Interview: André M. Bajorat über Payment-Trends.

Das Überall-Internet verändert das persönliche Zahlverhalten deutlich“, meint André M. Bajorat, freier Berater für Mobile Payment, Mobile Banking und weitere digital-mobile Themen. Bajorat kennt sich in diesem Bereich als ehemaliger Geschäftsführer von giropay, Mitglied der Geschäftsführung von Star Finanz sowie CEO von NumberFour bestens aus. Er ist Co-Autor des Fachblogs mobile zeitgeist und bietet in seinem Blog ambajorat.wordpress.com eine täglich frische Linksammlung zu Banking, Payment und Mobile. Im Vorfeld von PAYMENT 2012, einem Kongress für Zahlungssysteme und Zahlungsprozesse am 7. und 8. Mai in Frankfurt, hat André M. Bajorat mit mobilbranche.de darüber gesprochen, wie Social Media und Mobile Web das Payment-Verhalten beeinflussen.

mobilbranche.de: Wann sind Sie zuletzt in Ihrer Bank gewesen und haben dort eine Überweisung getätigt oder mit Ihrem Kundenberater gesprochen?

André M. Bajorat: Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht mehr sagen. Eine Papierüberweisung habe ich, glaube ich, noch nie abgegeben. Ich habe schon sehr früh mit Online-Banking via Btx gestartet. Mit einem Kundenberater (ob es meiner war, weiß ich nicht) habe ich zuletzt telefonisch gesprochen, als ich neben meinem Privatkonto ein Business Konto eröffnen wollte. Leider passten unsere Vorstellungen da nicht überein. Siehe meinen Erfahrungsbericht in meinem Blog zu dem Thema.

mobilbranche.de: Beeinflusst Social Media also auch Ihr persönliches Payment-Verhalten oder vorwiegend das der noch jüngeren Verbraucher, der Digital Natives?

André M. Bajorat: Es ist weniger Social Media, als viel mehr das Überall-Internet, was mein persönliches Zahlverhalten deutlich verändert. Ich leiste Zahlungen jetzt noch mehr als früher zu jeder Zeit an jedem Ort. Zuletzt reichte beim Kauf eines Mountainbikes mein Girocard-Limit nicht aus. So habe ich noch im Laden eine Online-Überweisung in meiner Banking-App gemacht und das Rad gleich mitnehmen dürfen. Das könnte sicherlich noch leichter sein und wird sich bei den Digital Natives sicher noch weiter verstärken. Meine große Tochter ist 5 – ich bezweifle, dass sie noch eine Bankkarte aus Plastik bekommt. Und ob der Herausgeber der Karte eine Bank ist, wie wir sie heute kennen, stelle ich auch in Frage.

mobilbranche.de: Wie genau wirkt sich denn Social Media und auch das Mobile Web Ihrer Meinung nach auf das Payment-Verhalten der Kunden aus?

André M. Bajorat: Ich bin räumlich und zeitlich noch flexibler. Das führt auch dazu, dass bisher im Internet „verhaftete“ Bezahlmethoden auch in die reale Welt wandern. Die Beispiele PayPal und Google machen das sehr deutlich. Zudem werden haptische Bezahlkarten dematerialisiert und mehr und mehr verbunden mit Angeboten und Bonuskarten, die in der Cloud verwaltet werden. Schauen Sie sich Starbucks in UK und den USA an – das ist eine nahezu perfekte mobile Payment Lösung.

mobilbranche.de: Fallen durch Social Media und Mobile Web die Grenzen – auch Länderübergreifend – komplett weg?

André M. Bajorat: Mehr und mehr scheint das so zu sein, ja. Die großen Payment-Anbieter sind weltweit unterwegs. Da interessieren uns keine Ländergrenzen mehr. Die Einführung des Euros hat uns die Vorzüge einer Währung beim Reisen ja schon einmal gezeigt. Das werden wir hier jetzt noch einmal erleben können.

mobilbranche.de: Wie schätzen Sie mobile Zahlungslösungen wie Square und iZettle ein oder auch deren Copycats SumUp und Zenpay, die demnächst starten wollen?

