Interview (Teil 2): Dirk Kraus über Web Apps und die Internationalisierung von YOC.

Der YOC-Vorstandsvorsitzende Dirk Kraus hat gestern im ersten Teil des mobilbranche.de-Interviews über Trends im Mobile Advertising gesprochen und die Vorteile von Reklame auf Smartphones gegenüber klassischer Onlinewerbung erläutert. Dabei sprach er zugleich auch von seiner Überzeugung, dass Advertiser statt in native Apps in Angebote für den mobilen Browser investieren sollten. Mit der YOC Smart Web App hat die YOC AG seit Januar ein Produkt im Portfolio, dass die Vorteile nativer Applikationen mit denen des mobilen Browsers vereinen soll. Im zweiten Teil unseres Interview erläutert Dirk Kraus die Idee dahinter. Zudem sagt Kraus, wieso der Bereich Media und das internationale Geschäft für YOC stetig an Bedeutung gewinnen.

mobilbranche.de: Die YOC Smart Web App bietet einen AppStore-Connector an, kann die eigentlich für den Browser entwickelte mobile Website also auch in den AppStore bringen. Das ist ja schon noch eine zweigleisige Strategie. Was ist Ihre Intention dahinter?

Dirk Kraus: Das ist ganz wichtig. Warum kaufen unsere Neu- und Bestandskunden dieses Produkt? Sie kaufen es, weil sie sonst singuläre Investitionen in eine Android-App, in eine iPhone-App, eine Blackberry-App oder eine Windows-Phone-7-App und leider in vielen Fällen parallel in alle vier hätten und die damit einhergehende Steuerung und Maintenance. Das übersteigt das Investment in unsere YOC Smart Web App signifikant. D.h. ich vereinfache unseren Kunden nicht nur das Leben, sondern wir senken zusätzlich seine laufenden Kosten. Das ist ein ganz großer Vorteil. Parallel erreichen wir ein Maximum an Reichweite.

mobilbranche.de: Warum sind Sie aber trotzdem über einen Connector im Store?

Dirk Kraus: In der aktuellen Marksituation sind die App-Stores ein wichtiger Zugangskanal zum Endverbraucher. Technisch ist der Connector ein nativer Frame, der aus dem Store heraus in den Browser leitet. Als User könnte ich natürlich, wenn ich es wüsste, auch gleich direkt die URL eingeben. Dadurch, dass wir den Connector plattformübergreifend in alle Stores für den Kunden implementieren, sind Kunden in allen Stores vertreten und brauchen sich eben keine Gedanken mehr zu machen über die nächste iPhone-Version, über Android oder über den Blackberry Store. Mobil-optimierte Webseiten müssen ständig verändert werden, was ich bei der nativen Applikation nicht kann. Da muss jede neue Version neu hochgeladen werden. Und genau das meinte ich mit Maintenance, die sonst eine Hürde für den Kunden ist. Er kennt das aus dem stationären Web gar nicht und über die YOC Smart Web App bringen wir ihm diese Vereinfachung wieder zurück.

mobilbranche.de: Ist es also auch eine Art Marketing-Trick, die mobile Website über den Connector in den AppStore zu bringen, weil der User es heute noch nicht so gewöhnt ist, den mobilen Browser direkt zu verwenden?

Dirk Kraus: Sagen wir so: Wir ermöglichen unseren Kunden damit, den Endverbraucher über eine flexible Lösung an allen Orten des mobilen Webs abzuholen: Im Browser und im AppStore. Wenn der Endverbraucher die URL nicht kennt, hole ich ihn ab, wenn er z.B. nach etwas im AppStore sucht, z.B. nach dem Air Berlin Check-in, weil er das in der Vergangenheit so gelernt hat. Dem Endverbraucher ist ja eigentlich egal, ob er eine native Applikation verwendet oder eine YOC Smart Web App. Den Unterschied sieht er gar nicht und es ist ihm im Prinzip egal, Hauptsache es funktioniert.

mobilbranche.de: Themenwechsel – lassen Sie uns über die aktuelle Geschäftsentwicklung bei YOC sprechen. Im 1. Quartal 2011 gab’s da ja relativ extreme Ausschläge. Der Bereich Mobile Technology gab um 10 Prozent nach, während das Segment Media um 48 Prozent wuchs. Woran liegt’s?

Dirk Kraus: Mobile Media zeigt ein unheimlich starkes Wachstum, während der Technologie-Bereich einen leichten Rückgang zeigt. Aber nur auf den ersten Blick. Wir fokussieren uns auf das Produktgeschäft – welches auch in Q1 gewachsen ist – und lassen Randbereiche auslaufen beziehungsweise bieten diese unseren Kunden nicht mehr an. Zur Bedeutung dieses Rückgangs muss man in die Historie von YOC schauen: Wir haben vor zehn Jahren angefangen mit SMS-Marketing und hatten nichts anderes, vor allem auch keine Stabilität in den Umsätzen. Es war ein originär Projekt-getriebenes Geschäft. YOC war in der Vergangenheit glücklicherweise sehr akquise-stark und ist es auch heute noch. Dadurch haben wir natürlich immer zahlreiche Projekte für das Unternehmen gewinnen können, was jedoch für die Skalierung des Geschäftes schwierig sein kann.

mobilbranche.de: Worauf konzentrieren Sie sich stattdessen?

