Interview: Petra Jung von eBay über Mobile Commerce.

„Die mobilen Technologien verändern die Spielregeln im Handel derzeit grundlegend. Wir stehen an einem Wendepunkt – es entsteht ein völlig neues Einkaufs- und Handelsumfeld“, sagt Petra Jung von eBay Europe. Die gebürtige Ludwigshafenerin verantwortet von London aus als Head of Mobile Shopping die Entwicklung und Optimierung der eBay Buyer Experience für Mobile in Europa. Im Vorfeld des Mobile Commerce Summit am 28. August in Wiesbaden, wo Petra Jung über das Thema „Mobile Shopping – Wie Tablets und Smartphones den Handel revolutionieren“ referieren wird, haben wir mit ihr darüber gesprochen, was für Verbraucher daran so reizvoll ist, mit Mobilgeräten einzukaufen. Händler wiederum sollten Mobile als Chance sehen und nicht als Risiko, sagt Petra Jung: „Der mobile Nutzer schaut am Tag durchschnittlich 40 Mal auf sein Smartphone, das sind 40 Shopping-Gelegenheiten!“ Denn: „Ein Geschäft kann heute überall dort sein, wo der Kunde es sich wünscht.“

mobilbranche.de: Frau Jung, beim Mobile Commerce Summit werden Sie darüber sprechen, wie Tablets und Smartphones den Handel revolutionieren. Ist die Revolution denn heute schon da? Und woran machen Sie das fest?

Petra Jung: Absolut, die mobilen Technologien verändern die Spielregeln im Handel derzeit grundlegend. Wir stehen an einem Wendepunkt – es entsteht ein völlig neues Einkaufs- und Handelsumfeld. Die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablet-PCs beeinflusst das Informations- und Kaufverhalten der Verbraucher nachhaltig. Mobile Endgeräte passen bequem in jede Hosentasche und doch hält der Nutzer mit ihnen ein komplettes Shopping-Universum in seinen Händen. Den Verbrauchern ermöglichen die neuen Technologien, jederzeit und an jedem Ort einzukaufen. Das ist revolutionär, und darauf muss sich der Handel einstellen. Bei eBay erkennen wir einen klaren Mobile-Trend: Im Jahr 2011 hat sich der Handel auf dem weltweiten Online-Marktplatz über mobile Applikationen mehr als verdoppelt. Das Handelsvolumen betrug 5 Milliarden US-Dollar. Für 2012 rechnen wir mit einem weltweiten Handelsvolumen von 10 Milliarden US-Dollar durch Mobile Commerce.

mobilbranche.de: In der eBay-Umfrage „Zukunft des Handels“ (Infografik als PDF) heißt es, dass Mobile Shopping in Zukunft einen Anteil von 11 Prozent am gesamten Handel haben könnte. Was ist für Verbraucher so reizvoll daran, mit Mobilgeräten einzukaufen?

Petra Jung: Smartphones und Tablet PCs machen es möglich, Einkäufe beispielsweise dann zu erledigen, wenn man gerade Zeit mit Warten überbrücken muss – zum Beispiel an der Bushaltestelle. Die mobilen Technologien ermöglichen den Verbrauchern, genau dann einzukaufen, wenn ein Impuls zum Kaufen entsteht – jederzeit und an jedem Ort. Das ist enorm praktisch, bequem und spart Zeit. Mobile bietet darüber hinaus ganz neue Möglichkeiten beim Einkaufen, zum Beispiel durch visuelle Suchmöglichkeiten. Mit unserer neuen Fashion App kann ich einfach ein Foto von einem Muster auf einem Rock machen, das mir gefällt und die Anwendung sucht automatisch nach vergleichbaren Mustern und zeigt eine Auswahl ähnlicher Mode. Bei eBay verfolgen wir das mobile Nutzungsverhalten unserer Kunden sehr genau, gemeinsam mit der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. haben wir in der Mobile-Studie „Smart Shopping“ (Studie als PDF) herausgefunden, dass ein Drittel aller Smartphone- oder Tablet-PC-Besitzer schon einmal mobil eingekauft hat. Knapp drei Viertel informieren sich mobil vor dem Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung.

mobilbranche.de: Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus dem Boom des Mobile Web für Händler?

