Interview: Jens Lohmann von Lotsenhaus Media über mobile Lösungen für die Hackeschen Höfe und Serways.

Jens Lohmann hat zusammen mit Karsten Ruschhaupt vor zweieinhalb Jahren Lotsenhaus Media gegründet, eine Full-Service-Agentur für Mobile-Content- und QR-Code-Projekte. Eines der neuesten Produkte des Unternehmens aus Berlin ist die Serways-App, die Lotsenhaus Media für die Autobahn Tank & Rast GmbH umgesetzt hat. Die App soll „das Beste an der Autobahn“ bieten und enthält u.a. einen Raststätten-Finder mit Ortungsfunktion. Darüber spricht Jens Lohmann im mobilbranche.de-Interview genauso wie über seinen QR-Code-Manager TAG-Master sowie über sein mobiles Besucherinformationssystem für die Hackeschen Höfe in Berlin, das dort seit Oktober 2010 im Einsatz ist und allein im vergangenen Sommer von beinahe 12.000 Besuchern genutzt wurde.

mobilbranche.de: Ihr Name „Lotsenhaus“ scheint Programm: durch die Hackeschen Höfe in Berlin lotsen Sie die Besucher per Smartphone. Was ist der Vorteil gegenüber klassischen Stadtplänen?

Jens Lohmann: Das ist eine zutreffende Beobachtung. Bei den meisten unserer Projekte geht es darum, dem Nutzer Orientierung zu geben. Bei dem Besucherinformationssystem in den Hackeschen Höfen in Berlin z.B. handelt es sich um 6 Abrufstationen zu verschiedenen Themen, die alle mit QR-Codes und Links ausgestattet sind. Videos und Animationsfilme werden in deutscher und englischer Sprache via Streaming auf das Smartphone des Nutzers übertragen.

Dabei vermittelt das System Informationen über Dinge, die der Besucher sonst nicht sehen kann. Wir zeigen z.B. in einem Video, welche Firmen sich hier angesiedelt haben und womit sie sich beschäftigen oder wie die Wohnungen aussehen, in denen die Menschen hier leben. In einem anderen Video erzählen Bewohner, die bereits seit mehr als 50 Jahren in den Höfen wohnen, wie es hier zu DDR-Zeiten zugegangen ist. Weitere Themen sind die jüdische Geschichte, sowie Architektur und Kunstgeschichte.

Es geht also nicht nur um räumliche Orientierung, sondern insbesondere um Orientierung innerhalb historischer Zusammenhänge und Geschehnisse.

mobilbranche.de: Wird dieses System angenommen von den Besuchern?

Jens Lohmann: Das Informationssystem wurde in keinem Medium beworben. Der Besucher entdeckt die Wandtafeln und Glasstelen in den Höfen und kann sich dann spontan entscheiden unser Angebot zu nutzen. Wir waren selbst erstaunt, dass in den Monaten von Anfang Mai bis Mitte November 2011 eine Abrufzahl von insgesamt 11.742 registriert werden konnte. Dabei konnte beobachtet werden, dass die Zahlen der Abrufe über den Code gegenüber den Abrufen über den Link ständig zunahmen. Der QR-Code hat sich bei der Bevölkerung mittlerweile vollständig durchgesetzt, dass war bereits Mitte 2011 für uns absehbar. Ebenfalls interessant, dass von der oben genannten Zahl 2.302 Abrufe auf die englischen Versionen entfielen. Roaming-Gebühren sind offensichtlich nicht für jeden abschreckend. Ganz aktuell hatten wir im März 2012 insgesamt 1.616 Abrufe, wobei lediglich 165 über die Links, alle anderen über die Codes erfolgten.

mobilbranche.de: Sie haben auch die Raststätten-App für Serways entwickelt. Warum braucht der Smartphone-Besitzer einen „Lotsen“ für z.B. Toilettengänge?

Jens Lohmann: Eine App, um auf die Toilette zu gehen braucht kein Mensch. Jedoch sind auf der Autobahn sehr unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen unterwegs. Während der Berufskraftfahrer nur an bestimmten Tankstellen halten will, weil er eine Flottenkarte der dort verfügbaren Kraftstoffmarke besitzt, benötigt der Geschäftsmann während der Pause einen W-LAN-Hotspot, um Kontakt mit seiner Firma aufzunehmen und die Familie auf der Fahrt in den Urlaub benötigt für die Kinder einen Spielplatz zum Austoben oder einen Babywickelraum.

