Interview: Jürgen Röhricht über die Bedeutung von Mobile für SAP.

Jürgen-Röhricht-SAP„Wie das Thema Internet lässt sich auch das Thema Mobility nicht kapseln – es ist weder ein reines IT- noch ein reines Business-Thema. Alle Unternehmensbereiche wollen die Vorteile des mobilen Unternehmens nutzen“, sagt Jürgen Röhricht, Director Center Of Excellence DACH, Mobile Business Solutions bei SAP. Eine mobile Strategie müsse daher alle möglichen Zielgruppen umfassen: Mitarbeiter, Geschäftspartner und Endkunden, so Röhricht weiter.  Die SAP hat die Zeichen der Zeit erkannt und baut den Mobilbereich seit rund drei Jahren enorm aus, zuletzt u.a. durch den Kauf der Mobility-Spezialisten Sybase und Syclo. Im mobilbranche.de-Interview erzählt Jürgen Röhricht (Foto rechts: © Wolfram Scheible / SAP AG), welchen Stellenwert Mobile für SAP hat, wie der Konzern mit Startups zusammenarbeit und wie mobile Lösungen in Krankenhäusern oder der Gebäude- und Anlagenwartung zum Einsatz kommen.

mobilbranche.de: Herr Röhricht, SAP wurde lange nicht allzu stark mit dem Begriff Mobile assoziiert, sondern eher mit schwergewichtiger Software für Großkonzerne. Doch mittlerweile scheint sich das zu ändern, wie z.B. die Einrichtung des Center of Excellence Mobility zeigt. Wie wichtig ist das Thema Mobile für SAP im Jahr 2013?

Jürgen Röhricht: Desktop-PCs und Laptops werden zunehmend an Bedeutung verlieren. Folgt man den Prognosen des Analystenhauses IDC, werden im Jahr 2013 bereits 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in den USA und 50 Prozent in Europa mit mobilen Geräten auf die Unternehmenssoftware zugreifen. Wir bauen den Mobilbereich seit geraumer Zeit immer weiter aus und bieten das umfassendste Portfolio, um unsere Kunden zu „mobilisieren“. Das reicht von Lösungen zum Verwalten mobiler Endgeräte und Apps, über Apps zur unternehmensinternen Nutzung bis hin zu Apps für Konsumenten und mCommerce einschließlich Mobile Banking und Mobile Wallet. Dazu gehört aber vor allem auch eine Plattform, um eine Vielzahl an Apps unter Gesichtspunkten der Komplexitätsreduzierung, Kosten, Sicherheit, etc. in die bestehende IT-Landschaft zu integrieren. Aber es stimmt natürlich, dass wir häufig noch als Anbieter für Geschäftsprozesssoftware, etwa für Personal- oder Finanzverwaltung, wahrgenommen werden.

mobilbranche.de: Als Softwarekonzern liegt es nahe, dass SAP neue mobile Applikationen zuerst für eigene Zwecke erprobt. Wo kommen ihre mobilen Lösungen intern zum Einsatz und was für Mehrwerte bieten sie?

Jürgen Röhricht: SAP hat beispielsweise 18.000 iPads sowie 16.000 iPhones im Einsatz und verwaltet mehr als 5.000 von den Mitarbeitern selber mitgebrachte Geräte. Zur sicheren Verwaltung dieser und weiterer Geräte mit Betriebssystem von Blackberry, Windows 8 oder Android nutzen wir die Software SAP Afaria. Weiterhin steht unseren Mitarbeitern eine Vielzahl an Apps zur Verfügung, um die tägliche Arbeit zu unterstützen, produktiver zu gestalten und zu jederzeit und jedem Ort Zugriff auf wichtige Informationen zu gewährleisten. Dies reicht von Informationsvermittlung wie Preislisten, neueste Präsentationsmaterialien über nutzerfreundliche Lösungen um Urlaubsanträge zu erstellen und genehmigen, der sichere Zugriff auf Dokumente von mobilen Endgeräten, über transaktionale Apps für unseren Außendienst wie beispielsweise ein mobiles CRM bis hin zu detaillierten Analyse-Apps für unseren Vorstand und Management.

Ich persönliche nutze eine ganze Reihe unserer mobilen Apps wie beispielsweise SAP Mobile Sales als App für das Kundenbeziehungsmanagement, BI Explorer zur Analyse von Geschäftsdaten, SAP Box zum sicheren Synchronisieren von Dokumenten auf verschiedenen Endgeräten und noch einige weitere.

mobilbranche.de: Mittlerweile gibt es dutzende SAP-Apps in Apples AppStore. Auf welche Apps sind sie dabei besonders stolz?

Jürgen Röhricht: Insgesamt gibt es in Apples AppStore über 100 SAP-Apps. Dazu kommen noch mobile Apps für die Betriebssysteme Android und Windows 8. Ebenso nicht bei Apple oder dem SAP Store zu finden sind die kundenspezifischen Entwicklungen. Hier gibt es eine Vielzahl an tollen Beispielen, wie die mobilen Lösungen von SAP Unternehmen helfen, eigene Apps für spezielle branchen- bzw. unternehmensspezifische Prozesse zu entwickeln und nutzen und damit konkreten Geschäftsnutzen zu ziehen. Im Übrigen ist dies für alle Bereiche und nicht nur B2B interessant. Ein Beispiel hierfür ist SAP EMR Unwired. Die App stellt eine Verbindung zu den vorhandenen klinischen Backend-Systemen einschließlich der Krankenhausinformationssysteme und Bildsysteme her. Somit können Patientendaten und Röntgenbilder auf dem iPad unter Einhaltung der Datenschutzrichtlinien angezeigt werden. Die App ersetzt die Papierakte, ist stets auf dem neuesten Stand.

