Interview: Florian Gmeinwieser von Plan.Net über die Zukunft des Mobile Commerce.

„In spätestens fünf Jahren wird niemand mehr über einen Unterschied zwischen E- und M-Commerce sprechen – es wird dann nur noch vom D-Commerce die Rede sein, dem digitalen Commerce“, so Florian Gmeinwieser, Head of Mobile der Digitalagentur Plan.Net. Schon vorher wird der Mobile Commerce den klassischen stationären Handel nachhaltig verändern, sagt Gmeinwieser, wobei ein großes Thema die Vernetzung von Online und Offline sein wird, also die Verknüpfung von Online-Shop mit dem Handel vor Ort. Das und mehr erzählt Florian Gmeinwieser im Vorfeld des Mobile Commerce Summit am 28. August in Wiesbaden, wo er zum Thema  „The Future of M-Commerce – Wie Sie von Trends und Technologien, wie QR-Codes, SoLoMo und Augmented Reality profitieren“ referieren wird.

mobilbranche.de: Herr Gmeinwieser, Sie sprechen beim Mobile Commerce Summit in Wiesbaden über die Zukunft des M-Commerce. Was sind für Sie hier die wichtigsten Trends, sowohl aktuell als auch für die kommende Jahren?

Florian Gmeinwieser: Der wichtigste Trend ist aus meiner Sicht die Erweiterung des E- zum M-Commerce und die damit verbundenen Auswirkungen. Es geht nicht nur darum, einen Online-Shop lediglich um einem Mobile-Shop zu ergänzen; das ist nicht die Herausforderung! Der M-Commerce wird den klassischen stationären Handel nachhaltig verändern – und der Paradigmenwechsel wird sich vor allem bei den Händlern vor Ort abspielen: Aufgrund der massiven Verbreitung von mobilen Endgeräten wird nämlich der derzeitige Trend, am PoS sofort Preise, Qualität und Meinungen online abrufen und ggf. direkt im Onlineshop bestellen zu können, zum normalen Habitus.

Das ist natürlich ein Risiko für die Händler, aber auch eine Chance, da sie sich auf andere Werte wie Service, Leistung, Beratung, Qualität oder Vertrauen konzentrieren und sich damit neu positionieren können. Wer hier punktet, wird dann auch online sichtbarer; über Bewertungen, Meinungen etc. Und in spätestens fünf Jahren wird niemand mehr über einen Unterschied zwischen E- und M-Commerce sprechen – es wird dann nur noch vom D-Commerce die Rede sein, dem digitalen Commerce…

mobilbranche.de: Wie wird Shopping in 5 Jahren aussehen? Welche Rolle spielen Mobilgeräte, welche der stationäre Handel?

Florian Gmeinwieser: Ein großes Thema wird die Vernetzung von Online und Offline sein – also die Verknüpfung von Online-Shop und dem Handel vor Ort: Derzeit kämpfen viele Händler mit verschiedenen Warenwirtschaftssystemen, haben teils nicht einmal Internetzugang vor Ort und verstehen Multichannel noch als verschiedene Absatzkanäle, die singulär behandelt werden und nicht aufeinander einzahlen. Der Handel wird in fünf Jahren vielleicht noch deutlich mehr ein „Showroom“ sein. Und die mobilen Geräte sind vielleicht ebenfalls noch viel stärker ein „mobiler PoS“.

mobilbranche.de: Wie stark werden Technologien wie Augmented Reality, NFC, QR-Codes oder auch Phänomene wie Social, Local, Mobile (SoLoMo) das Marketing verändern?

Florian Gmeinwieser: Technologie ist immer die Voraussetzung für die darauf aufsetzenden Kommunikationsmöglichkeiten. Welches Format sich dabei für welche Marke am besten eignet, muss von Fall zu Fall und von Kampagne zu Kampagne individuell analysiert werden. Alle genannten Technologien haben ihre Berechtigung – schon jetzt! Dennoch glaube ich, dass diese Fragmentierung der technologischen Kommunikationsmöglichkeiten und -plattformen weiter zunehmen wird. Die Bedeutung des Strategic Planning und des Channel Management steigen, es wird immer komplexer, Marken integriert zu führen. Insofern sehe ich uns perfekt aufgestellt: Das Agenturmodell der Serviceplan Gruppe deckt mit den Marken Serviceplan, Mediaplus, Plan.Net und Facit sämtliche Kanäle ab – von den klassischen Disziplinen über Media zu Digital und Mobile. Wir sind sogar schon einen Schritt weiter und behandeln Mobile-Marketing nicht mehr als eigenen Leistungsbereich, sondern denken es in allen Kampagnen von Anfang an mit. Dafür sind wir zentraler Ansprechpartner für alle Unternehmen und Units der Serviceplan Gruppe.

