Interview: Telekom-Manager Stefan Schnitzler über MyWallet.

MyWallet-Stefan-Schnitzler„Wir möchten nicht nur ein eigenes Eco-System zu Mobile Payment etablieren, sondern haben vielmehr das Gesamtumfeld des Mobile Commerce im Auge. Dabei setzen wir auf starke Partnerschaften“, sagt Telekom-Manager Stefan Schnitzler über die Einführung von MyWallet. Schnitzler verantwortet bei der Deutschen Telekom innerhalb der Business Unit Payment den Bereich Banking- und Retail-Partnerschaften. Im Vorfeld der Payment World (23. bis 24. September 2013 in Wiesbaden), wo Stefan Schnitzler zum Thema „Mobile Commerce – mehr als nur Payment“ referieren wird, haben wir mit ihm über wichtige Mehrwerte  gesprochen, die MyWallet jenseits des Bezahlvorgangs erfolgreich machen sollen.

mobilbranche.de: Bei der Payment World sprechen Sie in Ihrem Vortrag über das Thema „Mobile Commerce – mehr als nur Payment“. Wieso führt die regelrechte Fixierung der Branche auf Mobile Payment via NFC am Point of Sale denn in die Irre?

Stefan Schnitzler: Im Prinzip greift in der virtuellen Welt, was auch in der physischen Brieftasche gilt: zuerst kommt das Thema Bezahlen mit Kreditkarten, Girokarte oder Prepaid-Karten. Dann kommen die Kundenbindungskarten, Bonuskarten, Rabatt-Stempelkarten, Zugangs- und Mitgliedskarten, Tickets usw. Dies spiegelt sich auch in der aktuellen Diskussion um Mobile Wallets wider: Wir sind überzeugt, dass mobiles Bezahlen in der Wallet zwar ein grundlegender, aber dennoch nur einer von mehreren Aspekten des Mobile Commerce ist. Studien belegen, dass kontaktloses Bezahlen für den Durchbruch von kontaktlos-Anwendungen im Massenmarkt eine wichtige Voraussetzung ist, aber um weitere Funktionalitäten wie Kunden- und Loyalty-Karten sowie Coupons erweitert werden muss. Erst durch die Bündelung verschiedener Funktionen und Anwendungen wie Ticketing, Kundenbindungskarte und Kreditkarte wird ein echter Mehrwert für den Kunden geschaffen.

mobilbranche.de: Mit MyWallet führt die Deutsche Telekom derzeit ein eigenes Payment Eco-System ein. Worauf legt Ihr System den Fokus?

Stefan Schnitzler: Wir möchten nicht nur ein eigenes Eco-System zu Mobile Payment etablieren, sondern haben vielmehr das Gesamtumfeld des Mobile Commerce im Auge. Dabei setzen wir auf starke Partnerschaften.

Kern unserer Strategie ist, eine sichere und kundenfreundliche Plattform für Mobile Commerce anzubieten. Die MyWallet ist die digitale Brieftasche, die von Bezahlkarten verschiedener Bank- und Kreditkarteninstitute, über Tickets und Bonusheften hin zu Zugangskarten, vieles enthalten kann, was dem Kunden im Alltag hilft, schneller und bequemer zu zahlen und Bonuspunkte zu sammeln und einzulösen.

MyWallet

mobilbranche.de: Sind Themen wie Couponing und Loyalty die richtigen Mehrwerte, um auch die Verbraucher zu überzeugen?

Stefan Schnitzler: Die alleinige Fokussierung auf Bezahldienste ist zu kurzfristig gedacht, da Kunden einen wesentlichen Mehrwert in der Digitalisierung von Kundenbindungskarten oder Couponing (67%) bzw. der Ersparnis durch Nutzung von Coupons (78%) sehen [Quelle: PWC Consumer Intelligence Series – Mobile Wallet, 2013]. Natürlich gibt es auch weitere Mobile Commerce Anwendungen, wie z.B. Product-Finder, Shop-Finder, Ticketing (Parken, ÖPNV, etc.) und sonstige händlerspezifische Mehrwertleistungen für den Kunden, die die Attraktivität und den Nutzen einer Mobile Wallet zu erhöhen.

mobilbranche.de: Wenn Couponing und Loyalty bei MyWallet so wichtig sind, wird dann hinterher nur noch am Rande auch tatsächlich mit dem Handy bezahlt?