André M. Bajorat: Eines meiner momentanen Lieblingsthemen. Hier ist eine gewaltige Bewegung im Markt und wenn jemand den Begriff „disruptiv“ bisher nicht verstanden hat, hier wird er sehr deutlich. Bestehende Industrien haben das Thema so lange und beharrlich ignoriert, dass es Dritte von außen sein mussten, die Bewegung in das Thema bringen. Dass es gerade der Gründer von Twitter ist, der das Bezahlen im Handel auf den Kopf stellt, ist natürlich um so erstaunlicher. Ich sehe einen großen Bedarf an diesen Lösungen. Natürlich nicht bei den ausgereiften Systemen, wie wir sie bei Edeka und Aldi sehen. Aber bei Cafés, Flohmärkten und auch im Customer-to-Customer-Umfeld. Hier werden wir in den kommenden Jahren eine Menge erleben. Und mit großer Wahrscheinlichkeit erleben die Banken ihr zweites Fiasko nach dem Internet Payment. Auch da haben sie nach einem starken Start Anfang des Jahrtausends den Zug komplett verpasst und fungieren heute bestenfalls noch als Abwickler für die wahren Online-Payment-Dienstleister. Dies kann sich hier am POS erneut wiederholen, da die Banken der Innovationsgeschwindigkeit nicht standhalten.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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6 Antworten zu “Interview: André M. Bajorat über Payment-Trends.”

  1. […] Payment 2012 Interview: André M. Bajorat über Payment-Trends “Das Überall-Internet verändert das persönliche Zahlverhalten deutlich”, meint André M. Bajorat, freier Berater für Mobile Payment, Mobile Banking und weitere digital-mobile Themen. Bajorat kennt sich in diesem Bereich als ehemaliger Geschäftsführer von giropay, Mitglied der Geschäftsführung von Star Finanz sowie CEO von NumberFour bestens aus. Er ist Co-Autor des Fachblogs mobile zeitgeist und bietet in seinem Blog ambajorat.wordpress.com eine täglich frische Linksammlung zu Banking, Payment und Mobile. Mobilbranche.de […]

  2. Lebe z.zt. in Kanada und kann den Enthusiasmus erstmal nicht ganz nachvollziehen. Bin oft bei Starbucks und da zahlt die ueberwiegende Mehrheit auch Kleinstbetraege mit der klassischen Debit- oder Kreditkarte. Ist zwar bargeldlos aber ob das nun das perfekte ‚mobile system‘ ist? Zum anderen wuerde ich die Macht der klassischen Banken und Kreditkartenkonzerne nicht unterschaetzen. Die haben nicht nur haufenweise wertvolle Datenschaetze zu Transaktionen (und da wird es in Zukunft sicherlich interessante Partnerschaften mit Suchmaschinen usw. geben), sondern da haben Millionen von Nordamerikanern Milliarden von Schulden und werden da jeden Monat dran erinnert. Ausserdem verdienen die an Gebuehren richtig kraeftig-und an der Illusion, dass die ganze globale Welt flexibel ist-aber wehe, du bezahlst mal mit Pfund oder Dollar…Die Fesseln durch andere Zahlungssysteme zu durchbrechen wird ein langer Weg-Andre’s Tochter wird noch eine Kreditkarte in einer Form kennenlernen die der heutigen nicht unaehnlich ist.

  3. „Das führt auch dazu, dass bisher im Internet “verhaftete” Bezahlmethoden auch in die reale Welt wandern. Die Beispiele PayPal und Google machen das sehr deutlich. Zudem werden haptische Bezahlkarten dematerialisiert und mehr und mehr verbunden mit Angeboten und Bonuskarten, die in der Cloud verwaltet werden.“

    Und die Cloud schwebt über den USA oder einem irgendwie gearteten Konglumerat der Forbes TOP 10 Konzerne. Die geben mir dann auch gleich Auskunft darüber, ob es nun opportun, politisch korrekt, vereinbar mit Urheber- und Patentrecht ist, Zigarren aus Kuba, T-Shirts mit Bild von Bin-Laden, generische Medikamente in Indien, Apple Produkt in China oder vielleicht sogar Eis beim Italiener (Maffia oder Wahlerfolg der Kommunistische Partei Italien) zu kaufen. Der Listen und denkbaren Möglichkeien gibt es viele (z.B. nur Terror http://www.aeb.de/de/xpress/compliance/sanktionslisten.php). Je nach gefühlter Schwere des Vergehens wird Zahlung verweigert oder Konto gleich eingefrohren. Auskunft und Widerspruch gibts natürlich nicht, da alles der Geheimhaltung unterliegt. Dann doch lieber die Plastikkarte. Macht eh keinen Unterschied, ob ich die oder das Handy zieh. Letztendlich kostet die Tasse Kaffee auch nicht weniger wenn die Gebühren der Bank wegfallen und durch die der IT-Branche ersetzt werden.

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