Dirk Kraus: Eine Fokussierung auf unser Produkt- und Plattformgeschäft, das auf Software-Lizenzen basiert, macht natürlich eminent Sinn. Ganz klar, eine Lizenz, wenn sie einmal implementiert ist beim Kunden, läuft und läuft und läuft. Das heißt, es sichert einem Unternehmen dauerhaft Erlösquellen und ist im Umkehrschluss eine schöne Basis um zu wachsen. Jede weitere Lizenz bringt ihren Umsatz und ihr Ergebnis nach oben. Wir sind ergo von einer projektbasierten Company zu einer produktbasierten Company geworden und bauen diese zu einem immer mehr plattformbasierten Anbieter aus. Das ist ein Faktor. Zweiter Faktor ist, wir betreiben auch gewisse Geschäftsmodelle nicht mehr, weil sie nicht im Fokus liegen. Beispiel: Der Bereich Mobile B2C, bei dem Inhaltsangebote über das Mobiltelefon an den Endverbraucher verkauft werden. Dieses Geschäft läuft aus und reduziert dadurch den Technology-Umsatz. Genauso reduzieren wir das SMS-Massenversandgeschäft, mit dem wir in der Vergangenheit natürlich Umsatz erzielt haben. Drittens ist ein ganz wichtiger Trend: das Weglassen von Applikationen. YOC hat zwar im Jahr 2010 knapp native 200 Applikationen an Kunden ausgeliefert – aber kein Geld können damit in Zukunft andere verdienen.

mobilbranche.de: Woran liegt das?

Dirk Kraus: Das liegt daran, dass sie jede einzelne Applikation neu programmieren müssen. Das ist ganz klassisches Projektgeschäft und liegt nicht in unserem Fokus. Natürlich liefern wir auch Applikationen aus, weil wichtige Kunden im Technologiebereich in sehr vielen Fällen zuerst mal zu uns gekommen sind und gesagt haben, ich will jetzt eine Applikation haben. Und 2009 hat man natürlich auch gesagt, ja super, ist ein neues Feld, in dem wir uns positionieren können, das bieten wir natürlich an. Wir haben über das Applikationsbusiness auch neue Kunden gewonnen, aber das fahren wir nun massiv runter. Alle diese Umwälzungen führen im kompletten Technologiebereich zu einem Wert von über 6 Millionen Euro aus dem 2010er Umsatz, den es in der Form im 2011er Umsatz nicht mehr geben wird. Wir nehmen also Umsatzrückgänge für eine gewisse Übergangszeit von einigen Quartalen im Segment Mobile Technology ganz bewusst in Kauf, aber wachsen zugleich im Kern des Mobile Technology Geschäfts – in unserem Produkt- und Plattformgeschäft.


mobilbranche.de: Der Fokus von YOC liegt ansonsten immer stärker auf dem Segment Media, wo sie um 48 Prozent zugelegt haben.

Dirk Kraus: Darüber sind wir sehr glücklich. Es gibt innerhalb von Media sogar Bereiche, die über 60 Prozent gewachsen sind. Und hier hat im Übrigen der Kauf des französischen Mobile Advertising Anbieters MobilADdict SAS Mitte März nur einen sehr kleinen Anteil dran. Im Umkehrschluss wissen wir heute schon, dass im 2. Quartal 2011 dieser Bereich nochmal an Fahrt zugelegt hat. Sowohl organisch als auch durch die Konsolidierung der Übernahme in Frankreich.

mobilbranche.de: Sie wollen bis 2015 einer der führenden Anbieter weltweit werden. Wie soll das im Spannungsfeld mit den ganz großen Playern Google oder Apples iAd gelingen?

Dirk Kraus: Wir fokussieren uns bewusst auf Länder, in welchen die Konzentration des Mobile Markts noch nicht weit fortgeschritten ist. Durch die strategische Fokussierung, kontinuierliche Internationalisierung und anhaltende Investitionen in Produkt- und Plattforminnovationen erwarten wir, dass die Geschäftsbereiche der YOC AG, Mobile Technology und Media, überdurchschnittlich von der allgemein positiven Marktsituation profitieren werden.

mobilbranche.de: In welchem Segment wollen Sie weltweit führend sein?

Dirk Kraus: Es ist der Anspruch da, auch außerhalb von Europa stark zu wachsen, also unsere Technologiekompetenz über unsere Produkte global zu etablieren. Im Januar 2011 haben wir in San Francisco für den Technologiebereich das erste Büro aufgemacht und haben dort auch erste Erfolge gelandet. Aber wir werden auch in anderen Kontinenten versuchen, YOC zu etablieren. Es ist unser strategisches Ziel, in den Ländern, in denen wir tätig sein möchten, in dem Segment zu den Top-3-Anbietern zu gehören. Wir haben den Anspruch, nicht nur stückchenweise zu internationalisieren, sondern in den nächsten Jahren eine globale Präsenz zu schaffen. Schon im 1. Quartal 2011 haben wir 37 Prozent der Umsätze im Ausland erzielt, das ist eine massive Entwicklung. Im Gesamtjahr 2010 waren es noch 29 Prozent.

mobilbranche.de: Warum wächst bei Ihnen der Bereich Media mehr als Technology? Ist das ein YOC-Phänomen oder ist das ein Marktphänomen?

Dirk Kraus: Es ist ein Marktphänomen. Der erste Schritt, nicht nur eines Werbungtreibenden, sondern beispielsweise auch eines E-Commerce-Anbieters, ist es eine mobile Infrastruktur zu schaffen. Im zweiten Schritt geht’s darum diese auch zu bewerben. Nehmen Sie einen Fernsehwerbespot von Procter & Gamble für ein neues Waschmittel. Wenn Sie sich dann anschauen, in welcher Höhe die Spendings für die Mediaschaltung für diesen Werbespot liegen, dann sehen Sie ein Vielfaches an Medialeistung im Vergleich zu den Produktionskosten. Und eins zu eins verhält es sich im mobilen Bereich. Natürlich müssen alle zuerst in die Infrastruktur investieren und dann im zweiten Schritt ein Vielfaches der Produktionskosten in Media.

mobilbranche.de: Vielen Dank für das Interview!

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