Vollkommen individuell wird die Sache bei der Nahrungsaufnahme. Der eine mag’s deftig, der andere vegetarisch und für den Dritten sind Burger nicht zu toppen. Das und vieles andere kann der Nutzer mit der App filtern und sich die nächste Raststätte, die seine Wünsche erfüllt während der Fahrt anzeigen lassen.

Darüber hinaus haben wir wichtige Informationen über Verkehrsbestimmungen in unseren Nachbarländern und entsprechende Notfallnummern in die App integriert. Ein Grenzalarm zeigt dem Fahrer an, dass er nur noch 10 Kilometer von der Grenze z.B. zu Österreich entfernt ist. Er hat dann noch Gelegenheit die dort vorgeschrieben Vignette zu kaufen.

mobilbranche.de: Welche App hätten Sie gern selbst entwickelt?

Jens Lohmann: Es gibt viele gute Apps auf dem Markt, die uns thematisch und von ihrer Funktionalität her sehr gut gefallen. Eine, die wir gern selbst entwickelt hätten wäre z.B. die MOMA-App des Museum of modern Art in New York. Diese App ist extrem umfangreich und dennoch übersichtlich und gut bedienbar. Inhaltlich gibt es immer wieder Neues zu entdecken, wie Künstlerportaits, Erklärungen zu Stilrichtungen usw. Der Nutzer kann die App aber auch als Audioguide während seines Museumsbesuches nutzen. – Wirklich gut gemacht!

Eine ebenfalls beeindruckende App ist die Ludwig II.-App der Bayerischen Staatsbibliothek. Auch hier stehen viele interessante Informationen und multimediale Inhalte für den Nutzer bereit.

mobilbranche.de: Sie haben allerdings nicht nur den Endverbraucher im Fokus sondern auch die Anbieter. Was verbirgt sich hinter Ihrem Tool TAG-Master?

Jens Lohmann: Mit dem von uns entwickelten TAG-Master Tool können QR-Codes samt dazugehörigen Link generiert, verwaltet und ausgewertet werden. Die Verwaltungsfunktion ermöglicht es auch zahlenmäßig große Kampagnen genau zu steuern, da sich die verwendeten Codes nach genutztem Medium und Erscheinungsort sortieren lassen. Unsere Kunden finden natürlich die Auswertungsmöglichkeit des Tools am interessantesten, da hier nachgewiesen wird wann und wo eine Kampagne funktioniert. Dabei können die Abrufzahlen für frei wählbare Zeiträume, für jeden verwendeten Code einzeln, oder für Gruppen von Codes in absoluten Zahlen oder Durchschnittsmengen auch graphisch angezeigt werden.

Die Benutzung des TAG-Masters kann individuell gebucht werden. Mittlerweile gibt es auch eine Stand-alone-Software zur Installation auf der eigenen IT, die besonders von großen Unternehmen nachgefragt wird.

mobilbranche.de: Wo sehen Sie die Zukunft in Smartphone-Anwendungen?

Jens Lohmann: Mit der Möglichkeit durch schnellere Technik immer mehr Daten in kurzer Zeit mit dem Smartphone abzurufen wird die Bedeutung von mobilen Websites in Zukunft zunehmen. Apps werden immer dann gefragt sein, wenn Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, wenn der Nutzer offline ist.

Aber egal ob App oder mobile Website, wir halten die Informationsvermittlung mittels bewegtem Bild samt professionell gesprochenem Text für den Königsweg. Dabei ist auf die redaktionelle Qualität der verwendeten Texte und Bilder größten Wert zu legen, um dem Nutzer Erlebnisse zu präsentieren, die er in anderen Medien nicht finden kann. Informativer und überraschender Content gepaart mit hervorragender Usability begeistert den Nutzer und bietet ihm einen echten Mehrwert – da reicht es einfach nicht aus vorhandene Texte nun auch als App zu veröffentlichen, wie es im Bereich der Reiseführer-Apps heute meist geschieht.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

Wollen Sie über die Entwicklungen im Mobile Business auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter von mobilbranche.de oben rechts im gelben Kästchen oder per E-Mail an abo@mobilbranche.de.

Diesen Artikel teilen

Kommentare sind geschlossen.

Mobilbranche.de Newsletter

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbestimmungen.