-35 Jährigen wird. Sollte man aber eine belastbare Digitalisierungsstrategie verfolgen, wäre das genauso bemerkenswert wie der Vorstoß der Deutschen Bank. Und genauso begrüßenswert.

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2 Antworten zu “Was das Sparkassen-Projekt Yomo für die Branche bedeutet.”

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