Petra Jung: Ein Geschäft kann heute überall dort sein, wo der Kunde es sich wünscht. Der mobile Nutzer schaut am Tag durchschnittlich 40 Mal auf sein Smartphone, das sind 40 Shopping-Gelegenheiten! Aus unserer Sicht werden vor allem die Händler von diesen grundlegenden Veränderungen profitieren, die eine durchdachte Multi-Channel-Strategie verfolgen, das neue Handelsumfeld wirklich verstehen und sich auf das veränderte Informations- und Nutzungsverhalten der Verbraucher einstellen. Die Basis ist sicher zunächst einmal ein ansprechender Auftritt im Mobile Web. Wenn sich eine mobile Seite nicht innerhalb von 3 Sekunden aufbaut, ist der Nutzer geneigt, weiter zu surfen. Auf Kundenseite beobachten wir eine große Bereitschaft, mobile Angebote zu nutzen. Vier von zehn Smartphone-Besitzern gaben bei unserer „Smart Shopping-Studie“ an, dass sie gerne verstärkt mobil recherchieren und einkaufen würden, wenn es ein größeres Angebot an mobil verfügbaren Produkten und Dienstleistungen sowie eine größere Vielzahl an guten mobilen Anwendungen gäbe.

mobilbranche.de: Wie unterstützt eBay als weltweit führender Marktplatz die Händler dabei, Ihre Angebote mobil-tauglich zu machen?

Petra Jung: eBay ist sowohl Innovator als auch Partner für den Handel: Wir richten unser Geschäft und unsere Technologien kontinuierlich am Kaufverhalten und an den Rückmeldungen unserer Kunden aus. Davon profitieren kleine als auch große Händler, die unsere Plattform und Services nutzen. Natürlich unterstützen wir unsere Händler auch beim Einstieg in den Mobile Commerce. eBay bietet mobile Anwendungen für iPhone, iPad, Android, und Windwos Phone 7. Die mobilen Applikationen von eBay wurden bislang weltwei mehr als 90 Millionen Mal heruntergeladen. Auf dem deutschen Marktplatz wird alle fünf Sekunden ein Produkt mobil gekauft, am beliebtesten sind dabei die Kategorien Elektronik, Mode, Autoteile & Zubehör sowie Haus & Garten. Unser oberstes Ziel ist es, dem Nutzer ein inspirierendes Shopping-Erlebnis zu bieten – immer und überall. Alle Händler, die auf der eBay Platform verkaufen, sind automatisch mit Ihren Angeboten auch auf unseren Mobile-Applikationen vertreten.

mobilbranche.de: Das Smartphone gilt als „Missing Link“ zwischen online und offline. Wenn Verbraucher künftig via Smartphone erfahren, dass es Produkte bei Ihnen vor Ort direkt um die Ecke zu einem guten Preis gibt, könnte dies einen negativen Effekt auf Online-Umsätze haben. Was setzen Sie dem entgegen?

Petra Jung: Wir sehen den stationären Handel nicht als Konkurrenten des Onlinegeschäfts. Beide Shopping-Formen bieten ihre Vorteile, der Verbraucher ist mit seinem Smartphone deutlich flexibler in der Entscheidung wann er etwas kauft, im Ladengeschäft hat er den Vorteil die Produkte anfassen und ausprobieren zu können. Experten unserer Studie „Zukunft des Handels“ gehen davon aus, dass Konsumenten zukünftig bestimmte Produktgruppen, wie Bücher, Filme und Musik überwiegend digital erwerben werden, verderbliche Waren wie zum Beispiel Lebensmittel werden auch weiterhin stationär gekauft. Die verschiedenen Vertriebswege werden nicht konkurrieren, sondern sich vielmehr gegenseitig ergänzen. Mobile Zugänge ändern die Art des Kaufen und des Bezahlens. Und die mobile Technologie wird Produkten aus dem stationären Handel zur Online-Präsenz verhelfen.

mobilbranche.de: Wie wichtig werden denn generell im Handel die Location-based Services werden? Einer der jüngsten Trends sind z. B. Flohmarkt-Apps wie Stuffle.it, mit denen man dank Standortkennung Gebrauchtwaren in seiner eigenen Umgebung aufstöbern und zeitnah abholen kann.

Petra Jung: Location-based Services werden zukünftig im Handel eine immer größere Rolle spielen, denn sie vermitteln dem Konsumenten ein weiteres Spektrum im Shoppingerlebnis. eBay stellt sich auf diesen Trend bereits ein. Bereits Ende 2010 haben wir beispielsweise in den USA die lokale Einkaufssuchmaschine Milo gekauft, die den Warenbestand von Ladengeschäften im Web durchsuchbar macht. Zu den Kunden von Milo zählen zum Beispiel Ikea, Crate & Barrel oder Barnes & Noble. In den USA sind die Daten von Milo bereits in die eBay-Website sowie die mobilen Angebote von eBay integriert. Diese Art von Diensten tragen dazu bei, dass die Verbraucher bald selbst gar nicht mehr definieren werden können, ob sie gerade online, offline oder mobil einkaufen – die Grenzen zwischen den Vertriebswegen lösen sich mit den neuen Technologien zunehmend auf.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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