mobilbranche.de: Bei mobiler Werbung klafft derzeit eine riesige Lücke: Obwohl Apps und das Mobile Web einen immer größeren Anteil der Mediennutzungszeit verschlingen, sind die Werbe-Spendings marginal. Wird Mobile von den werbungtreibenden Unternehmen noch immer unterschätzt?

Florian Gmeinwieser: Wir beobachten im Bereich Mobile quasi dasselbe Phänomen, wie zur Jahrtausendwende mit dem Internet: Erst musste die Technologie weitflächig verbreitet werden, dann kam mit DSL die nötige Geschwindigkeit beim Datentransfer und schlussendlich sanken mit den Flatrates die Preise. Dabei waren die PIs zunächst immer höher als die Werbeausgaben, weil Kommunikationsplattformen und Shops erst geschaffen und vom User auch angenommen werden mussten, bevor es mit den Werbeausgaben nach oben ging – die Werbung folgt dem Nutzungsverhalten der User. Mit dem mobilen Internet passiert jetzt exakt dasselbe. Nur viel schneller.

mobilbranche.de: Wann werden wir größere Budget-Shifts hin zu Mobile erleben?

Florian Gmeinwieser: Das wird innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre geschehen: Wir haben breitflächig die Technologie bzw. die nötigen Geräte; mit LTE kommt jetzt die Geschwindigkeit hinzu – und die Preise der Flatrates bewegen sich auch nach wie vor. Als Agentur mit mehr als sieben Jahren Erfahrung im Bereich Mobile haben wir bereits einen signifikanten Anteil an Mobile-Spendings bei unseren Kunden – und die Tendenz ist steigend.

mobilbranche.de: Wird Werbung durch das Mobile Web in Zukunft noch Abverkauf-orientierter? Immerhin gibt es ja gleich mehrere Performance-Networks. Oder wird auch Image-/Branding-Werbung hier eine große Rolle spielen?

Florian Gmeinwieser: Ich denke, dass die Knackpunkte Mobile-Shops und das Couponing sein werden: Die Mobile-Shops werden derzeit rasant und massiv geschaffen – und in Sachen Coupons arbeiten die Händler intensiv an Möglichkeiten, um das bestehende Problem der „Nicht-Einlösbarkeit“ am PoS oder im LEH endlich in den Griff zu bekommen. Das heißt: Ja, Werbung wird meiner Ansicht nach noch aberkaufsorientierter werden.

mobilbranche.de: In wieweit sind Sie in der Planung mobiler Werbung eigentlich durch die kleinen Smartphone-Displays kreativ eingeschränkt?

Florian Gmeinwieser: Überhaupt nicht. Im Gegenteil: Gerade moderne Smartphones mit ihren Sensoren und den von Vermarktern angebotenen Rich-Media-Ads laden zum Kreativsein ein und setzen uns kaum Grenzen.

mobilbranche.de: Und welche Chancen bietet mobile Werbung, die Online-Werbung nicht bietet?

Florian Gmeinwieser: Vor allem das Nutzungsszenario ist ein komplett anderes: Das mobile Internet ist privater und wird zu anderen Zeiten und an anderen Orten genutzt, als das „stationäre“ Internet: In der Freizeit, im Urlaub, am Wochenende, abends auf dem Sofa – manche Zielgruppen findet man zum Beispiel ausschließlich auf diesen „second screens“. Und natürlich sind die Infos über den Aufenthaltsort in all ihren Facetten eine große Chance für Kommunikation: Auf die jeweilige „Location“ zugeschnittene Inhalte, Wetterinfos, Karten, Bewertungen etc. – da ist ein großes Potential für mobile Werbung vorhanden.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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