Stefan Schnitzler: Die Möglichkeit des Bezahlens über die Applikation der MyWallet ist und bleibt eine ganz wesentliche Funktion von MyWallet – so wie heute in ihrer Leder-Geldbörse. Es wird jedoch sicher nicht die einzige Funktion bleiben

mobilbranche.de: In Polen wurde MyWallet bereits vergangenen Herbst ausgerollt. Wie waren dort die ersten Erfahrungen?

Stefan Schnitzler: Wir sind sehr zufrieden mit der Kundenresonanz von 10.000 Kunden.

  • Wir sind in Polen gestartet, weil Polen die beste Infrastruktur von NFC-Terminals im Handel hat. So akzeptieren alle großen Supermärkte NFC-Karten. In Zahlen ausgedrückt beträgt die Verbreitung der NFC-Terminals über 100.000 Terminals Ende 2012.
  • Die MyWallet ist von zwei Branchen-Monatszeitschriften mit folgenden Auszeichnungen geehrt worden: Golden Bell als Innovation des Jahres 201 und Virtuelles Telefon als Finanzdienstleistung des Jahres 2012
  • Zu den beiden Bankpartnern, mit denen das Produkt gestartet ist (Polbank und Millennium Bank) ist im Januar eine weitere hinzugekommen: Getin Noble Bank

mobilbranche.de: Wann erwarten Sie, dass die Mehrheit der Deutschen Wallet-Lösungen wie MyWallet der Deutschen Telekom in großem Stil annehmen werden?

Stefan Schnitzler: Dies wird voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Massenmarkt-Relevanz von Mobile Wallets ist abhängig von der Verbreitung kontaktloser Bezahlterminals am Point-of-Sale. Dies ist für die Händler mit Investitionen verbunden und wird daher nur zögerlich angegangen, solange der Kunde dies nicht einfordert. Allerdings bieten gerade in letzter Zeit immer mehr Händler kontaktlose Bezahlterminals an. Und auch bei den Banken werden vermehrt kontaktlose physische Karten herausgegeben.

Als Deutsche Telekom sind wir auch selber aktiv, NFC-fähige POS-Terminals sowohl im klassischen stationären Handel, als auch im Bereich der Selbstbedienungsautomaten (Ticketautomaten und Zugangssysteme etc.) zu installieren.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

Lesen Sie auch unser anderes Vorab-Interview zur Payment World (23. bis 24. September 2013 in Wiesbaden): Thomas F. Dapp von Deutsche Bank Research über die Zukunft des mobilen Zahlungsverkehrs.

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Eine Antwort zu “Interview: Telekom-Manager Stefan Schnitzler über MyWallet.”

  1. Hallo,
    schönes Interview. Interessante Einblicke in die Strategie der Telekom. Allerdings halte ich die Erwartungen an Couponing und Loalitätsprogramme im deutschen Markt für übertrieben. Wobei der Weg von einem TK Unternehmen durchaus gegangen werden kann. Von meiner Bank würde ich eine andere Leistung erwarten. Was habe ich für einen Nutzen, wenn mein mobile Wallet mich ständig zu neuem Konsum verleiten möchte. Toll für die Unternehemen (wenn man sich so aufstellen will).

    Mehr Angebote sind nützlich für den Händler und nicht für den Verbraucher. Der Verbraucher würde eher weniger Angebote und mehr Schutz erwarten und vielleicht noch Hinweise, wo er objektiv sparen kann.

    Da bin ich mal gespannt, ob und wann eine Bank das entsprechend erkennt. Wäre in jedem Fall eine Möglichkeit sich zu unterscheiden.

    Schöne Grüsse

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