Vor allem durch die Übernahme des Unternehmens Syclo bieten wir unseren Kunden auch zahlreiche mobile Apps für mobilen Service, Instandhaltung und Asset Management – diese Aufgaben sind bei nahezu jedem Unternehmen ein Thema. In der Gebäude- und Anlagenwartung können Service-Techniker beispielsweise mit SAP CRM Service Manager sicherstellen, dass sie immer das richtige Equipment dabei haben, wenn sie zu einem Auftrag gerufen werden. Von unterwegs können sie sofort alle relevanten Kundeninformationen zum Einsatz abrufen und sich entsprechend mit den erforderlichen Ersatzteilen sowie Werkzeugen ausstatten. Direkt nach Erledigung der Reparaturarbeiten gibt der Techniker seinen Bericht in das mobile System ein und dokumentiert die Erledigung des Auftrags. Bei Bedarf bestätigt der Kunde die Serviceleistung mit seiner Unterschrift auf dem mobilen Endgerät – so werden Kosten und Zeit eingespart und die Berechnung des Serviceeinsatzes kann zeitnah erfolgen.

mobilbranche.de: SAP hat mit dem Kauf von Sybase und Syclo in den letzten Jahren zwei ausgewiesene Mobile-Unternehmen übernommen. Wie weit ist die Integration vorangekommen? Für Außenstehende ist es schließlich mitunter nicht ganz einfach zu verstehen, was nun SAP, was Sybase und was Syclo so machen.

Jürgen Röhricht: Wir sind derzeit bereits in der Umsetzung einer schrittweisen Zusammenführung der unterschiedlichen Bestandteile und der jeweiligen Stärken auf einer zentralen Plattform. Unsere Kunden erhalten so die Möglichkeit, mobile Anwendungen verschiedenster Art und für alle gängigen Betriebssysteme zu erstellen, zu integrieren und zu verwalten. Die mobilen Lösungen von Syclo für Service und Instandhaltung beispielsweise für Servicetechniker haben wir in unser Portfolio integriert. Ebenso die mobilen Applikationen von Sybase sowie die Gerätemanagementsoftware Afaria. Die früher unter „Sybase 365“ bekannten Lösungen decken B2C-Apps speziell für den Themenbereich mCommerce ab. Hier stehen Funktionen für das Marketing und Commerce im Consumer-Bereich im Mittelpunkt, z.B. mBanking- Loyalty-, Mobile-Wallet-Lösungen, die neben Banken, Einzelhändlern und Versorgern für eine Vielzahl weiterer Branchen interessant sind.

mobilbranche.de: Wenn wir schon über Know-how und Innovationen von außen sprechen: Wie stark arbeitet SAP eigentlich mit Startups zusammen?

Jürgen Röhricht: Wir wollen in den kommenden Jahren im Bereich der mobilen Geschäftsanwendungen das erreichen, was Apple im Bereich des Privatanwenders erreicht hat: Tausende von Jobs für App-Entwickler bei Partnern und unabhängigen Entwicklern schaffen. Mit dem „SAP Mobile Developer Program“ bekommen Entwickler umfassende Starthilfe, damit sie im schnell wachsenden Markt der mobilen Geschäftsanwendungen durchstarten können. Das Programm bietet unter anderem fundierte Weiterbildungsmöglichkeiten, Zugang zu Entwicklungsplattformen und technischen Systemen sowie Austauschmöglichkeiten und weitere Anreize.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Startups und SAP ist Teil unserer Innovations- und Wachstumsstrategie und nicht auf Mobile begrenzt. Als Teil einer weltweiten Initiative haben wir beispielsweise in Berlin das SAP Startup Forum organisiert: Das Forum bot mehr als 35 teilnehmenden Jungunternehmen aus Deutschland und Österreich die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und voneinander zu lernen. Vorgestellt wurden beispielsweise neue Ansätze in der personalisierten Medizin für Krebspatienten, Entwicklungen von Smartphone-basierten Services für Lebensmittelmanagement sowie Apps für die Auswertung von Daten aus dem Internet und Social-Media-Kanälen für Marketingaktivitäten. Die Startups mit den besten Ideen haben sich für das SAP-Startup-Focus-Programm qualifiziert. Als Teil des Programms erhalten sie bis zu einem Jahr kostenlos Test- und Entwicklungslizenzen für SAP HANA, um so ihre Ideen marktreif zu machen.

mobilbranche.de: In einem Jahresausblick für 2013 schrieb Alexander Arnold von SAP, dass die Hälfte der westeuropäischen Unternehmen noch immer keine mobile Strategie haben. In wieweit nehmen die SAP und Ihre Partner die Anwender bei der Entwicklung einer solchen Strategie an die Hand?

Jürgen Röhricht: Relevante Ansprechpartner im Unternehmen sind nicht ausschließlich IT oder vereinzelte Fachbereiche. Wie das Thema Internet lässt sich auch das Thema Mobility nicht kapseln – es ist weder ein reines IT- noch ein reines Business-Thema. Alle Unternehmensbereiche – von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Logistik und dem Verkauf – wollen die Vorteile des mobilen Unternehmens nutzen. Die Strategie muss daher alle möglichen Zielgruppen umfassen: Mitarbeiter, Geschäftspartner und Endkunden.

Basis der Überlegungen ist die Schaffung einer zukunftsfähigen technologischen Plattform, die beim Entwickeln und Verwalten aller mobilen Applikationen hilft und dabei Sicherheit der Daten ermöglicht. Abschließend müssen die Richtlinien im Unternehmen auf die „mobile Welt“ hin angepasst werden.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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