Interview: Hagen Sexauer über Herausforderungen fürs Management im Mobile Web.

Hagen J. Sexauer ist Strategieberater bei der Unternehmensberatung Sempora Consulting in Bad Homburg mit Beratungsschwerpunkten in den Bereichen Mobiles Internet, Social Media und Kundenbeziehungs-Management. Darüber hinaus ist er Herausgeber mehrerer Management-Bücher, u.a. des Buches „Handbuch Praxis Kundenbeziehungs-Management“, sowie Autor zahlreicher Fachartikel. In der Mobilbranche ist Sexauer, dem man bei Twitter unter @HagenSexauer folgen kann, ein anerkannter Experte und moderierte u.a. den Mobile Gipfel 2011 in Bonn. Sexauer führt für Sempora regelmäßig die Studie „Managementherausforderungen und Potenziale im Mobilen Internet“ durch, über deren Erkenntnisse er im Interview mit mobilbranche.de spricht.

mobilbranche.de: Herr Sexauer, nahezu jede Woche kommen derzeit Studien heraus, die die enorm wachsende Bedeutung des mobilen Internet für die Gesellschaft betonen. Aber ist das Mobile Web denn auch schon in den Führungsetagen deutscher Unternehmen angekommen – oder ist es in Wahrheit bislang nur ein Thema für Digital Natives?

Hagen Sexauer: Unsere Studien zum Thema „Managementherausforderungen und Potenziale im Mobilen Internet“, die wir bereits seit dem Jahre 2009 durchführen, zeigen, dass das Thema Mobile Web zwar bei den Führungskräften angekommen ist, allerdings in diesem Kontext einiges aufzuholen gilt. So kommen die Unternehmen nur allmählich in Gang und setzen meiner Meinung nach zu geringe Prioritäten für dieses Thema. Denn: Circa 20 Mio Deutsche, die heute bereits mobil im Internet unterwegs sind, stellen eine große und relevante Zielgruppe dar, die es anzugehen gilt. Darunter befinden sich auch Digital Natives, diese Gruppe stellt aber keineswegs die Mehrheit dar.

mobibranche.de: Selbst wenn die Entscheider dem Mobile Web generell eine hohe Bedeutung zuschreiben, so ist es doch bislang längst nicht Teil jeder Unternehmensstategie. Wie erklären Sie sich diese Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit?

Hagen Sexauer: Ich glaube, dass diese Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit deshalb so groß ist, weil die meisten Führungskräfte das Thema Mobiles Internet „lediglich“ als ein weiterer Teil oder eine Ergänzung eines (dann doch immer wichtiger werdenden) Kanales sehen. Dies als eine Ergänzung zu sehen ist für mich zu kurz gegriffen, da das Mobile Internet mittlerweile das Stationäre Internet immer mehr substituiert. Anders ausgedrückt: Für viele Nutzer wird oder ist sogar das Mobile Internet der Zugang zum Internet und wird deshalb das Stationäre Internet immer mehr verdrängen.

mobilbranche.de: Wie gehen Unternehmen vor, die gerade erst ins Mobile Web aufbrechen – agieren sie auf eigene Faust oder gehen sie Kooperationen ein?

Hagen Sexauer: Nach meinen Beobachtungen ist es aktuell so, dass die meisten Unternehmen erst einmal eine App oder eine mobile, smartphone-fähige Webpage haben wollen. Dabei wird leider oft nicht darüber nachgedacht, welche Ziele dabei im Vordergrund stehen. Von einer Strategie ist oftmals keine Rede, eher von Aktionismus. Der Zugang über eine Kooperation ist für mich sehr naheliegend, um den Traffic, der bereits im Mobilen Internet vorhanden ist, für dort noch nicht agierende Unternehmen abzuschöpfen bzw. einen Zugang zu den Zielgruppen zu erhalten. Leider zeigen auch hier unseren Studien, dass das Thema Kooperationen im Mobilen Internet bei den Unternehmen noch nicht angekommen ist.


mobilbranche.de: Wofür kann denn das mobile Internet eher gut und wofür er schlecht von Unternehmen eingesetzt werden? Was sind da die Herausforderungen fürs Management?

Hagen Sexauer: Ein perfekter Einsatz des Mobilen Internet ist das sicherlich das Thema Mobile Commerce, also die direkte Vermarktung der eigenen Produkte über den mobilen Kanal. Aber auch die Verfügungstellung von Vor-Ort-Informationen oder (Produkt-)Angebote des stationären Handels, vestanden als Location-based Services, bieten hier enormes Potenzial. Dies ermöglicht es den Unternehmen ,nicht nur eine distinkte Positionierung, sondern gleichzeitig auch eine Steigerung der Wahrnehmung (Awareness) bei der „mobilen Zielgruppe“ zu erreichen. Die Herausforderungen für das Management liegen ganz eindeutig in der Identifikation und der Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen, die die Zielgruppe im Mobilen Internet mit sich bringt.

mobilbranche.de: Das Mobile Web bringt enorm viele unterschiedliche Endgeräte mit sich. Konnten Sie generelle Unterschiede feststellen, was z.B. die Bedeutung von iPhone, Android und Blackberry angeht oder zumindest generell zwischen Smartphones und Tablets?

Hagen Sexauer: Ja, sicherlich. Innerhalb der Smartphones nimmt für die meisten Unternehmen immer noch das iPhone eine besondere und die wichtigste Rolle ein, wenn auch das Bewußtsein für die (zukünftige) Bedeutung von Android immer stärker in den Vordgrund rückt. Eine Konzentration auf maximal zwei bis drei Betriebssysteme ist bei den Unternehmen für den Kanal Smartphone zu beobachten, während im Bereich der Tablet-PCs der Fokus noch immer auf dem iPad und damit auf dem AppStore von Apple liegt. Letzteres liegt wohl auch an den Verzögerungen, die viele Tablet-Hersteller mit Android-Betriebssystem zu verzeichnen haben. In Bezug auf die Unterschiedlichkeit von Inhalten zwischen Smartphones und Tablets ist festzustellen, dass gerade für iPad & Co. immer stärker an Lösungen gearbeitet wird, die dem Aspekt der Nutzungsituation „von zu Hause aus“ Rechnung tragen. Für den Smartphone-Kanal spielen insbesondere Themen der Geolokalisation in Verbindung mit Location Based Services eine immer wichtigere Rolle.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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